Chinesische Topmanagerin Ji:Audis Liebling

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Frauen in Führungspositionen - in China ist das völlig normal: Ji Hongbo leitet eine der größten Autowerkstätten der Welt. Mit Kino, Friseur und Einkaufszentrum.

Michael Kuntz

Am Nachmittag herrscht so viel Betrieb wie in der Schalterhalle eines Hauptpostamtes. Dabei handelt es sich bei dem gläsernen Neubau um eines der modernsten Autohäuser in der chinesischen Hauptstadt Peking. Und um eines der größten des deutschen Herstellers Audi weltweit.

Audi-Managerin Ji: Statussymbole gefragt. (Foto: Foto: Kuntz)

Nicht nur das Gewimmel der Menschen zwischen den ausgestellten Autos und den Schaltern ist anders als sonstwo auf der Welt. Die Managerin Ji Hongbo hat hier ein ziemlich einmaliges Konzept verwirklicht. Beijing DAD Automobile Sales kümmert sich nicht nur um die Autos, sondern auch um ihre Fahrer. Neben den Gebäuden mit den 36 Werkstattplätzen steht eine Art Einkaufscenter. Im Erdgeschoss wirkt es mit einem Supermarkt für Autozubehör recht konventionell, wenn auch origineller als die Ersatzteiltheke in einer deutschen Werkstatt.

Die Rolltreppe in der Mitte des Raumes führt dann in eine Welt, wie sie nur wenige Autohäuser ihrer Kundschaft zur Überbrückung lästiger Wartezeiten bieten. Da gibt es ein Kino mit mehr als hundert Plätzen, das von 9.30 bis 17 Uhr geöffnet ist. Da sind Friseur, Internetcafé, Zeitungskiosk, Kaffeebar, zwei Billardtische, Tischtennisplatten und eine vier Meter lange elektrische Autorennbahn für kleine und große Kinder. Die VW-Finanzierungsfirma ist vertreten, ein paar Boutiquen für Kleidung, Schuhe und Lederwaren gibt es auch.

Frauen empfiehlt sie den Q5

Alles auf den 2000 Quadratmetern wirkt großzügig und gediegen wie eine Hotelhalle oder eine Flughafen-Lounge. In einer von vier Vitrinen mit Pokalen steht die Auszeichnung für den zweiten Platz beim weltweiten Wettbewerb der Audi-Händler im vergangenen Jahr.

Kunden, die den hauseigenen Vergnügungstempel verschmähen, gehen nicht leer aus. Sie bekommen Gutscheine für Taxi oder Linienbus. Einen Abholservice gibt es zusätzlich für jene Autobesitzer, die ihren Wagen nicht einmal in eine solche Werkstatt begleiten mögen. Der Aufwand scheint sich zu lohnen. Denn die chinesische Firmengruppe ist nicht nur Audi-Händler, sondern betreibt gleich nebenan eine Vertretung für Nutzfahrzeuge von Mercedes und baut ein Zentrum für Gebrauchtwagen auf.

"Wir wollen nicht nur einer der größten, sondern auch einer der besten Händler sein", sagt Ji Hongbo, die Geschäftsführerin der Beijing DAD Automobile Sales, die sich dafür alles Mögliche ausdenkt, was in der Branche überhaupt nicht üblich ist. Sie ist 45 Jahre alt, verheiratet und hat ein Kind. Sie studierte an der Auto-Universität in Changchun im Norden des Landes Design und zog danach 1986 in die Hauptstadt. Sie arbeitete bei Importeuren verschiedener Automarken. Seit sieben Jahren ist sie bei Beijing DAD Automobile Sales, seit sechs Jahren in der Geschäftsführung. Es ist nicht ungewöhnlich in Peking, dass eine Frau eine Autofirma leitet. Von den elf größten Händlern in der Stadt werden vier von Frauen gesteuert.

Lesen Sie im zweiten Teil, auf welche Autos chinesische Frauen stehen - und warum Frau Jis Autowerkstatt bald erweitert werden muss.

Frau Ji und ihre Mannschaft verkaufen im Jahr mehr als 2000 Wagen der Marke Audi, das sind ungefähr so viele, wie die Audi-Tochter Lamborghini produziert. Etwa die Hälfte der 320 Mitarbeiter reparieren bis zu 400 Fahrzeuge am Tag in der Werkstatt. An einem normalen Tag sind es 200 Autos.

Die Managerin blickt optimistisch in die Zukunft. Vom kleinen Geländewagen Q5 erhofft sie sich einen ordentlichen Schub für das Geschäft. Chinesische Frauen stehen total auf diese Art von Autos, sagt sie. Und der luxuriöse Kleinwagen A1 könnte rechtzeitig kommen für "eine wohlhabende Schicht in China, die heranwächst mit veränderten Wünschen". Also chinesische Aufsteiger, für die das Auto Statussymbol ist.

Vierte Etage geplant

Das Audi-Zentrum liegt nahe der vierten Ringstraße, die den Flughafen mit dem Olympischen Dorf verbindet. 700.000 Fahrzeuge fahren hier auf dieser Art Hochstraße vorbei - täglich. Darunter werden etliche der 5000 Autos sein, die von der Volkswagen Group China dem Nationalen Olympischen Komitee zur Verfügung gestellt werden. Der Audi-Mutterkonzern VW ist seit 1985 in China aktiv als Minderheitspartner in zwei Gemeinschaftsunternehmen mit staatlichen Autoherstellern.

Die Produktion begann am 1. September 1985 mit der Serienfertigung der damals auch noch in Europa verkauften Stufenhecklimousine VW Santana in Shanghai. In seinem Volkswagen-Pavillon auf dem Olympiagelände in Peking erwartet der größte Autokonzern Europas pro Tag 160.000 Gäste, vier Millionen insgesamt.

Die Managerin Ji Hongbo wird zum Turmspringen und vielleicht noch zu dem einen oder anderen Volleyball-Spiel gehen - beziehungsweise in ihrem silbergrauen Audi A6 fahren. Ihr Chef, der Unternehmer Shi Gui Yuan, will noch ein viertes Stockwerk auf sein Gebäude setzen. Das gibt nicht nur mehr Platz. Das Autohaus ist dann auch besser von der Ringstraße aus zu sehen.

© SZ vom 07.08.2008/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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