Daimler:Die nächste Baustelle

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Bald nicht mehr im Team: Finanzvorstand Bodo Uebber (li.), mit Daimler-Chef Dieter Zetsche. Beide gehen 2019. (Foto: Thomas Kienzle/AFP)

Erst kündigt der Vorstandsvorsitzende Dieter Zetsche seinen Rückzug an. Jetzt der Finanzvorstand: Auch Bodo Uebber will im nächsten Jahr den Autokonzern Daimler verlassen. Jüngere sollen die Führung übernehmen.

Von Stefan Mayr, Stuttgart

Der Umbau des Daimler-Konzerns im kommenden Jahr wird umfangreicher als gedacht: Neben dem erwarteten und bereits verkündeten Ausscheiden von Vorstandschef Dieter Zetsche Ende 2019 wird gleichzeitig nun überraschenderweise auch Finanzvorstand Bodo Uebber den Stuttgarter Autohersteller verlassen. Der 59-jährige Chef über die Zahlen und Firmen-Aufkäufe galt bis zuletzt als aussichtsreicher Kandidat auf Zetsches Nachfolge. Doch Ende September entschied der Aufsichtsrat, den 49-jährigen Schweden Ola Källenius auf den Chefsessel zu befördern. Deshalb wird spekuliert, Uebber habe aus Frust nicht mehr weitermachen wollen.

Am Wochenende hat Uebber dem Aufsichtsratschef Manfred Bischoff mitgeteilt, dass er seinen bis Ende 2019 laufenden Vertrag nicht verlängern will. "Das hat uns sehr überrascht", sagt ein Mitglied des Aufsichtsrats. Nicht zuletzt, weil sich doch schon lange abgezeichnet hatte, dass Källenius das Rennen mache. Auch die Chemie zwischen Källenius und Uebber habe gepasst, daran könne es also auch nicht liegen.

Bodo Uebber selbst begründet seinen Rückzug so: Er wolle dem künftigen Vorstandschef Källenius "die Möglichkeit eröffnen, ein neues langfristig ausgerichtetes Team aufzubauen". Die Entscheidung sei ihm nicht leicht gefallen, lässt sich Uebber in einer Pressemitteilung zitieren. "Aber jetzt ist für das Unternehmen der richtige Zeitpunkt, auch meine Aufgaben in jüngere Hände zu legen." Die für Daimler anstehenden "fundamentalen Veränderungen erfordern auch in der Unternehmensführung eine langfristige Kontinuität." Damit meint er erstens die Transformation der Auto-Industrie von reinen Hardware-Herstellern mit Verbrennungsmotoren hin zu einer Branche, in der Software und Elektro-Antriebe immer wichtiger werden. Zweitens meint er den geplanten Umbau des Daimler-Konzerns in drei selbständige Einheiten, die unter einer gemeinsamen Holding unabhängig voneinander beweglicher agieren sollen: Daimler Pkw und Vans, Daimler Trucks und Busse und Daimler Mobilitäts Service. Diese neue Struktur soll bereits auf der Hauptversammlung 2019 beschlossen werden und das bislang eng verwobene Daimler-Konglomerat flexibler und somit schlagkräftiger machen.

Bodo Uebber ist seit 2003 im Daimler-Vorstand. Seit 2004 verantwortet er die Bereiche Finanzen & Controlling, Daimler Financial Services sowie Fusionen und Übernahmen. Er hätte sich sehr gut vorstellen können, nach dem geplanten Umbau Chef der Holding zu werden - wobei Ola Källenius die Verantwortung für die wichtigste Sparte Pkw und Vans hätte übernehmen können. Nun kommt es anders, besonders spannend dabei ist: Es ist ausgerechnet Bodo Uebbers Ressort, in dem das Konzept für die neue Struktur ausgearbeitet wurde und wird. Auch der Zusammenschluss der Vermietungs-Tochter Car2go mit der BMW-Tochter Drivenow fällt in seine Verantwortung. Kurz bevor diese wichtigen Schritte besiegelt werden, kündigt Uebber nun seinen Abgang an. Wann genau Uebber ausscheidet, ist offen. Allerdings ist es wie im Februar 2017 beim überraschenden Abgang von Truck-Vorstand Wolfgang Bernhard auch jetzt durchaus möglich, dass Uebber seinen Vertrag nicht bis zum Ende erfüllt, sondern schon vorzeitig ausscheidet. Und damit Platz macht für jemanden, der mit dem künftigen Boss Källenius gemeinsam die Weichen stellt.

Noch steht laut Konzern-Angaben ein Nachfolger nicht fest. Es darf aber davon ausgegangen werden, dass Ola Källenius bei der Besetzung ein Wörtchen mitspricht - oder sich sogar schon jemand ausgeguckt hat. Ein möglicher Nachfolger wäre Klaus Entenmann, Vorstandsvorsitzender Daimler Financial Services. Doch auch er ist schon über 60 Jahre alt- dass er zum Zuge kommt, ist also trotz positiver Zahlen in seinem Bereich eher unwahrscheinlich.

Dass Daimlers Zukunft nicht leicht wird, zeigte der Konzern mit seinen neuesten Verkaufszahlen: Im September sank der Pkw-Verkauf zum vierten Mal in Folge auf 202 819 Fahrzeuge. Das waren 8,2 Prozent weniger verkaufte Autos mit dem Stern als im Vorjahr. Unter anderem wegen Verzögerungen bei der Zertifizierung nach dem neuen Abgastestverfahren, Modellwechseln und Auslieferungsstopps von Diesel-Fahrzeugen konnte Daimler die Nachfrage nicht wie gewünscht bedienen. Auch bei der Marke Smart sanken die Verkäufe im Vergleich zum Vorjahr um 15 Prozent auf 10 850.

© SZ vom 09.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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