Deutsche Bahn:Zoff im Cockpit

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Im Bahnvorstand bricht ein offener Streit über die Krise im Konzern aus. Im Mittelpunkt steht Finanz- und Gütervorstand Alexander Doll, der Zusatzkosten zu spät gemeldet haben soll. Kritik gibt es auch wegen einer anderen Baustelle des Managers.

Von Markus Balser, Berlin

In der Führungsspitze des größten deutschen Staatskonzerns ist wegen der tiefen Krise bei der Gütertochter DB Cargo eine heftige Auseinandersetzung entbrannt. Aufsichtsratskreisen zufolge hat Finanz- und Güterverkehrsvorstand Alexander Doll Ärger auf sich gezogen, weil er zusätzliche Kosten verspätet an den Aufsichtsrat, das Verkehrsministerium und die Parlamentarier meldete. Sowohl im Ministerium, im Bundestag, dem Bahn-Kontrollgremium als auch im restlichen Bahnvorstand herrsche deshalb Ärger über Doll, heißt es weiter. Auch der Verkauf der Auslandstochter Arriva, für den Doll zuständig ist, laufe nicht wie geplant, ist zu hören. Der Konzern wollte sich am Freitag zu den Angaben nicht äußern. Zu dem Zerwürfnis kam es, nachdem Doll Aufsichtsräte erst mit Verspätung über anfallende Kosten für Pensionsgarantien über 432 Millionen Euro informiert hatte. Auch Konzernchef Lutz, der sich angesichts des nötigen Finanzbedarfs des Konzerns um ein gutes Verhältnis zur Politik bemüht, sei darüber sehr verärgert gewesen, heißt es weiter. Lutz habe Doll in der Folge den Verzicht des Finanzpostens empfohlen. Doll sollte sich demnach auf die Aufgabe konzentrieren, die angeschlagene Güterverkehrstochter zu sanieren. Dies habe er jedoch abgelehnt, heißt es weiter. Über den Streit im Vorstand hatte zuerst der Spiegel berichtet. Offen ist, ob der Vorstand in dieser Zusammensetzung weiter arbeitet und Doll im Unternehmen bleibe, hieß es. Für die Besetzung des Vorstands ist der Aufsichtsrat zuständig. Im Kontrollgremium wird die Lage als kritisch bewertet. "Es hat richtig geknallt", heißt es. Dennoch gebe es derzeit noch keine Richtungsentscheidung darüber, ob personelle Konsequenzen folgen sollten.

Die Gütertochter DB Cargo steuert auf eine neue größere Krise zu. Derzeit stehen wegen Engpässen einige hundert Güterzüge still. Die Sendungen kommen wohl erst mit Verspätung zum Kunden. Dabei wollte die Bahntochter genau diese Probleme eigentlich längst behoben haben. DB Cargo hatte bereits in den vergangenen Jahren massiv an Geschäft verloren.

Auch Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hatte den Druck auf die Bahn-Führung zuletzt deutlich erhöht. Die Bahn solle ihre Probleme schneller und effizienter lösen, forderte er in einem Brief an Konzernchef Lutz. Scheuer mahnte darin neue Konzepte an und stellte dem Bahnchef sogar ein Ultimatum. Lutz soll demnach bis zum 14. November Maßnahmen unter anderem gegen Zugverspätungen und -ausfälle sowie Personalmangel vorweisen. Die bisherigen mittel- und längerfristigen Ankündigungen müssten "wesentlich rascher umgesetzt werden".

© SZ vom 26.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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