Baden-Württemberg gilt als Musterländle, aber die Geschäfte der Landesbank waren eine Zeit lang alles andere als mustergültig. Vor einigen Jahren zockten einige Händler des staatlichen Kreditinstituts heftig an der Börse, gemeinsam mit Partnern aus Übersee, auf Kosten des Fiskus. Nach dem Motto: überall mitmachen, nichts verpassen, und seien die Deals auch noch so dubios. Inzwischen hat die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) dem Fiskus sein Geld zurückgegeben. 150 Millionen Euro überwies das Finanzinstitut aus Stuttgart an seinen Miteigentümer, den Staat. Die Bank sagt, man habe die Folgen der fragwürdigen Geschäfte bereits "bilanziell verarbeitet".
Bei diesen Deals waren Aktien mit (Cum) und ohne (Ex) Dividendenanspruch über viele Stationen im In- und Ausland rasend schnell ge- und verkauft worden. Die Handelspartner ließen sich von den Finanzämtern, die getäuscht wurden, eine nur ein Mal entrichtete Kapitalertragssteuer mehrmals erstatten. Banken und Geldfonds sollen nach Schätzungen der Behörden den Fiskus so um einen hohen Milliardenbetrag betrogen haben. In mehr als 50 Fällen wird bundesweit ermittelt. Die Hypo-Vereinsbank, bei der es um 200 Millionen Euro geht, hat bereits hohe Beträge zurückgezahlt. Ebenso die HSH Nordbank, die 127 Millionen Euro beglich. Nun kommt die LBBW mit 150 Millionen Euro hinzu.
Eine Staatsbank, die den Staat hintergeht? Das wäre besonders dreist gewesen. Aber offenbar hat die LBBW unter ihrem Vorstandschef Hans-Jörg Vetter, der 2009 kam, die fragwürdigen Geschäfte gestoppt, aufgeräumt und reinen Tisch gemacht. Die Landesbank in Stuttgart erklärt dazu, man habe das alles selbst untersucht und die Ergebnisse sowohl dem Fiskus wie auch der Staatsanwaltschaft mitgeteilt. Die dubiosen Deals sollen aus den Jahren 2007 und 2008 stammen. Also aus der Zeit von Vetters Vorgänger Siegfried Jaschinski, unter dessen Führung die Landesbank auch sonst kräftig zockte, dabei aber gleich mehrere Milliarden Euro verlor. Die Eigner der Bank, das Land, die Sparkassen und die Stadt Stuttgart, mussten einspringen.
Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft ermittelt
Mittlerweile stehen Jaschinski und weitere frühere wie aktive Vorstände wegen Bilanzfälschung in Stuttgart vor Gericht. Die Angeklagten weisen den Vorwurf zurück. Jetzt ermittelt die Stuttgarter Staatsanwaltschaft auch wegen der verdächtigen Cum-Ex-Deals. Nicht gegen Jaschinski, aber gegen einige damalige Händler der LBBW. Um den Fiskus auszunehmen, war ein Leerverkäufer nötig, der Aktien veräußerte, die er selbst erst noch erwerben musste. Zudem bedurfte es eines ausländischen Handelspartners. Bei der LBBW war das eine US-Großbank.
In anderen Fällen mischten US-Pensionsfonds mit, die nach Erkenntnissen des Fiskus lediglich einen einzigen Pensionsberechtigten hatten, aber gleichwohl Aktien für mehr als zehn Milliarden Euro kauften und verkauften. Der Fondszweck war also gar nicht, das Geld künftiger Rentner zu vermehren. Das erwies sich als reine Fassade. Vielmehr machten sich diese Gesellschaften ein deutsch-amerikanisches Abkommen zunutze, das ihnen Steuervorteile gewährte. Hinzu kamen die Kapitalertragssteuererstattungen. Ein ausgeklügeltes System.
Der Fiskus ist internen Unterlagen zufolge bei Cum-Ex-Deals auf offenbar kriminelle "Netzwerke" von Banken, Fonds und Anwaltskanzleien gestoßen. Bis zu zwölf Firmen seien hintereinandergeschaltet worden, um Handelsketten zu schaffen, die zu mehrmaligen Steuererstattungen führten. Die Chefs solcher Firmen sollen von "Gestaltungsmodellen" gesprochen haben, die von Banken und Steueranwälten in großem Stil angeboten worden seien. Inklusive Rechtsgutachten, in denen das alles für legal erklärt worden sei, wegen einer bis 2012 bestehenden Gesetzeslücke.
Jetzt reagiert der Staat dafür umso härter
Das Bundesfinanzministerium hält diese Geschäfte trotzdem für illegal. So sehen das auch Staatsanwälte, nicht nur in Stuttgart. In Unterlagen des Fiskus heißt es, diese "Gestaltungsmodelle" seien in der Geldbranche bereits ab 1999 angeboten worden seien. Aber erst zehn Jahre später hätten die Finanzbehörden dem "intensiv" entgegengewirkt.
Die bundesweiten Ermittlungen begannen noch später, erst 2012, als die Gesetzeslücke geschlossen worden war. Dafür reagiert der Staat jetzt umso härter. Die rot-grün regierten Länder Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen wollen über eine Bundesratsinitiative durchsetzen, dass die Bankenaufsicht schärfer gegen Steuerdelikte vorgehen kann. Das soll bis zur Schließung von Geldinstituten reichen, die den Fiskus systematisch hintergehen, wie beispielsweise früher bei Cum-Ex-Deals.
Zu denen, die jetzt durchgreifen wollen, gehört auch Baden-Württembergs Finanzminister Nils Schmid (SPD). Dass ausgerechnet die eigene Landesbank geschlossen wird, muss Schmid nicht befürchten. Die LBBW hat schließlich aufgeräumt und gezahlt.