Netztechnik:Die Daten müssen fließen

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Kabel von Dätwyler (Foto: oH)

Das Schweizer Unternehmen Dätwyler ist bekannt für seine Kabel, mittlerweile aber liegt der Schwerpunkt der traditionsreichen Firma auf Netzplanung und kleinen Rechenzentren.

Von Helmut Martin-Jung, Hattersheim

5G, für private Nutzer ist das derzeit noch kaum mehr als ein Schlagwort. Nur wenige Bereiche in einigen Städten sind mit der neuen Technik für superschnellen Mobilfunk ausgestattet, es gibt nur wenige Endgeräte wie etwa Handys, die 5G beherrschen. Auf einer ganzen Reihe von Firmengeländen dagegen nehmen die ersten Netze bereits ihren Betrieb auf, Daimler, VW oder Chemiefirmen - sie alle erhoffen sich von der reaktionsschnellen Technologie, dass sie damit Maschinen und Prozesse noch viel feiner und damit effektiver steuern können.

Was aber viele vergessen: Hinter der Funktechnologie muss auch ein leistungsfähiges Netz stecken, oder, wie Ralf Klotzbücher das formuliert: "Viele reden über 5G, aber wie kriegt man die Daten von links nach rechts?" Klotzbücher ist der Deutschland-Geschäftsführer der Schweizer Dätwyler-Gruppe. Dätwyler, Branchenkenner wissen das, ist seit mehr als 100 Jahren ein renommierter Hersteller von Kabeln. Längst beschäftigt man sich dort aber auch mit dem Planen von Netzen, und sogar Anlagen für kleine Firmenclouds hat man entwickelt.

Dafür, ist sich Klotzbücher sicher, werde der Bedarf stark ansteigen, gerade durch Themen wie die Vernetzung in den Firmen. Denn die Menge an Daten, die dabei anfallen können, sei oft zu groß, um sie einfach weiterzuschieben in die Cloud eines der großen Anbieter wie Amazon, Google oder Microsoft. Zudem handelt es sich auch oft um sensible Daten, die viele Unternehmen lieber in der eigenen Hand haben.

Die kleinen Anlagen sind nur so groß wie ein großer Kühlschrank oder eine große Kühl-Gefrier-Kombination, können aber locker mehrere Hundert Arbeitsplätze bedienen.

Aufgestellt sind sie in zwei bis drei Tagen, auf Wunsch werden sie im Werk schon vorkonfiguriert. Dätwyler kümmert sich dabei vor allem um die Netzplanung und die Software, die Kunden wählen aus, welche Server oder andere Netzwerkgeräte sie brauchen; auch eine unterbrechungsfreie Stromversorgung ist integriert. Gedacht sind die Mini-Clouds für die Verarbeitung lokaler Daten.

Das gilt beispielsweise für die Daten aus der Videoüberwachung. Bei Dutzenden von Kameras kommen da schnell große Datenmengen zusammen. Es wäre daher aufwendig und teuer, sie in eine externe Cloud hochzuladen. Ähnliches gilt für Maschinendaten. Klotzbücher sieht daher eine klare Tendenz, bestimmte Daten lokal zu bearbeiten.

Die Firmenclouds selbst zu betreiben, sehen aber trotzdem viele Unternehmen nicht als ihre Aufgabe an. Mehr und mehr auch große Firmen haben nach und nach IT-Abteilungen geschlossen. Nicht nur, weil Fachkräfte ohnehin schwer zu bekommen sind. Sie wollen sich auch auf ihre Kernkompetenzen besinnen und Dinge wie Netzplanung und -verwaltung lieber externen Profis überlassen. Oft spielt dabei der Wunsch nach Standardisierung eine große Rolle.

Kritische Infrastrukturen müssen funktionieren

Der Autohersteller BMW zum Beispiel, ein großer Kunde von Dätwyler, lege Wert darauf, dass sich die weltweit verteilten Werke netzwerktechnisch nicht groß unterscheiden. Und er ist nicht der einzige Industrie-Kunde, der so denkt: "Standardisierung ist den Unternehmen sehr wichtig", sagt Ralf Klotzbücher, "da geht es um Dinge wie Wartung oder Ersatzteilbeschaffung." Deshalb würden auch möglichst die gleichen Geräte verwendet, zum Beispiel zur unterbrechungsfreien Stromversorgung.

Viele neuen Gebäude werden heute so verkabelt, dass sie möglichst auch künftigen Anforderungen gewachsen sind. Man spricht dabei von strukturierter Verkabelung. Im Wesentlichen geht es dabei darum, nicht für jedes Netz ein eigenes Kabel zu legen, eines für die Alarmanlage, eines für Telefonie, eines für die Computer. Über die neueren Netze lassen sich sogar kleinere elektrische Geräte wie etwa Lampen mit Strom versorgen und darüber auch steuern.

Eines der großen Projekte von Dätwyler ist die Münchner Fußballarena. Damit ein derart komplexes Gebäude funktioniert, ist die Technik besonders gefordert. "Das sind kritische Infrastrukturen", sagt Ralf Klotzbücher, "die müssen funktionieren." Vor allem eines darf nicht passieren: Das Netz muss an Spieltagen stabil bleiben. Die Daten müssen fließen, sonst geht kaum noch etwas: Von den Einlasskontrollen über die Pommes für die Kinder bis hin zu Werbebanden und Videowand.

Auch das hängt von den Kabeln ab, deren Bedeutung gerne unterschätzt wird. Das fängt an bei der Qualität des Kabels, aber auch beim Verlegen kann man viele Fehler machen. Glasfaserkabel etwa sind zwar unempfindlich gegen Störquellen wie etwa Stromkabel, dafür dürfen sie nicht geknickt werden. Und verstauben die Anschlüsse, kommt kommen die Lichtsignale nicht mehr durch die feinen Glasfasern. Außerdem müssen die verschiedenen Bauteile zusammenpassen und für die Umgebung geeignet sein; in Rechenzentren werden schließlich gerne mal Temperaturen von mehr als 30 Grad erreicht.

Das ist auch im Nahen Osten so, deshalb müssen die Anlagen aufwendig gekühlt werden. Oder, wie jetzt in einem Versuch erprobt, unter die Erde gebaut werden. Fenster braucht es in einem Rechenzentrum ja ohnehin nicht.

© SZ vom 18.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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