Banken:Die echten Probleme kommen erst

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Das Braunkohlekraftwerk Jänschwalde in Brandenburg: Schärfere Regeln belasten klimaschädliche Industrien - das hat auch Folgen für die Finanzbranche. (Foto: Patrick Pleul/dpa)

Corona-Pandemie und Klimaveränderung: Aufsichtsbehörden warnen vor Gefahren für die Stabilität der Finanzmärkte.

Von Björn Finke und Markus Zydra, Frankfurt/Brüssel

Die Europäische Zentralbank warnt vor großen Gefahren für die Finanzstabilität in der Währungsunion. "Die geringe Profitabilität der Banken, die es schon lange gibt, ist nun in der Corona-Pandemie ein richtiges Problem", sagte EZB-Vizepräsident Luis de Guindos am Mittwoch bei der Vorstellung des Finanzstabilitätsberichts. Im kommenden Jahr müsse man mit einem Anstieg der faulen Kredite in den Bankbilanzen rechnen. Daher sei es wichtig, dass die Kreditinstitute entsprechende Verlustpuffer bildeten. Denn durch die Corona-Krise drohen viele Firmenpleiten, Kredite werden ausfallen. Im schlimmsten Fall rechnet die EZB deshalb mit Darlehen in Höhe von 1,4 Billionen Euro, deren Rückzahlung gefährdet sein könnte. Das entspräche mehr als einer Verdoppelung der aktuellen Summe.

Aus diesem Grund dürfen Europas Finanzinstitute auf Geheiß der EZB-Bankenaufsicht derzeit keine Dividenden und Boni auszahlen. Das Geld muss für schlechte Zeiten zurückgelegt werden. Insgesamt ist Europas Bankensektor deutlich besser kapitalisiert als zu Zeiten der Finanzkrise vor zwölf Jahren, doch noch immer gibt es zu viele Institute, einige von ihnen ohne profitables Geschäftsmodell.

Die Frankfurter Notenbank warnt Europas Regierungen davor, ihre Unterstützung für die Wirtschaft abrupt zu beenden, weil die Firmen ansonsten verwundbarer sein könnten "als auf dem Höhepunkt der globalen Finanzkrise". Auch auf den Immobilienmärkten sieht die EZB höhere Risiken, nach acht Jahren Boom aufgrund der Nullzinspolitik. Die Preise für Wohnimmobilien der Euro-Zone seien im ersten Halbjahr um fünf Prozent gestiegen, doch könnten der starke Wirtschaftseinbruch, der Anstieg der Arbeitslosigkeit sowie das schwindende Verbrauchervertrauen "Gegenwind" erzeugen. Bei Gewerbeimmobilien könnte es ebenfalls zu Verwerfungen kommen, wenn die Investments aus dem Ausland plötzlich abnähmen und sich die Nachfrage nach Büroraum aufgrund der Pandemie verringere.

Neben der EZB veröffentlichte auch der Finanzstabilitätsrat FSB eine Untersuchung zu Risiken - und zwar mit Blick auf den Klimawandel. Zu diesem Financial Stability Board gehören Notenbanken, Finanzministerien und Aufsichtsbehörden großer Wirtschaftsnationen, darunter die EZB und die EU-Kommission. Das Gremium aus Basel beschäftigt sich schon länger mit den Folgen der Erderwärmung für die Finanzindustrie und präsentierte nun eine 35-seitige Studie. Deren Fazit lautet, dass die Risiken für die Branche "vergleichsweise moderat" seien, wobei eine "präzise Bestimmung schwierig" sei.

Wirbelstürme, Überschwemmungen und Waldbrände schaden Vermögenswerten, etwa Immobilien oder Aktienkursen

Die Fachleute untersuchten zum einen die direkten Schäden durch den Klimawandel. Kommt es häufiger zu Wirbelstürmen, Überschwemmungen und Waldbränden, belastet das Vermögenswerte, etwa Immobilien oder Aktienkurse. Die Kreditwürdigkeit betroffener Unternehmen würde sich ebenfalls verringern. Dies könnte bei Banken, Anlagegesellschaften und Versicherern zu Verlusten führen.

Zum anderen analysierte der Stabilitätsrat, wie sich der Wandel hin zu einer klimafreundlicheren Wirtschaft auf die Finanzbranche auswirkt. So würden die Aktienkurse und die Kreditwürdigkeit in schmutzigen Industrien leiden. Die Experten schreiben aber, dass solche Firmen in den Kredit- und Anlageportfolios der Banken keine große Rolle spielten, so dass "ein geordneter Übergang" zu einer grünen Wirtschaft vermutlich keine Gefahr für die Finanzstabilität bedeuten würde. Sie warnen jedoch, dass ein abrupter Politikwandel, etwa unerwartet scharfe Klimaschutz-Regeln, sehr wohl die Stabilität der Geldbranche erschüttern könnte.

Die Studie kommt zu einem spannenden Zeitpunkt, weil die EU-Kommission Anfang 2021 eine überarbeitete Strategie zur nachhaltigen Finanzierung präsentieren wird. Da geht es darum, mehr Kapital in Öko-Investitionen zu lenken und sicherzustellen, dass die Finanzbranche Klimarisiken bei ihren Geschäften berücksichtigt. Dann könnten sich zum Beispiel Kredite an Gaskraftwerksbetreiber verteuern. Die Europäische Investitionsbank, das EU-Förderinstitut, hat bereits vor einem Jahr beschlossen, Kohle- und Gasmeiler nicht länger zu finanzieren.

Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber fordert, dass sich die Kommission bei ihren Vorschlägen die Ergebnisse der FSB-Studie zu Herzen nimmt: "Die meisten Banken und Versicherer haben sehr geringe direkte Klimarisiken in ihren Portfolios", sagt der wirtschaftspolitische Sprecher der europäischen Christdemokraten. Klimarisiken seien "ein Thema, das wir ernst nehmen müssen, aber systematisch und keinesfalls überstürzt angehen sollten: Überzogene und überhastete Regulierung wird eher schaden als helfen".

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