Deutsche Bank:Alte Liebe rostet nicht

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Die Türme kennen alle Frankfurter. Die hauseigene "Bad Bank" ist weniger prominent. (Foto: Thomas Lohnes/Getty Images)

Die Deutsche Bank bleibt abhängig vom Investmentbanking. Und auch ihren Bilanz-Mülleimer, die interne Bad Bank, bekommt das Institut nicht so schnell los.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Es ist eine Liebe, die offenbar nicht vergeht, auch wenn Kritiker vielleicht eher von einer Droge sprechen würden: Das Investmentbanking ist für die Deutsche Bank inzwischen jedenfalls wieder so bedeutend wie selten zuvor in den vergangenen Jahren. Nach dem Ausstieg aus dem Aktiengeschäft ist der Anleihehandel - der einzige verbliebene Handelsbereich - eine größere Ertragsquelle als 2012. Damals hatte der frühere Investmentbank-Chef Anshu Jain den Chefposten übernommen.

Der jetzige Konzernchef Christian Sewing hatte zwar im Sommer 2019 versprochen, die stabilen und weniger riskanten Geschäftsfelder zu stärken, allen voran das Privat- und Firmenkundengeschäft. Diesen Mittwoch aber wurde auf dem Kapitalmarkttag der Deutschen Bank, auf dem die Führungsmannschaft alljährlich über die Erfolge in den einzelnen Sparten berichtet, erneut deutlich: Wohl und Wehe des größten deutschen Geldhauses werden auch die kommenden Jahre vom riskanten Handelsgeschäft abhängen. Für Aktionäre warf der Bereich zwar selten einen Gewinn ab, für die Mitarbeiter dafür aber zuverlässig hohe Boni.

Immerhin: Von 2022 an sollen die Aktionäre wieder eine Dividende erhalten, dann will die Bank auch das in Aussicht gestellte Renditeziel von acht Prozent erreichen, das Sewing am Mittwoch bekräftigte. Weil das Privat- und Firmenkundengeschäft allerdings schwächelt, hängt nun alles davon ab, ob das Investmentbanking auch die kommenden zwei Jahre mindestens ebenso viel Erträge abwirft wie 2020. Angesichts schwankender Märkte hat die Sparte dieses Jahr deutlich mehr verdient als im Jahr zuvor. "In der dritten Phase unserer Transformation wird unser Weg kein grundsätzlich anderer sein. Aber wir schalten einen Gang hoch", sagte Sewing.

Sewing hat immerhin die Kosten gut im Griff

Will heißen: Höhere Erträge und eine höhere Eigenkapitalrendite im Investmentbanking. Zugleich musste der Vorstandschef das Ziel für das klassische Kreditgeschäft senken und damit auch das Ertragsziel für die gesamte Gruppe leicht auf 24,4 Milliarden Euro verringern. Immerhin: Anders als seine Vorgänger hat Sewing die Kosten überraschend gut im Griff. So will die Deutsche Bank in den kommenden zwei Jahren noch mehr sparen, um auf diese Weise die in Aussicht gestellten Gewinnziele zu erreichen.

Die Erfolge im Investmentbanking allerdings verdankt das Institut auch der hauseigenen "Bad Bank". Diesen Bilanz-Mülleimer hatte die Deutsche Bank 2019 aufgestellt, um verlustreiche Geschäfte oder solche, die nicht mehr zur Strategie passen, zu verklappen. Offiziell, weil sich das Geldhaus aus bestimmten Geschäften wie dem Aktienhandel zurückzieht und Investoren einen unverstellten Blick auf die neue Deutsche Bank geben will. Sind die Papiere erst einmal weg, werde wertvolles Eigenkapital "freigesetzt", so die Hoffnung.

Angenehmer Nebeneffekt für die Banker: Da diese Geschäfte fast komplett aus dem Investmentbanking stammen, lassen die verschobenen Problempapiere mithin das Investmentbanking in einem helleren Licht erstrahlen. Eigentlich sollte diese "Kapital-Freisetzungs-Einheit", wie der Konzern sie etwas sperrig genannt hat, bis Ende 2022 fast alle Wertpapiere abgebaut haben - entweder über Verkäufe oder aber, weil diese einfach auslaufen.

"Qualitätspapiere" mit Verlust

Von diesem Ziel aber ist die Bank nun überraschend abgerückt, wie Finanzchef James von Moltke am Mittwoch erklärte. Zwar sei man mit der Einheit sehr zufrieden; man habe bislang alle Ziele erreicht oder gar übererfüllt. Irgendetwas aber scheint nicht mehr ganz so zu verlaufen wie versprochen.

Noch im Sommer 2019 hatte die Bank zugesagt, die Bad-Bank-Wertpapiere von 250 Milliarden Euro bis Ende 2022 auf zehn Milliarden Euro abzubauen und dabei sogar fünf Milliarden Euro Kapital für die Aktionäre "freizusetzen". Schließlich handele es sich vorrangig um "Qualitätspapiere", die hohen laufenden Verluste der Bad Bank seien lediglich den "hohen Plattformkosten" geschuldet.

Die vermeintlichen Qualitätspapiere aber erweisen sich als langlebiger als gedacht: Zum geplanten Ende der "Capital Release Unit" bleiben nun doch Wertpapiere im Volumen von enormen 51 Milliarden Euro übrig, wie Moltke einräumte. Es sei kostengünstiger, diese auf der Bilanz zu belassen, statt sie mit Verlusten zu verkaufen, sagte ein Sprecher. "Qualitätspapiere" mit Verlust? Tatsächlich dürfte es sich dabei vor allem um verlustreiche Zinsderivate handeln, ein Geschäft, das die Bank im Kerngeschäft eigentlich weiterführt, Teile davon aber lieber versteckt. Wenn das Kerngeschäft vordergründig brummt, kann man dort immerhin weiter Boni bezahlen. Wann ist der Bilanz-Mülleimer dann geleert? Dazu machte das Geldhaus am Mittwoch keine Angaben.

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