Daimler:Kündigung vor Gericht

Lesezeit: 1 min

Der Autohersteller Daimler kündigte einem Mitarbeiter wegen Rassismus-Vorwürfen. Der wehrt sich dagegen mit einer Klage - hat aber keinen Erfolg.

Von Stefan Mayr, Stuttgart

Diese Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg ist allein schon deshalb außergewöhnlich, weil sie unter massiven Sicherheitsvorkehrungen stattfindet, wie man sie ansonsten nur von Strafprozessen kennt. Vor dem Gebäude stehen zwei Dutzend Polizisten. Etwa 50 Menschen, darunter viele Vertreter der IG Metall, demonstrieren gegen Rassismus im Allgemeinen und die rechtsgerichtete Arbeitnehmer-Vertretung "Zentrum Automobil". Vor dem Eingang kommt es zu Rangeleien zwischen der Polizei und Demonstranten, sie wollen den Kläger am Betreten des Gebäudes hindern.

Als es im vollbesetzten Sitzungssaal 5 mit einer fast halbstündigen Verspätung losgeht, sitzen an jeder Seite des Raumes zwei schwer ausgerüstete Sicherheitskräfte mit Schienbeinschonern, Helmen, Schlagstöcken und Elektroschockern. Verhandelt wird am Donnerstag ein Kündigungsfall beim Autohersteller Daimler, der sowohl in arbeitsrechtlicher als auch politischer Hinsicht bundesweit Interesse hervorruft. Der Stuttgarter Konzern hat einen Mitarbeiter gekündigt, weil dieser einem Kollegen muslimischen Glaubens islamfeindliche und damit beleidigende Handy-Nachrichten geschickt haben soll. Der Mann klagt gegen diese Kündigung. Zusätzliche Brisanz gewinnt der Fall, weil der Kläger schwerbehindert ist und das "Zentrum Automobil" im Internet einen Film veröffentlicht hat, in dem der IG Metall und indirekt auch dem Unternehmen "mafiöse Strukturen" vorgeworfen werden.

Der Kläger seinerseits betont, er habe die Nachrichten nur aus Spaß und auf ausdrücklichen Wunsch des Kollegen an ihn verschickt. Dieser habe die Rassismus-Vorwürfe nur aus Rache konstruiert, weil der Kläger zuvor den Schwarzhandel des Kollegen im Betrieb gemeldet habe. Daimler spricht dagegen von "massiven rassistischen und fremdenfeindlichen Beleidigungen". In erster Instanz hatte das Unternehmen Recht bekommen. Eine zugeschickte Handy-Nachricht hatte eine Tonspur, in der ein betender Muezzin mit Maschinengewehr-Salven erschossen wird und Schmerzschreie von sich gibt. Der Anwalt des Klägers räumte ein, dass die Inhalte zwar "geschmacklos" seien, aber als "Satire" keine persönliche Beleidigung seien und deshalb auch keine Kündigung rechtfertigen.

Am Ende der Verhandlungstages gab das Landesarbeitsgericht dem Unternehmen recht. Die Revision wurde nicht zugelassen.

© SZ vom 06.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: