Interesse von ausländischen Investoren:Deutsche Unternehmen attraktiv wie nie

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Deutsche Unternehmen sind attraktiv wie nie: Die Zwillingstürme der Deutschen Bank in Frankfurt am Main. (Foto: dpa)

Die zwei Milliarden Euro für die Deutsche Bank aus Katar sind kein Einzelfall: Immer mehr ausländische Investoren entdecken die deutschen Konzerne. Denn die stehen für Stabilität und Zuverlässigkeit - und die Politik hält sich weitgehend aus der Wirtschaft raus.

Von Caspar Busse, München

Der Name steht für großes Kino: Paramount. Das ehrwürdige Hollywood-Studio hat viele berühmte und erfolgreiche Filme produziert - "Jäger des verlorenen Schatzes" zum Beispiel, oder "Titanic" und "Spiel mir das Lied vom Tod". Großes Drama auf großer Leinwand also. Zufall oder nicht: Paramount Services hat Scheich Hamad bin Jassim bin Jabr al-Thani aus Katar auch seine Holding genannt, mit der er weltweit Geld investiert. Anfang vergangener Woche teilte der Investor aus dem Wüstenstaat mit, dass er zwei Milliarden Euro in die Deutsche Bank steckte und künftig mit etwa sechs Prozent an Deutschlands größtem Geldhaus beteiligt ist.

Das Geld aus Katar ist kein Einzelfall. Deutsche Unternehmen sind für Investoren aus dem Ausland so attraktiv wie nie. Internationale strategische, institutionelle oder private Geldgeber schauen nach Deutschland, schon jetzt halten sie im Durchschnitt mehr als die Hälfte der Aktien an den 30 Unternehmen des Deutschen Aktienindex (Dax). Im vergangenen Jahr lag der Anteil bei 54 Prozent, hat die Wirtschaftsprüferfirma Ernst & Young errechnet. Tendenz steigend.

Produkte "Made in Germany" sind weltweit gefragt

"Ich gehe fest davon aus, dass Deutschland für Investoren aus dem Ausland sehr attraktiv bleibt. Eine Trendwende ist nicht erkennbar," sagt Sascha Haghani, Partner bei der Unternehmensberatung Roland Berger. Immer öfter würden sich potenzielle Investoren melden, die die Beratungsfirma damit beauftragen, Möglichkeiten auszuloten. "Die zunehmenden geopolitischen Risiken führen dazu, dass noch mehr Gelder in Länder mit stabilen Rahmenbedingungen fließen, da steht Deutschland in der ersten Reihe", berichtet Haghani. In unruhigen Zeiten bevorzugt das weltweite Kapital also Sicherheit.

Bei vielen großen Unternehmen ist die Beliebtheit bei internationalen Investoren schon in den vergangenen acht Jahren sprunghaft gestiegen (Grafik). So sind beim Gasehersteller Linde inzwischen 80 Prozent der Papiere in Besitz ausländischer Investoren, vor acht Jahren waren es erst 35 Prozent. Beim ehemaligen Staatskonzern Deutsche Post ist der Anteil von 35 auf 56 Prozent gestiegen, beim Energieversorger RWE von 27 auf 54 Prozent.

Wem deutsche Konzerne gehören: Anteil der Aktien in Besitz ausländischer Investoren, ausgewählte Dax-Unternehmen (blau: Wert von 2013, gelb: Wert von 2008). (Foto: N/A)

Auch die großen deutschen Versicherer Allianz und Munich Re sind in der Gunst deutlich gestiegen. Beim weltweit größten Rückversicherer ist Warren Buffett und seine Berkshire Hathaway Holding mit etwa 13 Prozent beteiligt. Ähnlich sieht es auch in der zweiten Reihe der börsennotierten Firmen aus. Gerade erst ist der Staatsfonds von Abu Dhabi als neuer Aktionär beim größten deutschen Wohnungskonzern Deutsche Annington eingestiegen.

Die Gründe für den Run sind vielfältig. Die deutsche Volkswirtschaft steht derzeit so gut wie kaum eine andere da. Die Exportstärke der deutschen Unternehmen nimmt zu, die Wettbewerbsfähigkeit ist hoch. Produkte "Made in Germany" sind weltweit gefragt. Insofern ist der zunehmende Anteil ausländischer Aktionäre auch ein Spiegelbild der Internationalisierung der Unternehmen. "Die Rahmenbedingungen für Investments in Deutschland sind einfach einzigartig, aus politischer, volkswirtschaftlicher und rechtlicher Sicht", betont Haghani.

Das wissen vor allem langfristig orientierte Investoren zu schätzen, wie Staatsfonds - ob aus China, Arabien oder Norwegen - , Pensionskassen oder Großanleger wie Blackrock. "Ich bin manchmal fast überrascht, wie genau potenzielle Investoren die Faktoren hinter der Wertschöpfungsstruktur der Branchen kennen, sei es das deutsche Ausbildungssystem, die Tarifautonomie oder die Infrastruktur", meint Berater Haghani. Dazu komme, dass sich gerade in Deutschland die Politik aus der Wirtschaft weitgehend heraushalte, anders als etwa in Frankreich beim Übernahmepoker um Alstom.

Die Entwicklung zeige, "wie sehr die deutschen Konzerne auf dem Weltmarkt geschätzt werden", glaubt Martin Steinebach, der bei Ernst & Young die Studie erstellt hat. Wichtige Punkte für die Attraktivität seien unter anderem die internationale Bekanntheit und die Größe eines Unternehmens. Wert wird auch auf eine funktionierende und gute Unternehmensführung gelegt.

Gerade bei der Corporate Governance haben viele deutsche Großunternehmen in den vergangenen Jahren Fortschritte gemacht. Dazu kommen Dividendenzahlungen, in Zeiten sehr niedriger Zinsen besonders wichtig.

Entscheidend ist zudem ein hoher Streubesitz. Denn Investoren fragten sich nicht nur, wie komme ich rein, sondern auch, wie komme ich wieder raus, sagt Steinebach. So stehen Konzerne, deren Aktien breit verteilt sind und die nicht über einen bestimmenden Ankeraktionär verfügen, bei Ausländern höher im Kurs. Beispielsweise bei VW mit den Großaktionären Porsche/Piëch und dem Land Niedersachsen sind ausländische Investoren unterdurchschnittlich schwach vertreten.

Die Folge des Trends sind nicht nur weiter steigenden Aktienkurse, der Dax geht derzeit Richtung 10 000 Punkte. Auch der Einfluss der ausländischen Investoren steigt zwangsläufig, sie melden sich nicht nur bei Hauptversammlung kritisch zu Wort. Aufsichtsräte werden auch zunehmend international besetzt.

Beim angeschlagenen Stahlkonzern Thyssen-Krupp etwa hatte zuletzt der schwedische Investor Cevian Ansprüche angemeldet. Er hält gut 15 Prozent der Aktien und will in den Aufsichtsrat. Bei der Vorgängerfirma Krupp war in den Siebzigerjahren der persische Schah eingestiegen, das war eine Premiere. Und der Wirbel war damals noch größer als jetzt beim Paramount-Engagement der Kataris bei der Deutschen Bank.

© SZ vom 31.05.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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