Deutsche Bank:Bankern droht Auslieferung

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Gurke und Käsereibe heißen im Volksmund zwei der Wolkenkratzer im Londoner Finanzviertel. (Foto: Jason Alden/Bloomberg)

Die Briten machen früheren Händlern der Deutschen Bank den Prozess. Es geht um Betrug.

Von Björn Finke, London

Jetzt wird es ungemütlich für vier ehemalige Händler der Deutschen Bank: Das Serious Fraud Office (SFO), die britische Ermittlungsbehörde für Fälle schwerer Wirtschaftskriminalität, hat gegen sie und einen früheren Banker der Société Générale Europäische Haftbefehle erwirkt. Die Briten wollen so eine Auslieferung ins Vereinigte Königreich erreichen, damit das Quintett an einem Strafprozess teilnimmt. Das Verfahren gegen sie und sechs weitere Banker soll im September 2017 vor dem Southwark Crown Court in London starten; die Ermittler werfen den elf Angeklagten vor, den wichtigen Zinssatz Euribor über Jahre hinweg manipuliert zu haben. Das wäre Betrug.

Bereits im Januar fanden in London zwei Anhörungen für den Prozess statt. Da erschienen aber nur sechs der elf Angeklagten. Am Freitag informierte das Serious Fraud Office den Richter, inzwischen gegen die fünf Abwesenden Haftbefehle erlassen zu haben. Die vier ehemaligen Händler der Deutschen Bank leben nach Angaben des SFO in der Bundesrepublik und sind deutsche Staatsbürger, der Ex-Banker von Société Générale wohnt in Frankreich. Sollte das Quintett ausgeliefert werden, würde das Verfahren in zwei Prozesse aufgeteilt, weil elf Angeklagte zu viel für eine Verhandlung wären.

In dem Fall könnte es einen eigenen Prozess nur für die insgesamt sechs Händler der Deutschen Bank geben. Zu diesen sechs Angeklagten gehört auch Christian Bittar, ein früherer Starhändler der Deutschen Bank. Der Frankfurter Konzern sprach dem Franzosen für seine lukrativen Geschäfte im Krisenjahr 2008 einen Bonus über fast 90 Millionen Pfund zu, der aber am Ende nicht komplett ausgezahlt wurde. 2011 entließ ihn die Bank. Heute lebt Bittar in Singapur, doch er erschien zu den Anhörungen. Für eine Million Pfund Kaution darf er seine Freiheit behalten. Bittar beteuert seine Unschuld.

Ob die vier Deutschen tatsächlich ausgeliefert werden, ist allerdings fraglich, denn die Frankfurter Staatsanwaltschaft ermittelt wegen der gleichen Vorwürfe. Das spräche gegen eine Überstellung ins Königreich. Eine Sprecherin des SFO wollte nicht dazu Stellung nehmen, ob und wie die deutschen Behörden auf den Europäischen Haftbefehl reagiert haben.

Das Verfahren gegen die elf Banker ist nicht der erste und auch nicht der letzte Prozess wegen der Manipulation sogenannter Referenzzinssätze wie Libor oder Euribor. An diesen täglich ermittelten Richtgrößen orientieren sich Kredite und Wertpapiere für Hunderte Billionen Dollar. Seit 2008 gehen Finanzaufseher weltweit dem Verdacht nach, dass Händler diese Sätze zum eigenen Vorteil gedreht haben sollen. Banken zahlten darum Milliarden-Strafen; im vorigen Frühjahr etwa einigte sich die Deutsche Bank mit Behörden auf 2,5 Milliarden Dollar Buße.

Im vergangenen August wurde der erste Banker für die Mauscheleien verurteilt: Der Southwark Crown Court schickte den Briten Tom Hayes elf Jahre hinter Gitter.

In Zukunft soll es schwieriger werden, Referenzzinssätze zu manipulieren. Der US-Börsenbetreiber ICE, der den Libor berechnet, legte nun Pläne vor, wie er die Kalkulation nachvollziehbarer und weniger anfällig für Mauscheleien machen will. Bisher ist der Libor Ergebnis der Angaben von Banken darüber, wie viel Zinsen sie untereinander zahlen müssen. Der Börsenbetreiber kündigt an, sich demnächst stärker auf tatsächliche Geschäfte stützen zu wollen. Das ist sicher keine schlechte Idee.

© SZ vom 19.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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