Commerzbank:Ein Fall für Bär und Fuchs

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Nun trifft es auch die Commerzbank: Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Deals zulasten der Steuerzahler. Ausgerechnet. Das Institut wurde in der Krise mit vielen Milliarden gerettet.

Von Klaus Ott

Die Behörden in Hessen sind nicht nur hartnäckig, wenn es um mutmaßliche Steuerdelikte großen Ausmaßes geht, sondern auch einfallsreich. Der Fiskus und die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt haben für spezielle Aktiendeals zu Lasten des Staates spezielle Ermittlungsgruppen gebildet, die mal Bär und mal Fuchs und mal ganz anders heißen. Sie kümmern sich um Fälle, bei denen Banken und deren Partner die Finanzbehörden schwer betrogen haben sollen.

Nun kommt ein weiterer Fall hinzu: Die Commerzbank. Auch das zweitgrößte deutsche Geldinstitut steht jetzt unter Verdacht, beim Handel von Aktien mit (cum) und ohne (ex) Dividende dazu beigetragen zu haben, den Fiskus auszunehmen. Mit trickreichen Deals, bei denen Banken und Fonds sich eine nur einmal gezahlte Steuer mehrmals erstatten ließen. Mit Deals, bei denen die Behörden lange nicht mitbekamen, was lief. Und bei denen der Staat eine Gesetzeslücke, die solche Geschäfte technisch möglich machte, aber nach Ansicht der Ermittler nicht erlaubte, erst spät schloss.

Ausgerechnet die Commerzbank. Ein Geldinstitut, das während der großen Bankenkrise im vergangenen Jahrzehnt vom deutschen Staat mit 18 Milliarden Euro gerettet worden war, mit Steuermitteln also. Und das jetzt nicht zum ersten Mal mit Geschäften auffällt, bei denen die Steuerzahler geschädigt wurden oder geschädigt worden sein sollen. Die Commerzbank wurde erst im Februar 2015 von der Staatsanwaltschaft Köln durchsucht. Die Luxemburger Tochter hatte früher zahlreichen Kunden Briefkastenfirmen aus Panama vermittelt. Dort konnten die Klienten Vermögen vor dem Staat verstecken. Nachdem dies aufgeflogen war, kooperierte die Commerzbank mit den Behörden und erhielt Ende 2015 wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung einen Bußgeldbescheid über 17 Millionen, den das Geldinstitut akzeptierte.

In etwa zu dieser Zeit gab der Vorstand auch eine Untersuchung in Auftrag, die jetzt zu dem Verfahren bei der Generalstaatsanwaltschaft führte. Die Commerzbank ließ sich von der Wirtschaftsprüfgesellschaft PwC daraufhin durchleuchten, ob man in fragwürdige Cum-Ex-Deals verwickelt sei. Die Prüfer stießen auf verdächtige Aktien-Geschäfte. Gelaufen sein sollen die Deals bis 2008; in etwa bis zur Rettung der Bank durch den Staat, der damals notgedrungen einstieg und bis heute Großaktionär ist und 15 Prozent der Aktien hält. Nun steht die Staatsbank unter Verdacht, früher den Staat geschädigt zu haben. Immerhin hat das Geldinstitut die Frankfurter Finanz- und Ermittlungsbehörden über das Zwischenergebnis von PwC informiert.

Nun ist auch die Commerzbank ein Fall für Bär und Fuchs. Das Institut äußert sich nicht zu dem Ermittlungsverfahren. Das hätte schon einige Jahre früher kommen und für die Commerzbank vielleicht sogar schon beendet sein können, wenn das Institut nicht so spät reagiert hätte. Dass Staatsanwälte und Steuerfahnder solchen Aktiendeals nachgehen, ist bereits seit Ende 2012 bekannt. Damals wurde die Hypo-Vereinsbank in München von der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt durchsucht. Die Commerzbank hätte guten Anlass gehabt, ihre eigenen Cum-Ex-Deals zu überprüfen. Doch sie ließ sich damit jahrelang Zeit. So lange, bis sie wegen der Panama-Geschäfte unter Druck geriet und sich endlich entschloss, mögliche Steuervergehen umfassend aufzuarbeiten.

Das Institut soll noch einen weiteren Kniff angewandt haben

Wirklich umfassend? Auch da bestehen Zweifel. Die Commerzbank soll auch in sogenannte Cum-Cum-Geschäfte verwickelt sein. Bei diesen Börsendeals ging es nicht darum, dem Staat Geld wegzunehmen, das sich bereits in den Staatskassen befindet. Steuerdiebstahl sozusagen, sofern die Justiz das so sehen würde. Bei Cum-Cum ging es vielmehr darum, dem Staat Steuern vorzuenthalten, die normalerweise auf Dividenden fällig werden. Der Schaden für den Fiskus soll auch hier in die Milliarden gehen. Der Trick bei Cum-Cum: Durch das Hin- und Herschieben von Aktien zwischen In- und Ausland, vor und nach der Dividendenzahlung, sollen Banken und Investoren eigentlich fällige Abgaben vermieden haben. Und sie sollen sich den Profit auf Kosten des Staates hinterher geteilt haben.

Anders als bei Cum-Ex hat das Bundesfinanzministerium aber nach eigener Darstellung bei Cum-Cum bislang keine Anhaltspunkte für kriminelle Machenschaften. Man halte, so das Ministerium, solche Geschäfte gleichwohl für "illegitim, weil ihr einziger Zweck ist, die rechtmäßige Besteuerung von Dividenden zu umgehen". Cum-Cum, so die Lesart des Ministeriums, soll also anders als Cum-Ex nur anrüchig sein, nicht aber strafbar. Ob Staatsanwälte wie jene in Frankfurt das genauso sehen, bleibt abzuwarten. Es wäre nicht verwunderlich, würden Bär und Fuchs und andere Ermittlungsgruppen nach Cum-Ex nun auch Cum-Cum untersuchen. Um zu klären, ob auch hier Strafverfahren angebracht wären.

Neben Bär und Fuchs bestehen in Frankfurt weitere Ermittlungsgruppen namens Duplo I und Duplo II. Sie untersuchen auch die Hypo-Vereinsbank (HVB), die, anders als die Commerzbank, den Behörden längst alles offen gelegt hat.

© SZ vom 10.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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