Diskussion um Notkredite:Spanien zieht am Rettungsschirm

Lesezeit: 2 min

Madrid bekommt schon jetzt 100 Milliarden Euro - aber nur für die maroden Banken. Der spanische Staat legt viel Wert darauf, dass er selbst nicht unter dem Rettungsschirm ist. Doch der Druck der Finanzmärkte steigt - hinter den Kulissen gibt es offenbar Verhandlungen, die Hilfe für Spanien auszuweiten.

Die spanische Regierung ist stolz. Bevor der Finanzminister mit seinen Euro-Kollegen über Notkredite für die maroden Banken des Landes verhandelte, schickte ihm Regierungschef Mariano Rajoy eine SMS: "Spanien ist nicht Uganda." Dass Spanien über die Bankenhilfen hinaus auf den Rettungsfonds zugreifen muss, hatte Rajoy lange zum Tabu erklärt. Anfang August hatte er den Schritt unter dem Rettungsschirm erstmals nicht mehr kategorisch ausgeschlossen. Und jetzt, berichtet die gewöhnlich gut informierte Nachrichtenagentur Reuters, diskutiert Spanien offenbar doch über die Bedingungen, ganz unter den Rettungsschirm zu schlupfen.

Die viertgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone verhandelt demzufolge über einen Hilfsantrag, verlautet es aus Kreisen. Eine Entscheidung sei aber noch nicht getroffen.

Laut Reuters will Spanien beantragen, dass der Rettungsschirm EFSF bereits bei der Ausgabe spanischer Staatsanleihen als Käufer auftritt, während die Europäische Zentralbank (EZB) in den Handel mit den Papieren eingreifen soll.

Die EZB hatte jüngst angekündigt, nervösen Händlern Staatsanleihen von Krisenländern abzukaufen. Das drückt die Rendite und damit indirekt die Zinsen, die etwa Spanien für neue Kredite zahlen muss. EZB-Präsident Mario Draghi hatte dafür jedoch eine klare Bedingung genannt: Betroffene Länder müssten erst einen offiziellen Antrag beim Rettungsschirm stellen und sich einem Sparprogramm unterwerfen.

Spanien hat bereits um Hilfe für seine strauchelnden Banken im Umfang von bis zu 100 Milliarden Euro gebeten. Im Gegenzug muss das Land seinen Finanzsektor reformieren. Damit galt Spanien bislang als Ausnahme und wurde nicht in einem Atemzug mit Griechenland, Irland und Portugal genannt, die harte Auflagen im Gegenzug für ein umfangreiches Paket mit hohen Kapitalhilfen erfüllen müssen.

Keine Entscheidung vor Mitte September

Das Amt von Ministerpräsident Mariano Rajoy wollte keine Stellung zu dem Bericht nehmen. Eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums versicherte, die spanische Position habe sich nicht verändert. Demnach will die Regierung bis zur kommenden EZB-Zinssitzung am 6. September warten, von der sie sich Details über mögliche Eingriffe der Zentralbank am Kapitalmarkt erwartet.

Den Reuters-Quellen zufolge wird es bis zum 12. September nicht zu einer Entscheidung über einen Antrag kommen. An diesem Tag wird das Urteil des Bundesverfassungsgerichts über den künftigen Rettungsfonds ESM erwartet.

Die Verhandlungen würden sich voraussichtlich auf dem Euro-Finanzministertreffen am 14. und 15. September in Zypern intensivieren, sagten die Personen. Einem Vertrauten zufolge dauern die Gespräche bereits seit Wochen an. Über den Umfang der Hilfen sei noch nicht diskutiert worden.

Spanien muss dieses Jahr noch 27 Milliarden Euro am Kapitalmarkt aufnehmen, um seinen mittel- und langfristigen Refinanzierungsbedarf zu decken. Im vergangenen Monat waren die Kosten für die Aufnahme von Krediten auf den höchsten Stand seit Euro-Einführung gestiegen. Zugleich taumelt Spanien immer tiefer in die Rezession. Das Bruttoinlandsprodukt schrumpfte im Frühjahr um 0,4 Prozent und damit bereits drei Quartale in Folge. Der Konjunktureinbruch trieb die Arbeitslosigkeit zudem auf den höchsten Stand seit Einführung der Statistik 1976: Die Quote kletterte im zweiten Quartal auf 24,6 Prozent.

© Süddeutsche.de/Reuters/bbr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: