Edelsteine:Diamantpreise im freien Fall

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Synthetische Diamanten boomen. (Foto: Martial Trezzini/dpa)

In der Pandemie erlebten natürliche Edelsteine einen Boom. Doch jetzt sinkt die Nachfrage, und mit ihr der Preis. Was dahintersteckt.

Von Jens Többen, München

Diamanten sind ein schönes Geschenk zur Hochzeit. Schließlich soll die Liebe im Idealfall genauso beständig sein wie sie. Die gute Nachricht für spendable Hochzeitsgäste (oder Menschen, die sich einfach nur gerne selbst etwas gönnen): Der Preis für natürliche Diamanten sinkt, und zwar seit Monaten. Einige Marktbeobachter behaupten gar, er befinde sich regelrecht im freien Fall. Marktführer De Beers etwa senkte die Preise für manche Produkte im vergangenen Jahr um 40 Prozent. Wer die Preise auf den Websites der gängigen Diamantportale mit jenen von vor einem Jahr vergleicht, sieht den gleichen Effekt. Wie kommt das? Ist der richtige Zeitpunkt, einen Diamanten zu kaufen, nicht eigentlich: immer?

Ulrich Freiesleben handelt seit 35 Jahren mit Diamanten. Zur Pandemie habe es eine Hochzeit für Edelsteine gegeben, "da kommt jetzt die Korrektur", sagt der Geschäftsführer von Diamondas. Auch einer Studie der Unternehmensberatung Bain zufolge ist die Nachfrage 2021 stark gestiegen, da Luxusreisen kaum möglich waren, die Menschen ihr Geld aber für Luxus ausgeben wollten. Dass dieser Boom irgendwann abflacht, ist laut Freiesleben ganz normal. Das US-Magazin Forbes antizipierte diese Entwicklung schon 2021. Doch die nun extrem reduzierten Preise lassen vermuten, dass auch die sinkende Nachfrage für Rohdiamanten eine Rolle spielt. Und der neue Konkurrent steht auch schon fest: Seit ein paar Jahren boomen Diamanten aus dem Labor.

Labordiamanten, in der Branche synthetische Diamanten genannt, sind keine gefälschten Diamanten. Sie entsprechen rein chemisch den natürlichen Diamanten, denn bei der Herstellung werden die natürlichen Umstände der Entstehung auf verschiedene Arten nachgeahmt. Was die Kohlenstoffverbindungen unter Hitze und Druck im Erdinneren erfahren, wird im Labor oder in industriellen Anlagen simuliert. Das Produkt ist ein Stein, den man genauso wie die natürlichen Rohdiamanten schleifen und bearbeiten kann.

Synthetische Diamanten haben nie eine Mine von innen gesehen, was sie für viele aus sozialer Sicht attraktiv macht. Aus Klimasicht hingegen nicht unbedingt: Die Herstellung verbraucht viel Energie. Aber vor allem ein Argument überwiegt für viele Kunden: Labordiamanten sind deutlich günstiger als natürliche Diamanten. Der Analyst Paul Ziminsky beobachtet die Preisentwicklungen von Diamanten schon lange. Die Kosten für synthetische Diamanten fallen seit 2016 rapide und werden das vermutlich auch weiterhin tun, sagt er. Im August 2023 zahlt man für einen normalen Ein-Karat-Diamant aus natürlicher Quelle 5185 Dollar, aus synthetischer Herstellung 1425 Dollar, wie das Nachrichtenportal Quartz berichtet. Die Umsätze der Laborstein-Hersteller haben sich in den vergangenen Jahren vervielfacht, von 700 Millionen Dollar im Jahr 2016 auf 14,6 Milliarden Dollar im bisherigen Jahresverlauf 2023.

Als Geldanlage eher kompliziert

Der synthetische Stein drängt mittlerweile weltweit auf den Markt, der Marktanteil lag 2022 bereits bei 12,1 Prozent. Für Deutschland gibt es keine validen Zahlen, sagt Joachim Dünkelmann, Geschäftsführer des Bundesverbands der Juweliere, Schmuck und Uhrenfachgeschäfte. "Synthetische Diamanten spielen in Deutschland noch eine untergeordnete Rolle, ihr Anteil auf dem deutschen Markt ist noch nicht zuverlässig messbar." Aber die weltweiten Entwicklungen zeigen: Labordiamanten boomen. Aus diesem Grund hat Iris Arnold vor eineinhalb Jahren das Unternehmen Novita Diamonds gegründet. Die Firma vertreibt Labordiamanten und sieht auch Chancen in Deutschland. "Wir gehen davon aus, dass Labordiamanten bis zu 15 Prozent im deutschen Markt ausmachen werden", sagt Arnold.

Auch Dünkelmann bestätigt, dass der deutsche Markt für synthetische Diamanten wachsen wird. "Wir begrüßen das neue Marksegment ausdrücklich", stellt er klar. "Es ist aber wichtig dem Kunden zu sagen, was er bekommt." Die Unterscheidung zwischen synthetischen und natürlichen Diamanten spielt auch eine Rolle für die Wertanlage. Die Tatsache, dass nur endlich viele natürliche Diamanten im Handel sind, treibt ihren Wert in die Höhe. Kohlenstoff per se ist hingegen keine Rarität, somit sind es auch die synthetischen Diamanten nicht. Solange die Herstellung immer günstiger wird, lohnen sich synthetische Steine nicht als Anlage. Auch Händler seien daher noch vorsichtig mit der Laborware, heißt es von Dünkelmann. Jedoch könnte sich ein Preistief in der Herstellung der synthetischen Diamanten anbahnen, so Unternehmerin Iris Arnold: "Die Technologie verbessert sich, aber Fixkosten wie Strom, Gehälter und Maschinen bleiben."

Ob der Diamantpreis weiter fallen wird und ob synthetische Diamanten die natürlichen Edelsteine sogar einmal verdrängen werden, bleibt abzuwarten. Analyst Paul Ziminsky zufolge ist es jedenfalls unwahrscheinlich, dass sich die Märkte für natürliche und synthetische Diamanten ausgleichen. Stattdessen würden synthetische Diamanten eher für Modezwecke verwendet, während der Wert von natürlichen Diamanten über die Zeit wieder steigen werde. Generell gelten Diamanten aber eher als komplizierte Wertanlage. Für viele sind sie daher wohl in einem Ring besser aufgehoben.

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