Deutsche Bank: Chefaufseher Börsig:Ein Mann in Erklärungsnot

Lesezeit: 2 min

Die Kritik am Aufsichtsratschef der Deutschen Bank wird lauter: Top-Manager des Geldhauses geben Clemens Börsig die Schuld daran, dass dem Institut der frühere Bundesbankpräsident Axel Weber durch die Lappen gegangen ist.

Harald Freiberger

Bei der Deutschen Bank gerät Aufsichtsratschef Clemens Börsig immer stärker unter Druck. "Er ist der Hauptverantwortliche dafür, dass uns Axel Weber durch die Lappen gegangen ist", sagte am Wochenende ein Top-Manager der Bank der SZ.

Axel Weber hätte die Nachfolge von Josef Ackermann als Deutsche-Bank-Chef gerne angetreten, aber es fehlte ihm offenbar ein klares Bekenntnis von Clemens Börsig (Bild), dem Chefaufseher der Bank. (Foto: dpa)

Der frühere Bundesbankchef kündigte am Freitag an, im Mai 2012 in den Verwaltungsrat der Schweizer Großbank UBS zu gehen, zunächst als Vize, ein Jahr später als Präsident. Es ist der einflussreichste Banker-Job in der Schweiz.

Nach Informationen der SZ sprach Börsig mehrmals mit Weber über dessen mögliche Nachfolge von Vorstandschef Josef Ackermann. Dabei stellte Börsig offensichtlich die Bedenken in den Mittelpunkt, die es in der Öffentlichkeit und auch in Teilen der Bank gegen die Person Webers gab. Zum einen war moniert worden, dass Weber als Bankenaufseher Informationen über Konkurrenzinstitute bekommen hatte, die er bei der Deutschen Bank ausnutzen könnte.

Kontakt mit Sanio

Zum anderen wurde kritisiert, ihm fehle jegliche Erfahrung bei der operativen Führung einer Geschäftsbank. Börsig soll deswegen auch Kontakt mit Jochen Sanio aufgenommen haben, dem Chef der Finanzaufsicht Bafin. Diese kann einem Kandidaten die Leitung einer Bank wegen mangelnder Erfahrung auch untersagen; das hat sie im vergangenen Jahr bei Axel Wieandt getan, der in der Deutschen Bank die Leitung der Tochter BHF-Bank übernehmen sollte.

Weber hätte Ackermanns Nachfolge gerne angetreten, aber es fehlte ihm offenbar ein klares Bekenntnis von Börsig. Deshalb nahm er das Angebot der UBS an, die ihm früh und klar signalisierte, dass sie ihn haben wolle. Seinen Wechsel in die Schweiz begründete er nun damit, dass es dabei "keine Interessenkonflikte" mit seinem früheren Amt gibt. Ihm sei bei seiner Entscheidung für die UBS wichtig gewesen, dass weder Bundesbank noch Bafin das Schweizer Institut kontrolliert hätten, sagte er dem Spiegel.

Webers Schritt stürzt die Deutsche Bank ins Chaos, da nun weit und breit kein Kandidat für die Nachfolge Ackermanns in Sicht ist. Dieser hatte sich indirekt mehrmals für Weber ausgesprochen, konnte dies aber nicht offen tun, da laut Aktionärsrecht der Aufsichtsratsvorsitzende für die Nachfolgersuche zuständig ist. Am Wochenende gab es eine Reihe von Gerüchten, doch eine Lösung ist nach wie vor nicht erkennbar. So hieß es, Ackermann sei bereit, den Aufsichtsratsvorsitz zu übernehmen, wie es eine Reihe von Investoren wünschten.

Als starker Oberkontrolleur könnte er die Machtverteilung in Deutschlands größter Bank dann zusammen mit einem internen Nachfolger besser ausbalancieren. Dagegen aber spricht, dass erst Börsig zurücktreten müsste, dessen Vertrag bis 2013 läuft. Dieser aber hat schon 2009 alle Rücktrittsforderungen überstanden, als er sich selbst als Ackermann-Nachfolger ins Spiel brachte. Außerdem ist es nach deutschem Recht nicht mehr so einfach, dass ein Vorstandschef direkt in den Aufsichtsrat wechselt.

Offensichtlich um den Druck auf sich selbst zu verringern, nannte Börsig intern nun einen Termin: Bis September wolle er die Nachfolgerfrage klären, berichtete die Financial Times Deutschland. Es sei aber nicht geplant, dass dann der designierte Nachfolger auch schon den Dienst antritt. Börsig soll die Ambitionen der internen Bewerber abgeklopft und auch mit externen Kandidaten geredet haben. Aufdrängen tut sich niemand. "Es muss jemand sein, der die politische Landschaft Deutschlands versteht", heißt es in der Bank. Damit scheidet der Londoner Investmentbanking-Chef Anshu Jain aus. Die deutschen Kandidaten im Vorstand aber sind zu wenig profiliert. Es wird ein heißer Sommer für Börsig und die Deutsche Bank.

© SZ vom 04.07.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: