Deutsche Bank:Deutsche Bank findet keinen Nachfolger für Achleitner

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Paul Achleitner ist bereits seit gut neun Jahren Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Bank. (Foto: Arne Dedert/dpa)

Paul Achleitners Zeit an der Aufsichtsratsspitze der Deutschen Bank soll bald enden. Ein Nachfolger ist aber immer noch nicht in Sicht. Nun sucht sogar ein Headhunter.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Zugegeben, es ist ein wenig spekulativ, aber es dürfte der Eitelkeit von Paul Achleitner frönen, dass die Suche nach einem Nachfolger für den scheidenden Aufsichtsratsvorsitzenden der Deutschen Bank so schleppend verläuft wie es derzeit ausschaut. Achleitner, so viel ist im Prinzip seit seiner Wiederwahl vor viereinhalb Jahren bekannt, wird im Mai 2022 auf der Hauptversammlung des Finanzkonzerns ausscheiden; dann hat der 64-jährige Österreicher - seit 2012 im Amt - zweimal fünf Jahre als oberster Aufseher hinter sich und darf gemäß den Statuten nicht ein drittes Mal gewählt werden.

Aber wie es so ist, wenn man lange im Voraus weiß, dass man Dinge zu erledigen hat, zögert man die Entscheidung bis zum Schluss hinaus. Oder, auch dieser Fall ist denkbar, man findet einfach keine Lösung. Also in diesem Fall keinen Ersatz für Achleitner. Die Lage ist jedenfalls verzwickt, so viel immerhin ist klar. Die Europäische Zentralbank (EZB) als oberste Bankenaufsicht des Kontinents drängelt seit Monaten, dass die Deutsche Bank endlich einen Nachfolger für den Chefkontrolleur findet. Kein Wunder, schließlich geht es um eines der größten Kreditinstitute Europas, das mit seinem Schwerpunkt auf dem Investmentbanking zudem nicht ganz leicht zu durchschauen und zu kontrollieren ist. Der Internationale Währungsfonds hatte die Deutsche Bank vor Jahren sogar einmal als "gefährlichste Bank der Welt" bezeichnet. Und auch die von Vorstandschef Christian Sewing vorangetriebene Restrukturierung des Geldhauses ist längst nicht abgeschlossen.

In der Frankfurter Finanzszene kursieren jedenfalls seit Monaten die Namen der Kandidaten, allesamt derzeit bereits Mitglieder des Aufsichtsrats: Theodor Weimer, 61, aktuell Vorstandschef der Deutschen Börse und seit gut einem Jahr im Kontrollgremium. Frank Witter, früher VW-Finanzvorstand und Ex-Chef der Finanztochter des Autokonzerns. Sowie Norbert Winkeljohann, 64, früherer Deutschland-Chef der Wirtschaftsprüfungsfirma PwC und heute auch Aufsichtsratschef von Bayer. Eine Frau, auch das scheint klar, kommt offenbar nicht infrage für den verantwortungsvollen Posten an der Spitze des Aufsichtsrates.

Gerüchten zufolge strebt Achleitner eine dritte Amtszeit an

Die Männer jedoch, deren Namen seit langem gehandelt werden, haben der Reihe nach abgewunken, aus unterschiedlicher Motivlage heraus und mit unterschiedlichen Begründungen: Winkeljohann ist bereits gut ausgelastet. Weimer kokettiert damit, lieber Stiftungschef bei Knorr-Bremse zu werden und den Nachlass des jüngst verstorbenen Eigners Heinz Hermann Thiele zu verwalten. Oder, was näher liegt, einfach seinen gut dotierten Job bei der Deutschen Börse bis zum Ende des Vertrags im Frühjahr 2024 wahrzunehmen. Der VW-Mann wiederum hält sich zwar bedeckt, gilt aber in Finanzkreisen als nicht ganz so gut geeignet, weil ihm womöglich die Qualifikation fehlt. Weimer, als ehemaliger Investmentbanker von Goldman Sachs und Winkeljohann als Bilanzprüfungsexperte, brächten diese Expertise durchaus mit.

Und so schwirrt seit einiger Zeit sogar ein Gerücht durch Frankfurt, demzufolge Achleitner eine dritte Amtszeit anstreben könnte, was zwar nicht den Regularien, aber sicherlich seinem Selbstverständnis entsprechen würde. Auch nach seiner ersten Amtszeit war angeblich einfach kein Nachfolger in Sicht. Das Problem dabei: Die EZB kann sich eigentlich nicht auf so einen Handel einlassen, und auch Achleitner würde damit erneut an Glaubwürdigkeit einbüßen.

Damit dies nicht passiert, hat die Deutsche Bank nun dem Vernehmen nach begonnen, auch externe Kandidaten für die Nachfolge zu kontaktieren. Das hätte zwar den Nachteil, dass der oder die Kandidatin nicht vorher als Aufsichtsratsmitglied hineinschnuppern kann, zumindest müsste dafür ein Mitglied der Kapitalseite seinen Platz räumen. Aber man hätte einen Kandidaten in der Hinterhand, falls Weimer endgültig absagt. Das Nominierungskomitee unter Leitung der Aufsichtsrätin Mayree Clark habe nun jedenfalls die Suche ausgeweitet, nachdem die Kandidaten signalisiert hätten, sie stünden wohl nicht zur Verfügung, schreibt Bloomberg.

Zudem hat der Aufsichtsrat nun auch Personalberater des Headhunters Egon Zehnder damit beauftragt, eine engere Auswahl von Kandidaten zu erstellen. Darunter auch solche, die nicht aus Deutschland kommen - wobei Deutschkenntnisse Voraussetzung seien, hieß es. Die Bank wollte sich nicht weiter äußern, man sei aber "auf einem guten Weg". Intern ist zu hören, das Geldhaus wolle bis ungefähr Ende November über die Nachfolge entscheiden. Offiziell kommuniziert werden soll die Personalie aber erst im Frühjahr - mit der Einladung zur Hauptversammlung.

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