BP: Dudley greift ein:Der amerikanische Freund

Lesezeit: 3 min

Hart im Nehmen und dennoch konziliant: Im Kampf gegen die Ölpest im Golf von Mexiko stellt der britische BP-Konzern seinem Chef Tony Hayward einen erfahrenen Krisenmanager zur Seite. Der größte Vorteil von Bob Dudley: Er ist Amerikaner.

Diesen Moment, in dem er aus dem Schatten an die Öffentlichkeit tritt, hätte sich Bob Dudley vermutlich anders vorgestellt. Einen Augenblick lang war er schon der neue Frontmann von BP in Amerika, nachdem die US-Medien den BP-Chef Tony Hayward zum "Gesicht der Ölpest" erklärt hatten. Hayward "übergibt jetzt das Tagesgeschäft an Bob Dudley, er wird häufiger zuhause und dort und hier sein", hatte BP-Chairman Carl-Henrik Svanberg den britischen Nachrichtenjournalisten von Sky News gesagt.

Tony Hayward (links) und Bob Dudley im Weißen Haus: Der BP-Chef wird von Dudley auch künftig bei der Bekämpfung der Ölpest eskortiert. (Foto: ap)

Doch postwendend folgte die blamable Berichtigung durch Chefaufseher Svanberg: Nein, Hayward werde weiterhin die Krise am Golf von Mexiko bekämpfen, er bekomme mit Dudley nur einen zweiten Mann an die Seite gestellt. Zwischen den beiden Spitzenmanagern solle es künftig eine Aufgabenteilung geben: Hayward bleibe Herr des Krisenmanagements, Dudley verantworte die langfristige Aufarbeitung der Katastrophe.

Diese Nachsorge dürfte etliche Jahre in Anspruch nehmen - und genau deswegen festigt Dudley nun seine Position als Thronanwärter im BP-Konzern.

Von Südstaatler zu Südstaatler

Dudleys größtes Plus gegenüber Hayward in der verfahrenen Lage: Er ist Amerikaner. Die Stimme von British Petroleum in Amerika wird nicht mehr nur einen britischen Akzent haben. In New York geboren, wuchs der 54-jährige Dudley im Bundesstaat Mississippi auf und kennt die ölverdreckten Strände aus seiner Jugendzeit. Den Austernzüchtern und Garnelenfischern, denen die Ölpest nun das Geschäft verdirbt, kann er daher von Südstaatler zu Südstaatler entgegen treten.

Dudley verfügt über jahrzehntelange Erfahrung im Ölgeschäft. Der Chemie-Ingenieur mit MBA arbeitete zuvor für Amoco, bevor der US-Konzern mit BP fusionierte. Vor etwa einem Jahr wurde Dudley schließlich geschäftsführender Direktor, nachdem er zuvor etliche Krisen für BP rund um den Globus gemanagt hatte. Seine Missionen führten ihn unter anderem nach China, Angola, Algerien und Ägypten. In Russland führte er die Tochtergesellschaft TNK-BP, die für den britischen Konzern aufgrund ihrer hohen Ölreserven von entscheidender Bedeutung ist.

Im Streit mit den russischen Anteilseignern des Gemeinschaftsunternehmens erlebte er Bizarres: Es kam zu Razzien in BP-Geschäftsräumen durch russische Behörden, Mitarbeiter erhielten keine Arbeitspapiere, und sogar Dudley musste für einige Tage untertauchen. Die wüste Auseinandersetzung führte schließlich zu einer De-facto-Ausweisung des Managers, der für BP in Russland aber einen hervorragenden Job erledigt hatte: TNK-BP hatte in seiner Ära die Produktion um 26 Prozent gesteigert.

"Wir verstehen den Ärger der Menschen"

Dudley gilt außerdem als guter Diplomat - eine Stärke, die BP-Chef Hayward zuletzt nicht zeigte. "Wir verstehen den Ärger der Menschen, besonders wenn ihr Leben nun davon betroffen ist", sagte Dudley kürzlich dem US-Fernsehsender ABC.

Seine Qualitäten wird der Amerikaner brauchen. Schließlich werden die Meldungen über die Ölpest täglich katastrophaler. Stellte BP Mitte der vergangenen Woche zunächst 20 Milliarden Dollar für einen Hilfsfonds zur Verfügung, so sickerte bereits zwei Tage später in der britischen Presse durch, dass der Ölmulti Reserven von bis zu 50 Milliarden Dollar für die Bekämpfung der Ölpest anhäufen will.

Inzwischen rechnet das viertgrößte Unternehmen der Welt wohl mit dem Schlimmsten, was auch durch neue interne Dokumente belegt wird. Aus diesen geht hervor, dass BP im gravierendsten Fall mit 100.000 Barrel (15,9 Millionen Liter) austretendem Öl am Tag rechnet. Diese Schätzung übersteigt das Worst-Case-Scenario der US-Regierung (60.000 Barrel/Tag) um zwei Drittel.

BP kann fast alles stemmen

Aber selbst wenn die ganze Aufräumaktion alle bisherigen Krisenszenarien übertreffen sollte, rechnen die meisten Experten nicht mit einer Insolvenz von BP. "Selbst wenn am Schluss ein Horrorbetrag wie etwa 100 Milliarden Euro zu Buche schlagen würde, könnte BP dies stemmen", sagt Öl-Analyst Hannes Loacker von der Raiffeisen Centrobank.

Im günstigsten Fall könne der Konzern in diesem Jahr zwar nur etwa 14 Milliarden Dollar aus dem Gewinn für die Schadensbereinigung locker machen. "Doch erstens fallen nicht alle Ausgleichszahlungen schon 2010 an und zweitens könnte BP auch über Verkäufe von Firmenbeteiligungen noch sehr viel Geld zusammentragen", so Loacker.

Am Ende allerdings ist BP nicht mehr dasselbe Unternehmen wie vor dem Tag, an dem Deepwater Horizon explodierte.

© sueddeutsche.de/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Umweltkatastrophen
:Verdreckt, verseucht, getötet

Unzählige Male haben Unternehmen schlimme Umweltkatastrophen verursacht - oft mit verheerenden Langzeitschäden. Eine Übersicht in Bildern.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: