Daimler:Stuttgarter Konflikte

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Seit die Kartellvorwürfe publik sind, geht es hoch unter den deutschen Autobauern. Erst hat BMW ausgteilt. Jetzt liegt Daimler-Chef Dieter Zetsche im offenen Clinch mit München und mit dem Verband in Berlin.

Von Max Hägler, Stefan Mayr, Stuttgart

Von ihm kommt nichts. Nein. Tut ihm leid, aber dazu könne man nichts sagen. Ein ums andere Mal erklärt Daimler-Chef Dieter Zetsche am Mittwoch bei der Vorstellung der Halbjahreszahlen: Zu laufenden Verfahren oder Spekulationen könne er sich nicht äußern. Es tue ihm leid. Er sehe, dass die Autobranche Schlagzeilen mache, und zwar "keine guten". Aber die Wünsche nach Klarheit könne er nicht erfüllen. "Leider."

Laufende Verfahren, damit ist der Dieselskandal gemeint, wegen dem die Staatsanwaltschaft das Unternehmen spektakulär durchsuchte. Spekulationen, damit ist der Verdacht gemeint, der seit dem Wochenende im Raum steht, dass der Stuttgarter Autobauer Teil eines illegalen Autokartells war, das womöglich zu Lasten von Geschäftspartnern und der Umwelt agierte. Daimler hat das selbst angezeigt bei den Kartellwächtern vor einigen Jahren - doch offiziell gibt es dazu: nichts. Nicht einmal eine indirekte Bestätigung der Selbstanzeige, die an diesem Mittwoch auch Thema im Daimler-Aufsichtsrat ist. Nur: Brüssel habe bislang "kein Verfahren eröffnet". Daraus kann man schließen, dass sie Anlass haben könnten, eines zu eröffnen. Aber reden darüber: Das könnte teuer werden und noch mehr Ärger bringen.

In München, bei BMW, dem Wettbewerber und zugleich wichtigen Partner ist man etwa stinksauer über die Daimler-Anzeige, die auch BMW anschwärzt. Wichtige gemeinsame Projekte sind auf Eis gelegt wegen des Vertrauensverlustes. Aber auch darüber will Zetsche nicht groß reden: Ihm seien "keine Signale" bekannt, dass die Kooperation in Schwierigkeiten sei. In den vergangenen sieben Tagen habe er nicht mit seinem Kollegen, BMW-Chef Harald Krüger, gesprochen; davor jedoch "konstruktiv". Alles, was da geschrieben wäre, sei "spekulativ".

Kurios, dass Daimler mitten in der Krise prächtige Geschäftszahlen vorlegt

Nur in einem Fall weicht Zetsche ab von seiner Taktik des Nichtkommentierens - und zwar, als die Frage aufkommt, wie er es mit dem Autolobbyverband VDA hält. Der Präsident Matthias Wissmann hat in dieser Woche einen Kulturwandel der Autobauer hin zu mehr Selbstkritik und einer "Null-Fehler-Toleranz" in Sachen Rechtstreue gefordert. "Ich war überrascht über diese Stellungnahme", sagt Zetsche. Überrascht, das ist für dieses Verhältnis die diplomatische Formulierung für: Hier ist Zetsche ziemlich sauer. Ein kleiner Ausbruch. Dann: Mehr wolle er nicht dazu sagen.

Die Autobranche ist, wenn auch halb verdruckst, zerstritten wie noch nie. Es sind Krisenzeiten. Und durchaus kurios wirkt es, dass in dieser Phase das Unternehmen allerbeste Geschäftszahlen schreibt. Der soundsovielte Rekordmonat, immer mehr Autos verkaufen sich, der Umsatz steigt. Immerhin da wird Zetsche konkret: Der Daimler-Umsatz stieg im vierten Quartal um sieben Prozent auf rund 41,2 Milliarden Euro. Um die Geschäfte noch besser zum Laufen zu bringen, deutet er an, dass Daimler bald Konzernsparten abtrennen könnte. Von der Umwandlung von "divisionalen Strukturen in rechtlich eigenständig Einheiten" reden sie da undeutlich.

Worum es genau geht? Um einen Börsengang der Truck-Sparte, die immer wieder im Gespräch war, oder die Abspaltung der Mobilitätsdienstleistungen? Alles im Unternehmen sei in der Prüfung, aber nichts stehe zum Verkauf, heißt es. Aber was heißt das nun genau? Auch darauf gibt es an diesem Mittwoch: keine Antworten.

© SZ vom 27.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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