"E-Postscan":Briefe kommen jetzt auch per E-Mail

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Auch wenn der Brief im Briefkasten landet - die Kunden können ihn bald auch als E-Mail bekommen. (Foto: dpa)
  • Die Post testet einen Service, bei dem sich Kunden ihre Briefe scannen und per E-Mail zuschicken lassen können.
  • Der sogenannte "E-Postscan" soll fünf Euro im Monat kosten. Damit macht die Deutsche Post einigen Start-ups Konkurrenz, die ähnliche Angebote haben.

Von Benedikt Müller, Düsseldorf

Ach, was wird bloß aus dem guten, alten Brief? Das fragt sich so mancher bei der Deutschen Post. Jahr für Jahr geht die Zahl der Briefe um ein paar Prozent zurück. Immer mehr Firmen verschicken Rechnungen und Werbung digital. Und viele Menschen kommunizieren lieber per Smartphone, statt olle Brieffreundschaften zu pflegen.

Freilich will die Post ihr Stammprodukt nicht aufgeben. Sie wirbt neuerdings mit einem Sonderangebot um Kunden aus der digitalen Welt: Der Konzern bietet an, dass er alle Briefe an eine Privatadresse vorab öffnet und scannt - und dann täglich auf das Handy oder den Computer des Adressaten sendet. Und weil man so manches Schreiben dann doch im Original benötigt, schickt die Post die Briefe hinterher. All das sei ein freiwilliges Angebot zu Testzwecken, betont der Konzern, für nur fünf Euro pro Monat.

Doch steht nicht gar im Grundgesetz, Artikel 10, dass das Briefgeheimnis in Deutschland "unverletzlich" ist? Wer den "E-Postscan" nutzt, muss den Konzern tatsächlich insoweit vom Postgeheimnis befreien, als es nun mal nötig sei, damit eine Maschine die Briefe kurz öffnen und scannen kann. So steht es in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Dabei wahre die Post aber hohe Sicherheitsvorkehrungen und Diskretion. Und der Konzern speichere die Scans nur so lange wie nötig, damit er im Zweifelsfall noch Reklamationen zu Sendungen bearbeiten könne. "Anschließend werden diese vollständig gelöscht", heißt es in dem Beipackzettel.

Die Post hat durchaus Erfahrung damit, Briefe an eine bestimmte Adresse zu sammeln und zu digitalisieren. Diese Aufgabe übernehmen die Bonner bislang vor allem für große Unternehmen und Behörden, die gut und gerne tausend Sendungen pro Tag erhalten. Diese Geschäftskunden können sich so eine eigene Poststelle sparen. Privatleute hingegen mussten bislang 24,99 Euro monatlich für die Dienstleistung zahlen. Der Konzern unterhält hierfür eigene Scanzentren.

Auch Start-ups betreiben das Geschäft. Bullet aus Berlin etwa bietet kleinen und mittelständischen Firmen an, deren Post zu digitalisieren und sicher zu archivieren; ein bekannter Kunde ist Hagebau. Die Geschäftskunden müssen nur dafür sorgen, dass all ihre Briefe an eine sogenannte Digitalallee geschickt werden, in der das Scanzentrum steht. Auch die Berliner Firma Dropscan zählt nach eigenen Angaben mehr als 10 000 Kunden, deren Post sie digitalisiert, die Hälfte davon seien Privatleute. Für sie beginnt das günstigste Angebot von Dropscan bei 12,90 Euro im Monat.

Für die Deutsche Post steht viel auf dem Spiel

Die Deutsche Post macht den Start-ups nun also mit einem gehörigen Kampfpreis Konkurrenz, wenn sie ihren E-Postscan noch bis Juni für fünf Euro monatlich feilbietet. Bislang hat nur das Berliner Unternehmen Caya ein derart günstiges Angebot; dabei sind freilich nur zehn Scans pro Monat inklusive. Caya meldet mehr als 5000 Nutzer, Tendenz steigend. Damit deren Post wirklich in den Digitalisierungszentren ankommt, organisiert das Start-up einen Nachsendeauftrag von der Privatadresse zum Scanner.

All diese Angebote richten sich an Menschen, die ihre heimische Post etwa auch im Urlaub oder während einer langen Dienstreise lesen wollen. Freilich weist die Deutsche Post darauf hin, dass sie nur Briefe und Postkarten scannen kann, die in einem gewöhnlichen Format daherkommen und höchstens mit Büroklammern oder Tackernadeln geheftet sind. Hingegen digitalisieren die Bonner etwa keine Zeitschriften oder Kataloge. Auch müssen sich die Kunden im E-Post-System des Konzerns registrieren. Mit dieser besonders sicheren Spielart der Mail schickt die Post den Teilnehmern ihre digitalisierten Briefe zu.

Wenn es um die Zukunft des Briefes geht, steht für den Konzern viel auf dem Spiel. Mehr als 80 000 Zusteller tragen hierzulande Briefe aus. Für das vergangene Jahr hat die Post zuletzt einen Betriebsgewinn von 600 Millionen Euro alleine mit Briefen und Paketen prognostiziert. Im nächsten Jahr soll diese Stammsparte gar 1,7 Milliarden Euro Gewinn vor Steuern abwerfen. Damit der Konzern das Ziel erreichen kann, soll die Zahl der Pakete weiter steigen, zudem will er das Porto erhöhen und Kosten senken. Und man hofft in Bonn, dass es den Brief auch im digitalen Zeitalter noch möglichst lange geben wird.

© SZ vom 01.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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