Deutsche Bank:Ein Institut in Erklärungsnot

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Ein Bild, das bleibt. Polizeiautos parken vor der Deutschen Bank. (Foto: Andreas Arnold/Bloomberg)

Nach der Razzia vergangene Woche geht die Deutsche Bank in die Offensive. Sie schickt den Finanzchef vor.

Von Meike Schreiber und Jan Willmroth, Frankfurt

Vor genau einer Woche hatte James von Moltke noch mit angesehen, wie Ermittler die Zentrale der Deutschen Bank durchsuchten und ziemlich viel Material beschlagnahmten. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt ermittelt wegen Geldwäsche, bislang gegen zwei Mitarbeiter, man geht dem Verdacht nach, die Bank habe dabei geholfen, Offshore-Gesellschaften in Steueroasen zu gründen. Dabei soll Geld aus Steuerstraftaten und möglicherweise anderen Delikten auf Konten der Deutschen Bank transferiert worden sein, ohne dass das Institut einen Geldwäscheverdacht gemeldet habe. So lautete die bisher kommunizierte Version der Ermittler.

Jetzt schickt die Bank ihren Finanzchef vor, um mehr über die Version der Bank zu verraten. Von Moltke ist im Vorstand so ziemlich der einzige, der in dieser Sache einigermaßen unbeschädigt ist. Erst im Juli 2017 fing er an, frisch aus New York, abgeworben von der Citibank. Auf einmal soll er erklären, wie die Bank nach Veröffentlichung der Panama Papers intern aufgeräumt habe, was die Bank alles getan habe, um problematische Kunden loszuwerden. Er soll der Presse erklären, was es bedeutete, als Konzernchef Christian Sewing mit Blick auf die Panama Papers sagte, man habe damals doch alles gründlich aufgearbeitet: "Für uns war der Fall abgeschlossen." Dabei war von Moltke im fraglichen Zeitraum noch gar nicht dabei.

Das ist im Fall von Sewing anders. In dessen Zeit als Privatkundenvorstand fielen auch diese Aufräumaktionen im Kundengeschäft der Bank. Den heutigen IT-Vorstand Frank Kuhnke, der intern die Panama Papers aufgearbeitet haben soll, schirmt die Bank lieber ab. Von Sylvie Matherat, im Vorstand verantwortlich für die Geldwäscheregeln, ist in diesen Tagen sowieso nichts zu hören. Auch nicht von Fabrizio Campelli, der für die weltweite Vermögensverwaltung und damit auch das Offshore-Geschäft verantwortlich ist. Sie alle sind am Donnerstag offenbar verhindert, denn zeitgleich tagt in der Bank der Aufsichtsrat zu seiner turnusgemäßen Sitzung. Dort gab hatten die Vorstände wahrscheinlich viele Fragen zu beantworten.

Die Trennung von zweifelhaften Kunden sei nicht so einfach gewesen, heißt es in der Bank

Ist der Bankvorstand, völlig überrascht von den Vorwürfen der Strafverfolger, wirklich sicher, alles richtig gemacht zu haben? "Bislang sind wir uns keines Fehlverhaltens unsererseits bewusst, wir warten die Schlussfolgerungen der Staatsanwälte ab", sagte von Moltke am Donnerstag.

Die Ermittler werten jetzt Beweismaterial zu einem Geschäft aus, von dem die meisten Kunden noch nie etwas gehört haben dürften. In der Konzerntochter "Global Trust Solutions" (GTS) bekamen Kunden Offshore-Dienstleistungen mit Briefkastenfirmen, Scheindirektoren und Stiftungen in Steueroasen. Gemacht für reiche Privatleute, die viel zu verstecken haben - womöglich auch hinterzogene Steuern.

Im März 2016, kurz vor Veröffentlichung der Panama Papers, hat die Bank nach eigenen Angaben entschieden, den Bereich zu verkaufen, angeblich, weil er sich nicht mehr gelohnt hat. Im Sommer 2017 gab das Bundeskriminalamt bekannt, die Daten aus den Panama Papers gekauft zu haben. Darin fanden sie anscheinend schnell Hinweise darauf, dass die Bank doch nicht so genau hingeschaut hatte, wie sie es heute darstellt. Jedenfalls soll sie bei einigen Kunden Geldwäsche-Verdachtsmeldungen zu spät abgeben haben.

Ende März 2018 ging GTS an die Bank NT Butterfield & Son aus Bermuda. Bis dahin habe die Sparte unter dem Dach der Deutschen Bank sogar weiter Neugeschäft gemacht, heißt es in Finanzkreisen. Hätte sich die Bank nicht schneller von den Kunden trennen können, schließlich war es ja das erklärte Ziel, möglichst viele "Hochrisiko-Kunden" loszuwerden? Offiziell äußern möchte man sich dazu nicht. Die Bank lässt aber durchblicken, eine Trennung von den Kunden sei technisch unmöglich gewesen, weswegen man die Dienstleistung als Ganzes verkauft habe. Ohnehin sei das Geschäft nur sehr klein gewesen. Für mögliche Strafzahlungen habe man keine neuen Rückstellungen gebildet.

Anderen Banken hingegen haben es sehr wohl geschafft, sich von Offshore-Kunden zu trennen. Die Commerzbank etwa verabschiedete sich 2015 endgültig von Risiko-Kunden in Luxemburg. Wer bis zu einer bestimmten Frist keine Selbstanzeige gestellt hatte, flog raus.

Eine Woche nach der Durchsuchungsaktion herrscht in der Frankfurter Konzernzentrale noch längst kein Alltag. Der Aktienkurs schloss am Donnerstag nur noch knapp über dem Rekordtief von 7,70 Euro, das in den Vortagen erreicht wurde. Am Abend wird auch noch bekannt, dass die Bank womöglich tiefer in den Geldwäsche-Skandal bei der Danske-Bank verstrickt ist. Wie die Financial Times unter Berufung auf ein internes Dokument des Geldhauses berichtet, hat das Institut 31 Milliarden Euro mehr an Zahlungen für die Dänen abgewickelt als bislang bekannt. Damit seien vier Fünftel der verdächtigen Gelder über die Deutsche Bank geflossen. Bislang war bekannt, dass das Institut 130 Milliarden Euro abgewickelt hat.

© SZ vom 07.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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