De-Mails von Post und Telekom:Mit Sicherheit viel Ärger

Lesezeit: 3 min

Bonner Konzerne streiten über den sicheren Internetbrief, kurz De-Mail: Die Telekom wirft der Post Behinderung des Wettbewerbs vor und prüft nun sogar juristische Schritte.

Caspar Busse und Thorsten Riedl

Manchmal laufen sich die beiden Konzernchefs über den Weg. Immerhin sind René Obermann, 47, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Telekom, und Frank Apel, 49, sein Kollege von der Deutschen Post, beide Mitglied im Rotary-Club Bonn und feierten gerade dessen 60-jähriges Bestehen. Aber das Klima zwischen den beiden ehemaligen Bonner Staatsunternehmen, die solange zusammengehörten, ist schlecht. Jüngster Streitpunkt: die sichere E-Mail.

So sahen Futurologen 2010
:Schatz, die Raketenpost ist da

Briefe kommen per Rakete, der Chef taucht in der Brille auf, und die Sowjets manipulieren uns mit gemeinen Tönen: Das prophezeiten Futurologen in den vergangenen 60 Jahren für 2010.

Die sogenannte De-Mail soll die digitale Alternative zum Briefverkehr auf Papier sein - und auch genauso sicher sein wie Briefe. Normale E-Mails sind so geheim wie Postkarten, mit wenig Mühe kann jeder Einblick in den digitalen Schriftverkehr im Internet nehmen. Das soll sich mit der De-Mail ändern: Dann können etwa Rechnungen, vertrauliche Dokumente oder Behördenpost sicher versandt werden. An diesem Donnerstag will die Koalition das Gesetz zur Sicherheit von sogenannten De-Mails im Internet verabschieden.

Die Deutsche Post war schneller und ist bereits seit Sommer 2010 mit dem E-Postbrief am Markt. Der Werbeaufwand für ihren Online-Brief wird auf einen zweistelligen Millionenbetrag geschätzt - pro Monat. "Verbindlich, verlässlich, vertraulich", wirbt die Deutsche Post. Für den Konzern geht es um viel: Postchef Apel kämpft seit langem mit einem stark rückläufigen Brief-Geschäft, bisher ein Gewinnbringer. Nun heißt der Hoffnungsträger E-Postbrief.

Auch die Konkurrenten, vor allem die Deutsche Telekom, aber auch Internetanbieter United Internet, wollen mitverdienen und das Gleiche bieten. Doch die Deutsche Post setzt auf Verzögerungstaktik. Die Identität der De-Mail-Kunden muss einwandfrei festgestellt werden - einmalig und per Personalausweis. Telekom und United Internet wollten das ursprünglich mit der sogenannten Post-Ident-Dienstleistung der Post erledigen.

Doch die will das verhindern. Zum 1. Oktober vergangenen Jahres hat das Unternehmen mit Wirkung von Januar 2011 an der Telekom und United Internet die Verträge gekündigt. Künftig soll das Ident-Verfahren für solche Dienste ausgeschlossen sein, bei denen Telekom und United Internet mit der Post im Wettbewerb stehen - also für die De-Mail.

Ärger bei der Telekom

United Internet hat bereits gegen die Post geklagt. Das Unternehmen sieht einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht. Das Verfahren läuft derzeit vor dem Landgericht Köln. Eine Entscheidung wird für den 31. März erwartet. Die Telekom könnte folgen: "Wir behalten uns diesen Schritt ebenfalls vor."

Die Strategie der Post ist klar: Je länger die Rivalen brauchen, desto mehr Zeit hat sie, ihr Produkt zu etablieren. "Wir haben mindestens neun Monate Vorsprung. Den werden wir nicht aufs Spiel setzen", heißt es in Post-Kreisen. "Das Verhalten der Post hat im Unternehmen für Verärgerung gesorgt", heißt es dagegen bei der Telekom. Die Post wiegelt ab: Die Streitereien seien nur "Geplänkel", so ein Sprecher. Und es habe nie ein konkretes gemeinsames Projekt gegeben, lediglich Vorplanungen.

Auch darüber gibt es verschiedene Ansichten: Ursprünglich ging der elektronische Brief auf eine Initiative des Bundesinnenministeriums zurück. Schon 2007 wurde unter dem damaligen Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) Wert darauf gelegt, möglichst früh spätere Mail-Anbieter zu beteiligen. Vertreter der Telekom, der Deutschen Post, Microsoft, Web.de und GMX planten ein Pilotprojekt in Friedrichshafen. Da war die Welt noch in Ordnung.

Warum die Post ausscherte

Ein Jahr später dann der Bruch: Beim gemeinsamen Projekt kam der Deutschen Post die Aufgabe zu, die Identität der E-Brief-Nutzer zu überprüfen für De-Mail-Anbieter wie die Deutsche Telekom oder United Internet mit den Töchtern Web.de und GMX. Im Gegenzug verlangte die Post auch ihre offizielle Anerkennung als De-Mail-Anbieter. Vom Innenministerium hieß es damals jedoch, akkreditiert könne nur sein, wer dem Kunden ein elektronisches Postfach bietet. Das konnte die Post nicht, sie verließ das Konsortium.

In einem Entwurf zum IT-Gipfel in Darmstadt 2008, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt, nennt die Deutsche Post noch ihren Beitrag zum De-Mail-Projekt: "Im Rahmen einer Arbeitsgruppe für ein Pilotprojekt ist die Deutsche Post Dienstleister für ein Identifizierungsverfahren", steht dort.

Eine Woche vor dem Gipfeltreffen am 20. November bat die Verantwortliche der Deutschen Post AG - kurz: DPAG - in einer E-Mail an die Kollegen beim Bundesinnenministerium (BMI) aber um den "Stopp aller DPAG Kommunikationsaktivitäten in Bezug auf das BMI/De-Mail". Wichtigkeit: Hoch. Die Erklärung aller Beteiligten zum elektronischen Brief wird am Ende nicht von der Post unterschrieben.

United Internet: Problem Identifizierung

Wenige Monate später wird klar, warum die Post kurzfristig ausgeschert ist. Sie kündigt einen eigenen Online-Brief an. Dass das geplante De-Mail-Gesetz nicht mehr unter der alten Regierung beschlossen wird, sei auch auf Lobbyarbeit der Post zurückzuführen, glauben Konkurrenten. Der Post kommt es zupass: Sie kann das eigene Produkt in Ruhe auf den Markt bringen und einen hohen Preis verlangen.

Ein elektronischer Brief kostet bei der gelben Post 55 Cent, so viel wie die Papierversion. Es wird erwartet, dass die Telekom deutlich darunter bleiben wird. Sie hat angekündigt, dass ihre Kunden ein Kontingent digitaler Post kostenlos verschicken können.

Nun spielt die Telekom mit dem Gedanken, die Personalien von De-Mail-Kunden in ihren 800 T-Punkt-Filialen überprüfen zu lassen. United Internet fehlt ein flächendeckendes Netz. Aber es geht auch einfacher: Auf der Computermesse Cebit in der kommenden Woche können sich De-Mail-Interessierte anmelden und Personalien überprüfen lassen - bei Telekom und United Internet.

© SZ vom 24.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: