Dax:Geballte Macht

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Die Zentrale von Bayer in Leverkusen: Die Mehrheit der Aktien des Chemie- und Pharmakonzerns ist in ausländischer Hand. (Foto: Ina Fassbender/AFP)

Nur noch ein Drittel der Papiere im deutschen Aktienindex ist im Besitz von heimischen Anlegern.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Die Geschicke deutscher Konzerne liegen zunehmend in der Hand internationaler Aktionäre. Nur noch ein Drittel der Aktien von Konzernen, die zum Deutschen Aktienindex (Dax) gehören, ist einer Studie zufolge im Besitz von heimischen Anteilseignern. Investoren aus dem Ausland hielten im vergangenen Jahr 55 Prozent der Anteile an den 30 wichtigsten börsennotierten Unternehmen. Das geht aus einer Untersuchung der Unternehmensberatung EY hervor. Ein Jahr zuvor waren es 54,5 Prozent. Der Anteil deutscher Anleger sank auf 33,2 von 34,3 Prozent. Wem der Rest gehört, lässt sich nicht genau sagen.

Der Anteil ausländischer Investoren im Dax steigt seit Jahren kontinuierlich an. Die gute Seite an dieser Nachricht: Internationale Anleger haben offenbar weiter Vertrauen in die Stabilität deutscher Unternehmen. Fünf Dax-Unternehmen sind sogar zu mehr als 70 Prozent in ausländischer Hand. Am stärksten gefragt ist der Sportartikelkonzern Adidas, dessen Anteilseigner zu 83 Prozent aus dem Ausland kommen. Mit einem Zuwachs von sechs Prozentpunkten überholte Adidas damit die Deutschen Börse, die auf 80 Prozent Aktionäre aus dem Ausland kommt. Die hohen Anteile bei Linde (77 Prozent) und Bayer (70 Prozent) erklären sich aus den Fusionen mit US-Unternehmen. Mit die geringsten Auslandsanteile haben Dax-Unternehmen mit deutschen Großaktionären: Henkel (26 Prozent), Beiersdorf (33 Prozent) und BMW (36 Prozent).

Aktionären aus dem Inland entgehen damit aber nicht nur Kurschancen und Dividenden, sie haben auch weniger Einfluss auf heimische Unternehmen. Hier rächt sich einmal mehr, dass der Aktienbesitz in Deutschland eher schwach ausgeprägt ist. Die jüngsten "Aktionärsrevolten" wegen gravierender Managementfehler, etwa bei Bayer oder der Deutschen Bank, gingen daher allen voran auf internationale Anleger zurück. Die Topmanager beider Firmen waren auf ihren Hauptversammlungen ungewöhnlich hart kritisiert worden.

Solange der Aufstand internationaler Aktionäre den Interessen inländischer Aktionäre oder anderer "Stakeholder" entspricht, dürfte dies zwar für die meisten Aktionäre oder Mitarbeiter kein Problem sein. Die Entscheidungen fallen im Zweifel aber eben woanders. Bei der Deutschen Bank zum Beispiel kontrollieren Aktionäre aus Katar, China und USA zusammen mehr als 20 Prozent der Aktien. Da auf der Hauptversammlungen des Geldhauses in der Regel nur rund 40 Prozent des stimmberechtigten Kapitals anwesend ist, haben die besagten Großaktionäre dort automatisch das Sagen. Sie hatten zum Beispiel maßgeblichen Einfluss darauf, dass die Deutsche Bank ihr umfangreiches, aber unprofitables Investmentbanking lange Zeit nicht ernsthaft infrage stellte.

© SZ vom 27.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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