Klimaschutz:Verbraucherschützer befürworten CO₂-Bepreisung

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Ginge es nach Umweltministerin Svenja Schulze, könnte beispielsweise ein Liter Diesel in gut zehn Jahren etwa 1,80 Euro kosten. (Foto: Markus Spiske/unsplash)
  • Verbraucherschützer befürworten die CO₂-Bepreisung auf fossile Energien wie Heizöl, Erdgas, Benzin und Diesel.
  • Die Pläne von Umweltministerin Schulze sehen vor, die Preise bis 2030 um insgesamt 50 Cent anzuheben. In gut zehn Jahren würde ein Liter Diesel damit etwa 1,80 Euro kosten.

Von Markus Balser, Berlin

Das Klima schützen und dafür den Sprit teurer machen? Das kann mitunter unerwartete Folgen haben, vor allem dann, wenn sich die Bürger überrumpelt fühlen. Das zeigt das Beispiel Frankreich, wo höhere Energiesteuern Ende vergangenen Jahres die Gelbwestenproteste auslösten. Wann immer über die Pläne der deutschen Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) für die Einführung eines CO₂-Preises gesprochen wird, geht es deshalb um ein Wort: Akzeptanz.

Nun melden sich dazu erstmals diejenigen zu Wort, die zahlen müssten: Verbraucher und ihre Vertreter. Während sich die große Koalition wegen der Pläne immer heftiger streitet, signalisiert Deutschlands höchster Verbraucherschützer Klaus Müller Zustimmung für steigende Sprit- und Energiepreise. Umfragen machten sehr deutlich: "Die Verbraucher wollen das", sagt der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) der Süddeutschen Zeitung. "Wir sprechen uns für eine CO₂-Bepreisung auf fossile Energien wie Heizöl, Erdgas, Benzin und Diesel als Anreiz für klimafreundliches Verhalten aus."

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Umweltministerin Svenja Schulze will Sprit und Heizöl stärker besteuern. Wirtschaftsminister Peter Altmaier hält ihr Konzept für ungeeignet.

Erst am Freitag hatte die Umweltministerin ihre Pläne skizziert. Von 2020 an soll es demnach über die Energiesteuern einen Aufschlag auf Diesel, Benzin, Heizöl und Erdgas geben. Zum Start könnten sich etwa Sprit und Heizöl um zehn Cent verteuern. Die Pläne sehen vor, die Preise bis 2030 um insgesamt 50 Cent anzuheben. In gut zehn Jahren würde ein Liter Diesel damit statt aktuell rund 1,30 Euro etwa 1,80 Euro kosten. Für Müller ist das ein harter, aber sinnvoller Plan: "Deutschland wird seine Klimaziele ohne zusätzliche Maßnahmen deutlich verfehlen", sagt er. Trotz der Kosten für die Verbraucher müsse die Regierung gegensteuern. "Wenn die Politik jetzt nicht handelt, werden die Kosten für die Generation unserer Kinder noch deutlich höher als für uns heute."

Die Einnahmen müssten komplett an die privaten Verbraucher zurückfließen, fordert Müller

Eine Umfrage des vzbv bei 1000 Bundesbürgern hatte gezeigt, dass 53 Prozent der Deutschen das Instrument CO₂-Preis kennen, zwei Drittel der Befragten würden die Abgabe unterstützen. Allerdings nur dann, wenn der Staat die Steuer nicht einfach einstreicht. Und so stellen auch Verbraucherschützer Forderungen: Die Einnahmen müssen komplett an die Gruppe der privaten Verbraucher zurückfließen, heißt es in einem Positionspapier des Verbands. Mit den höheren Preisen dürfe es keine Entlastungen für andere Gruppen wie Industrie oder Gewerbe geben, sagt Müller. Angesichts schwindender Steuereinnahmen sei "die Gefahr groß, dass die Bundesregierung eine solche Abgabe auch als Einnahmequelle sieht", warnt der Verbandschef und kündigt für diesen Fall Widerstand an. "Wenn der Staat die Hand aufhält, machen wir das in keinem Fall mit. Die Gelbwestenproteste in Frankreich sind zwar nicht eins zu eins auf Deutschland übertragbar. Aber auch hier wird es einen CO₂-Preis nur geben, wenn die Akzeptanz der Verbraucher da ist."

Schulze hatte zwar in Aussicht gestellt, dass die Einnahmen für klimafreundlichen Konsum zurück an Verbraucher fließen sollen - bislang aber offengelassen, wie das funktionieren soll. "Möglich wäre es, zum Beispiel Klimaschecks an jeden Bürger oder Haushalt auszuzahlen", so Müller. Allerdings warnt der Verbraucherschützer vor radikalen Preissprüngen. Zwar sei klar, dass der Verkehr in den nächsten zehn bis 15 Jahren deutlich teurer werde. Der Einstieg in dieses System solle aber mit kleinen Schritten starten. "Man muss den Menschen die Chance geben, sich ohne Verwerfungen an ein neues System anzupassen. Niemand sollte auf die Idee kommen, den Benzinpreis von Anfang an um 50 Prozent zu erhöhen", warnte Müller. Nicht jeder könne im Handumdrehen auf E-Autos, Busse oder Bahnen umsteigen. "Auf dem Land gibt es bislang kaum Alternativen zum Auto."

Während sich Verbraucher mit dem Aufpreis zum großen Teil arrangieren, eskaliert in der Bundesregierung der Streit über Schulzes Plan. "Wir müssen als Regierung mehr tun beim Klimaschutz. Mit diesem Vorschlag schaffen wir das aber nicht: Weil er viele belastet, ohne den CO₂-Ausstoß nachhaltig zu reduzieren", kritisierte Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) in der Bild am Sonntag. "Für mich ist wichtig, dass wir keine Arbeitsplätze verlieren und dass die ländlichen Räume nicht benachteiligt werden." Auch der ADAC warnt vor Belastungen für Pendler. "Mobilität muss für alle weiterhin möglich und bezahlbar sein", sagte Vizepräsident Gerhard Hillebrand. "Unter dem Deckmantel des Klimaschutzes darf es nicht zu einem Teuerungswettlauf kommen."

Schulze will ihren Vorschlag Ende des Monats im Klimakabinett diskutieren. Sie spricht sich für die schrittweise Einführung eines CO₂-Preises beim Tanken und Heizen aus. Die Milliardeneinnahmen könnten als "Klimaprämie" an die Bürger zurückfließen. Klimafreundliches Verhalten solle so belohnt werden, sagte Schulze.

© SZ vom 08.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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