Digitalisierung:Die wahren Gewinner

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Frauen in den G-20-Staaten können von der Digitalisierung profitieren, wenn sie richtig unterstützt werden. Das sagt zumindest eine aktuelle Studie. Andere Experten sind allerdings skeptisch, was die Situation in Deutschland anbelangt.

Von Katharina Kutsche, München

Frauen könnten die Gewinner der Digitalisierung sein. Das hat eine Studie des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel ergeben. Im Vorfeld des G-20-Gipfels fordern die Autoren, dass die Politiker der G-20-Staaten die nötigen Voraussetzungen für die Digitalisierung schaffen.

Die IfW-Forscher sollten untersuchen, ob Frauen in den G-20-Ländern anders als Männer von der Digitalisierung betroffen sind, sagt Alina Sorgner von der Universität Jena, Mitautorin der Studie. Die Situation von Frauen etwa in Kanada, Japan und Deutschland wurde mit der in Indien und Saudi-Arabien zu vergleichen. "Trotz der Unterschiede in den G-20-Ländern sind die Trends doch sehr ähnlich", sagt Sorgner. Bis zu 60 Prozent aller Arbeitsplätze seien durch die Digitalisierung gefährdet. Geringqualifizierte Frauen haben dabei eine größere Chance, ihren Job zu behalten, als Männer mit gleichem Bildungsniveau.

Online hätten Frauen größere Chancen, Diskriminierung zu umgehen

Letztere arbeiteten eher in der Industrie, können leichter durch Roboter ersetzt werden. Frauen dagegen arbeiten eher in sozialen Berufen. Da kommt es auf Mitgefühl und Fürsorge an, das kann noch kein Roboter. Christiane Funken, Professorin für Geschlechterforschung an der Technischen Universität Berlin, ist bei diesen Prognosen eher skeptisch, jedenfalls für den deutschen Markt. Jobs seien dann gefährdet, "wenn die Arbeit aus wiederholbaren und standardisierten Arbeitsschritten besteht, die leicht ersetzt werden können", sagt Funken. Das sei gerade im Dienstleistungsbereich der Fall, in dem in Deutschland viele Geringqualifizierte arbeiten, vor allem Frauen. Daher könnten eher hoch qualifizierte Frauen gewinnen, die integrieren können und psychologisches Gespür haben. "Wenn es interdisziplinäre Teams gibt, die mit Kunden Strategien und Kampagnen erarbeiten, braucht es Kompetenzen, die mit der reinen Fachexpertise nicht abzudecken sind", so Funken.

Zumindest das sehen auch die Autoren der IfW-Studie so. Außerdem entstünden durch die Digitalisierung neue Jobs und Unternehmen, etwa in der Technikbranche. Dadurch hätten Frauen mehr Möglichkeiten, sich selbständig zu machen und ihr Wissen einzubringen.

Doch gleichzeitig gehöre diese Branche zu jenen, in denen Frauen am meisten unterrepräsentiert sind und diskriminiert werden. Hier sollen die G-20-Politiker helfen, indem sie Frauen mehr unterstützen und fördern: beim Zugang zu akademischer Bildung etwa, insbesondere in den Mint-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik). Oder bei der Besetzung von Chefposten, der gerechten Bezahlung und dem Zugang zu Gründerkapital. Und vor allem beim Zugang zu digitaler Technik und dem Internet. Schließlich hätten Frauen gerade online eine Chance, Diskriminierungen zu umgehen.

Sorgner und ihre Kollegen empfehlen, Frauen fortgeschrittene digitale Fähigkeiten zu vermitteln: Wie gehe ich mit digitalen Daten um, wie organisiere und verwalte ich große Datenmengen? "Auch Programmierkenntnisse sind wichtig", so die Forscherin. Gepaart mit sozialer Kompetenz könnten Frauen dann wirklich gewinnen, denn die Fähigkeiten der Zukunft seien analytisch und kreativ.

© SZ vom 05.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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