Deutsche Bank:"Die Wende ist das noch nicht"

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Das größte deutsche Geldhaus kämpft sich nur mühsam aus seiner Dauerkrise heraus. Auch im zweiten Quartal 2018 brach der Gewinn der Deutschen Bank ein. Warum viele Anleger von dem Ergebnis trotzdem positiv überrascht waren.

Von Meike Schreiber und Jan Willmroth, Frankfurt

Wer US-Präsident Donald Trump über die Stärke der deutschen Wirtschaft schimpfen hört, der übersieht eines schnell: Anders als die Autoindustrie oder der Maschinenbau gibt die hiesige Finanzbranche seit Langem ein schwaches Bild ab. Allen voran die Deutsche Bank hat den Anschluss an die Wall Street komplett verloren. Und auch im europäischen Vergleich sind ihr die Konkurrenten enteilt. "Wir rennen unser eigenes Rennen", gestand James von Moltke, Finanzvorstand der Deutschen Bank, am Mittwoch ein, als er die Zahlen zum zweiten Quartal vorstellte.

Man will sich am liebsten gar nicht mehr messen lassen mit den US-Banken, die im zweiten Quartal erneut Milliardengewinne verbuchten. "Wir gehen durch eine Restrukturierung, die anderen nicht", sagte Moltke. Aber natürlich wolle man die Lücke zu JP Morgan und Goldman Sachs irgendwann wieder schließen. "Wir haben ja auch etwas, worauf wir aufbauen können."

Viel Fundament ist da indes nicht mehr. Während JP Morgan, die größte Bank der USA, von April bis Juni enorme 8,3 Milliarden Dollar verdiente und auch eine mit der Deutschen Bank eher vergleichbare Credit Suisse aus der Schweiz 1,3 Milliarden Franken einfuhr, kam die Deutsche Bank in diesem Zeitraum auf 401 Millionen Euro Gewinn. Es zeigt sich eben einmal mehr: Vor allem dank hoher Gewinne im Heimatmarkt haben die US-Banken die Finanzkrise längst verdaut, während sich die Deutsche Bank noch immer nicht erholt hat von ihrer skandalträchtigen Vergangenheit und strategischen Fehlern. Sie verbuchte zuletzt drei Jahre in Folge mit Verlust.

Aber immerhin: Die Lage von Deutschlands größtem Geldhaus scheint sich marginal zu verbessern. Offenbar kommt der Westfale Christian Sewing, der im April in einer Hauruckaktion den Chefposten des eher glücklosen John Cryan übernahm, mit seinen Umbauarbeiten voran. Diese bestehen in erster Linie darin, Kosten zu sparen und sich aus einzelnen Teilbereichen des Investmentbankings zurückzuziehen. Zwar fielen die Erträge, also die gesamten Einnahmen der Bank, nicht sonderlich viel besser aus als im Vorjahreszeitraum - im wichtigen Anleihehandel sanken die Einnahmen sogar um 17 Prozent -, und auch der Konzerngewinn gab nach. Aber: Die Bank übertraf damit die Schätzungen der Analysten. Außerdem gab es keine neuen schlechten Nachrichten über ausufernde Kosten. Das allein hat bei der Deutschen Bank schon Seltenheitswert. Als das Geldhaus in der vergangenen Woche Eckdaten zum Quartal vermeldete, schoss die Aktie um mehr als sieben Prozent hoch. Am Mittwoch notierte sie gut ein Prozent im Minus. "Die Wende ist das noch nicht", sagte Aktienfondsmanager Ingo Speich von der Fondsgesellschaft Union Investment. Man müsse die nächsten Quartale abwarten. Prinzipiell hätten die Manager in den vergangenen Monaten aber einen guten Job gemacht. "Trotz der Schwächen im operativen Geschäft sehen wir eine Stabilisierung. Wir trauen Christian Sewing die Wende zu", sagt Speich. Seine Fonds halten 0,3 Prozent an der Bank.

Vorangekommen ist Sewing damit, Stellen zu streichen. Vor allem im Investmentbanking beschäftigt das Geldhaus im Konkurrenzvergleich immer noch sehr viele Menschen, die außerdem herausragend gut verdienen und hohe Boni verlangen. Im zweiten Quartal sank die Zahl der Vollzeitstellen um 1700 auf gut 95 000. Weniger Mitarbeiter beschäftigte die Bank nur kurz vor dem Kauf der Postbank im Jahr 2010. Man sei auf gutem Weg, die Zahl der Vollzeitstellen wie angekündigt bis Ende 2019 auf unter 90 000 zu senken. Die Stellen fallen nicht nur im Investmentbanking weg, sondern auch im Privatkundengeschäft. Die Deutsche Bank gliedert gerade die Tochter Postbank in den Konzern ein.

Sewing gab sich zuversichtlich, nicht weiter Marktanteile zu verlieren. Unter seinem Vorgänger Cryan hatte sich die Bank gefährlich viel Geschäft streitig machen lassen, vor allem im Handel und bei der Beratung großer Unternehmen. Dadurch waren die Erträge schneller gesunken als die Kosten - ein Hauptgrund, warum der Brite unlängst gehen musste.

Derzeit jedoch profitiert das Geldhaus noch von der weltweit guten Konjunktur und den historisch niedrigen Kreditausfällen. Doch was passiert, wenn die Wirtschaft nicht mehr so rasant wächst und die Unternehmenspleiten zunehmen? Und wenn eine Zinswende länger ausbleibt? Dann könnten radikale Lösungen gefragt sein, etwa einer Fusion mit der Commerzbank, glauben viele am Finanzplatz Frankfurt. Bis dato scheint Sewing indes zu wissen, wohin er die Bank steuert. Die Abteilung Konzernstrategie löste er kurzerhand auf, wie die Wirtschaftswoche am Mittwoch vermeldete. Man wolle "effizienter und schlagkräftiger" werden. Tatsächlich stehen Sewing, ungewöhnlich genug, seit Kurzem auch Experten des US-Finanzinvestors Cerberus zur Seite. Der ist zugleich auch einer der Großaktionäre der Bank.

© SZ vom 26.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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