Brexit:EU-Austritt bedroht deutsche Autojobs

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Ohne Handelsvertrag für die Zeit nach 2021 könnten deutsche Zulieferer 14000 Stellen streichen, lautet das Ergebnis einer Studie.

Von Björn Finke, London

Briten mögen Autos made in Germany. Für deutsche Fahrzeugfabriken ist das Königreich der wichtigste Auslandsmarkt. Britische Automanager mögen auch deutsche Zulieferteile. Für Zulieferer in der Bundesrepublik ist die Insel der größte europäische Exportmarkt. In britischen Autowerken stammt jedes fünfte Teil aus Deutschland. Der EU-Austritt im März 2019 könnte diese Geschäfte erschweren. Am Handel mit dem Königreich hängen direkt und indirekt 42 500 Jobs bei Autozulieferern in Deutschland. Jeder dritte wäre durch einen harten Brexit gefährdet. Dies ist das Ergebnis einer Branchenstudie der Wirtschaftsprüfer von Deloitte, die am Donnerstag veröffentlicht wird.

Insgesamt beschäftigen Zulieferer in der Bundesrepublik 307 000 Menschen. Hinzu kommen die Angestellten der Zuliefertöchter von Autokonzernen. Die Fachleute von Deloitte untersuchen die Folgen eines harten Austritts: Großbritannien und die EU können sich also nicht auf eine Übergangsregelung oder einen Freihandelsvertrag einigen. In dem Fall würden nach dem Brexit die Regeln der Welthandelsorganisation WTO gelten, und die sehen Zölle von zehn Prozent auf Autos vor und von 4,5 Prozent auf Zulieferteile. Außerdem hat das Pfund seit der Volksabstimmung deutlich an Wert verloren. Die Experten gehen für ihre Berechnungen davon aus, dass die Devise so schwach bleibt.

Etwa 30 deutsche Autozulieferer betreiben Fabriken in Großbritannien

Die Abwertung und Zölle würden Fahrzeuge aus der EU auf dem britischen Markt, dem zweitgrößten Europas, kräftig verteuern. Zugleich würden die Zölle Autos aus britischer Produktion in der EU etwas teurer machen. Einige Kunden im Königreich und auf dem Festland würden darum auf den Kauf verzichten oder auf billigere Modelle ausweichen. Den Autoherstellern entgeht dadurch Umsatz. Das bedroht 18 000 Jobs allein in deutschen Autofabriken, wie Deloitte in einer früheren Studie vorgerechnet hat. Die Manager werden auch weniger bei ihren Zulieferern ordern. Nach Schätzungen von Deloitte lässt der harte Brexit auf diese Weise die Umsätze deutscher Zulieferer um 3,8 Milliarden Euro schrumpfen. Das gefährdet 14 000 Jobs.

Am stärksten werden die Rückgänge im Geschäft mit EU-Autoproduzenten sein, die weniger im Königreich absetzen können. Doch auch die Exporte deutscher Zulieferer nach Großbritannien werden sinken. Etwa 30 deutsche Zulieferer betreiben zudem Fabriken im Königreich. Diese Konzerne leiden besonders unter der Unsicherheit über die Handelsbeziehungen.

London und Brüssel wollen sich bis Ostern auf eine Übergangsregelung für die Zeit nach dem Brexit bis 2021 einigen. Bis Herbst sollen Grundzüge eines Handelsabkommens für die Jahre danach stehen. Der Vertrag würde die Einführung von Zöllen verhindern. Ein Scheitern der Gespräche würde vor allem der britischen Wirtschaft schaden - und zugleich manch wichtiger Branche in Deutschland.

© SZ vom 11.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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