Monopolkommission:Gekommen um zu kaufen

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2016 wurde die Augsburger Kuka von der chinesischen Midea übernommen. Der Fall sorgte für einiges Aufsehen. (Foto: dpa)

Zum Schutz deutscher Firmen sollen die strengen EU-Beihilferegeln auch auf chinesische Investoren angewendet werden.

Von Caspar Busse, München

Der erste große Fall war Kuka, aber die Liste ist bereits lang: 2016 hat der chinesische Haushaltsgerätehersteller Midea die Roboterfirma aus Augsburg übernommen. Seitdem sind eine ganze Reihe von oft mittelständischen Firmen an chinesische Eigentümer gegangen. Gerade gerät ein besonders prominenter Name ins Visier: Beim Stuttgarter Autobauer Daimler wächst die Angst, in chinesische Hände zu geraten. Zwei Investoren aus China halten zusammen bereits 15 Prozent und könnten weiter aufstocken. Die seien, so die Befürchtung, vor allem an der guten Marke und an Technologie interessiert.

Um europäische Unternehmen besser vor dem Zugriff staatlich subventionierter Konzerne aus China zu schützen und Wettbewerb zu garantieren, haben Experten jetzt einen konkreten Vorschlag gemacht. Subventionen, die Drittländer wie China ihren Unternehmen gewähren, sollten europäischen Beihilfen gleichgestellt werden, fordert die Monopolkommission in ihrem Hauptgutachten mit dem Titel "Wettbewerb 2020", das an diesem Mittwoch in Berlin an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier überreicht werden soll. Die Monopolkommission, die vom Wirtschaftswissenschaftler Achim Wambach geleitet wird, ist ein unabhängiges Gremium, das die Bundesregierung vor allem in Wettbewerbsfragen berät. Das Hauptgutachten erscheint alle zwei Jahre.

"Der chinesische Staat greift zur Erreichung seiner wirtschaftspolitischen Ziele in vielfältiger Weise, unter anderem mit Subventionen an staatliche und private Unternehmen, in das Wirtschaftsgeschehen ein"

"Der Schutz europäischer Unternehmen bzw. der europäischen Marktwirtschaft ist nach bestehenden Regeln in bestimmten Situationen lückenhaft", stellt die Kommission fest. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn Drittstaaten Subventionen leisten. Diese Unternehmen könnten dann Wettbewerbsvorteile gegenüber nicht-subventionierten Konkurrenten erlangen und Marktanteile erobern.

Zudem gebe es Probleme, wenn staatlich gestützte Unternehmen Firmen in Europa übernehmen, oft nicht aus wirtschaftlichen, sondern aus politisch-strategischen Gründen. "Der chinesische Staat greift zur Erreichung seiner wirtschaftspolitischen Ziele in vielfältiger Weise, unter anderem mit Subventionen an staatliche und private Unternehmen, in das Wirtschaftsgeschehen ein", heißt es in dem Gutachten. Die Eingriffe wirkten sich immer mehr zum Nachteil europäischer Firmen aus. Die Kommission empfiehlt deshalb dringend die Einführung eines sogenannten Drittlandsbeihilfeinstruments. Damit würden Subventionen von nicht-europäischen Unternehmen den Beihilfen innerhalb der EU gleichgestellt. So könnte die EU-Kommission subventionsbedingte Vorteile abschöpfen und auch Übernahmen prüfen oder gegebenenfalls stoppen.

Eine ähnliche Initiative hatte die EU-Kommission bereits im Juni vorgestellt. Ausländische Konzerne, die mehr als 35 Prozent einer EU-Firma mit einem Umsatz von mehr als 100 Millionen Euro kaufen wollen, sollen künftig die Kommission unterrichten müssen, wenn sie in den vergangenen drei Jahren mehr als zehn Millionen Euro Staatshilfe erhalten haben, heißt es in einem sogenannten Weißbuch, das in einem Gesetzentwurf münden soll.

Der Vorschlag der Monopolkommission ist nun noch grundsätzlicher, weil demnach alle Subventionen Beihilfen gleichgesetzt werden. Solche Beihilfen innerhalb Europas werden von der EU-Kommission streng geprüft. "Die Wettbewerbsordnung in der Krise zu stärken, wird eine große Aufgabe der deutschen Ratspräsidentschaft sein", schreibt die Monopolkommission.

Aber nicht nur die zunehmende Gefahr aus China macht den Wettbewerbsexperten Sorgen. Die Corona-Krise gefährde die wirtschaftliche Stabilität nachhaltig, dadurch könnte die Konzentration auf vielen Märkte zunehmen. Das Wettbewerbsrecht solle deshalb weiter strikt angewendet und nicht aufgeweicht werden, alle Beihilfen genau überprüft werden. Die geplanten Milliardenhilfen für die Deutsche Bahn etwa, die angesichts der Corona-Epidemie in wirtschaftlicher Not ist, könnten dem Wettbewerb im Transportsektor schaden, wenn diese nicht allen Wettbewerbern zugute kämen. Der Busbetreiber Flixbus erwägt bereits eine Klage, wenn die EU-Kommission keine Auflagen erteilt. Bei dem milliardenschweren Hilfsprogramm für Lufthansa gab es Auflagen, Start- und Landerechte müssen abgegeben werden.

In der Corona-Krise könnte auch die Marktmacht großer digitaler Plattformen in Europa weiter zunehmen, warnt die Kommission. Den Plattformunternehmen müssten deshalb "Verhaltenspflichten" auferlegt werden. So müssten die Plattformen für Wettbewerb geöffnet werden. Das Bundeskartellamt geht derzeit gegen Facebook vor und hat dem Buchungsportal Booking Auflagen gemacht. Bei der EU-Kommission gibt es ein förmliches Verfahren gegen Amazon, gegen Google wurden hohe Strafen verhängt.

© SZ vom 29.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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