Daimler:Früher waren mehr Millionen

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Auf der Hauptversammlung im Mai schüttelt Zetsche die Hand von Källenius. Für 2019 erhält der langjährige Vorstandsvorsitzende 5,6 Millionen Euro – der neue Chef bekommt 3,5 Millionen Euro. (Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Ex-Chef Zetsche bekommt mehr Geld von Daimler als sein Nachfolger Källenius.

Von Stefan Mayr, Stuttgart

Das waren noch Zeiten, als Daimler-Chef Dieter Zetsche einen zweistelligen Millionenbetrag als Jahresgehalt überwiesen bekam. Und dabei sogar noch mehr bekommen hätte, wenn er nicht an den konzerneigenen Deckel gestoßen wäre. 2016 und 2017 war das. Inzwischen laufen die Geschäfte in der Auto-Industrie sowie beim Stuttgarter Konzern speziell viel schlechter, und das schlägt sich auch im Vergütungsbericht nieder: Der seit Mai amtierende Vorstandsvorsitzende Ola Källenius erhielt für das vergangene Geschäftsjahr 3,5 Millionen Euro ausbezahlt - also gerade mal ein Drittel von dem, was sein Vorgänger zwei Jahre zuvor überwiesen bekam.

Auch für 2019 bekam Dieter Zetsche mehr als sein Nachfolger, nämlich 5,6 Millionen Euro. Zetsche erhielt also mehr als Källenius, obwohl er nur bis Mai im Amt und danach im Ruhestand war. Das liegt an den langfristigen Bonus-Zahlungen, die aus den vergangenen Geschäftsjahren berechnet werden. Hier hat Zetsche schlicht mehr Anrechte, weil Källenius erst 2015 in den Konzernvorstand aufrückte. Überhaupt ist die Vergütung der Vorstände eine Wissenschaft für sich. Der am Freitag veröffentlichte Geschäftsbericht weist drei verschiedene Berechnungsarten aus. Je nach dem erhielt Källenius 3,5 Millionen ("Vergütung") oder 4,9 Millionen ("gewährte Zuwendungen") oder 3,3 Millionen ("tatsächlich ausbezahlt") Euro.

In jeder Kategorie bekam der 50-Jährige mehr, für ihn hat sich der Aufstieg an die Konzernspitze also auch auf dem Konto bemerkbar gemacht. Die anderen Vorstände mussten dagegen Abstriche hinnehmen, weil die Bezahlung neben der Grundvergütung zu einem Großteil auch erfolgsabhängig ist.

Nun war das Geschäftsjahr 2019 trotz eines neuen Absatzrekords unterm Strich ein Misserfolg; Ola Källenius musste bereits Gewinnwarnungen veröffentlichen, der Nettogewinn sackte um fast zwei Drittel auf 2,7 Milliarden Euro ab. Entsprechend wuchtig rutschten auch Dividende und Mitarbeiter-Bonus nach unten: Pro Aktie werden nur noch 90 Cent ausgeschüttet, im Vorjahr waren es noch 3,25 Euro. Die Prämie für die etwa 130 000 Tarifbeschäftigten sank von fast 5000 auf 1100 Euro. Dementsprechend bewegte sich auch der Aktienkurs; er rauschte von 58 Euro im Mai auf heute 43 Euro hinab.

Das löst immer mehr Unmut bei den Aktionären aus, nun meldet sich auch David Herro von der US-Investmentgesellschaft Harris Associates zu Wort. In einem Interview mit dem Manager-Magazin kritisiert er sowohl Zetsche als auch den Aufsichtsrat scharf. "Das Management hat lange keine ausreichende Leistung gezeigt", sagt der Investor aus Chicago, der etwa fünf Prozent der Daimler-Anteile hält. "Wo war der Aufsichtsrat da?"

Dass der Aufsichtsrat nun plant, Dieter Zetsche im Jahr 2021 nach zwei Jahren Abkühlphase zum Chefaufseher zu ernennen, bezeichnet Herro als "keine gute Idee". Er fragt: "Warum sollte jemand Aufsichtsrat werden, der fünf Jahre Wertvernichtung zu verantworten hat?" Herro fordert eine "Auffrischung" des Aufsichtsgremiums mit "jemanden von außen". Zetsche sei dagegen "Teil des Problems". Herro spielt damit auch auf die nach wie vor ungeklärte Diesel-Frage an, die dem Dax-Konzern etliche amtlich verordnete Rückrufe bescherte und die Kosten für Gerichtsverfahren in die Höhe trieb. Weil auch weitere Belastungen möglich sind, hat Daimler laut Geschäftsbericht seine Rückstellungen für Haftungs- und Prozessrisiken sowie behördliche Verfahren von 2,1 auf 4,9 Milliarden Euro mehr als verdoppelt.

Angesichts des abgeschlossenen Verfahrens wegen des so genannten Lkw-Kartells hat der Aufsichtsrat auch eine "Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen ehemalige oder amtierende Vorstandsmitglieder" diskutiert. Ein Ergebnis gab es dabei laut Geschäftsbericht nicht, das Thema wurde vertagt. Um all die juristischen Themen akkurat abarbeiten zu können, hat der Aufsichtsrat sogar extra ein neues Gremium gebildet, den Ausschuss "für Rechtsangelegenheiten". Als weiterer Riskofaktor taucht im Geschäftsbericht auch der Coronavirus auf. Dieser könne zu signifikanten Rückgängen des Wirtschaftswachstums in China und anderen Ländern Asiens führen. Daimler sieht deshalb "Risiken" sowohl für die Absatzentwicklung als auch für Produktion, Beschaffungsmark und Zulieferkette. "Erhebliche Beeinträchtigungen" seien möglich, heißt es.

© SZ vom 22.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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