Diesel:Bund gibt weitere Milliarde im Kampf für saubere Luft

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Auf Teilen der Max-Brauer Allee in Hamburg gelten bereits Fahrverbote. (Foto: REUTERS)
  • Die Bundesregierung stellt im Kampf gegen drohende Fahrverbote knapp eine Milliarde Euro zusätzlich zur Verfügung.
  • Damit dürfte sie auch versuchen, die Kommunen zu beruhigen. In den Städten fühlt man sich mit dem Problem teilweise allein gelassen.

Von Markus Balser, Berlin

Im Kampf gegen Diesel-Fahrverbote haben sich Bund, Länder und Kommunen am Montag auf ein neues Maßnahmenpaket geeinigt. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) kündigte nach mehrstündigen Gesprächen im Bundeskanzleramt an, dass der Bund eine weitere knappe Milliarde Euro zur Verfügung stellen will, zusätzlich zu den bestehenden Hilfsgeldern von einer Milliarde Euro. Zum einen sollen die Diesel-Hilfen im kommenden Jahr um 500 Millionen Euro aufgestockt werden. Zum anderen will der Bund laut Merkel gut 400 Millionen Euro zusätzlich speziell für die Hardware-Nachrüstung von kommunalen Fahrzeugen und Lieferfahrzeugen in den 65 Problemstädten bereit stellen.

In Deutschlands Rathäusern war zuvor der Ärger über die Regierung gewachsen. Kommunen fühlten sich vielerorts mit dem Problem drohender Fahrverbote allein gelassen. Dabei geht es um fehlende Finanzmittel, aber auch um die Frage, wer eigentlich die Verantwortung trägt.

Klar wurde am Montag auch: Die Bundesregierung treibt ihre umstrittenen Pläne für die Massenüberwachung des Verkehrs voran, mit deren Hilfe Fahrverbote kontrolliert werden sollen. Dafür habe man bereits rechtliche Änderungen beschlossen, sagte Merkel. Der Bund werde die mobilen Geräte zur Kennzeichenerfassung fördern. Beschleunigt werden soll außerdem die Hardware-Nachrüstung von Dieselautos. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) kündigte an, die Vorgaben Ende des Jahres festzulegen. Ab 2019 könnten Hersteller Nachrüst-Sets genehmigen lassen.

In 65 Städten werden die Grenzwerte gerissen

Scheuer hatte die Kommunen zuletzt brüskiert. Er habe kein Verständnis dafür - so der Minister im Bundestag - dass sie "mit alten Luftreinhalteplänen vor Gericht scheitern" und dann Fahrverbote verhängt würden. Anders gesagt: Die Städte seien selber Schuld am Stillstand. Das wollten Bürgermeister bundesweit nicht hinnehmen. "Wie der Verkehrsminister den Städten den Schwarzen Peter zuschiebt, ist beschämend", sagte der Mainzer Oberbürgermeister und Präsident des Kommunalverbands VKU, Michael Ebling (SPD), in dessen Stadt von September 2019 an Stillstand für Diesel droht. Die Regierung habe das Thema nicht ernst genug genommen und werde nun von den Folgen überrollt, sagte Ebling. "Die Bundesregierung unterschätzt das Thema noch immer."

Die Regierung will den Sorgen der Kommunen nun offenbar entgegentreten. Die Bundesregierung hatte bereits mehrfach zu Diesel-Gipfeln geladen - auch mit den betroffenen Kommunen. Doch die Probleme waren zuletzt größer statt kleiner geworden. In 65 Städten werden die Grenzwerte gerissen. In Hamburg sind bereits zwei Straßenabschnitte für Dieselautos gesperrt, die nicht die neueste Abgasnorm erfüllen. In Köln dürfen ältere Fahrzeuge von April an weite Teile der Stadt nicht mehr befahren. Stuttgart muss sie von Anfang 2019 an aus dem Stadtgebiet aussperren. Auch in Frankfurt dürfen alte Diesel von Februar an nicht mehr den Bereich innerhalb des Autobahnrings befahren. Von September 2019 an soll das auch für jüngere Euro-5-Fahrzeuge gelten. In Essen ordneten Richter sogar ein Fahrverbot für einen Autobahnabschnitt an, in Berlin für stark belastete Hauptstraßen. Vielen weiteren Städten drohen ebenfalls Fahrverbote.

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