Borussia Dortmund an der Börse:Aktien für die Fans

Lesezeit: 3 min

Borussia Dortmund an der Börse - seit 2000 (Foto: SZ-Infografik)

Borussia Dortmund ist der einzige deutsche Fußballklub an der Börse: Wer die Aktie einst für elf Euro kaufte, steht heute schlecht da. Zwei Meisterschaften und das Champions-League-Endspiel haben dem Papier geholfen - doch dann wurde Mario Götze verkauft.

Von Christoph Giesen

Elf Spieler, Elfmeter und natürlich auch elf Euro. Es ist ein symbolischer Preis, mit dem der Fußballklub Borussia Dortmund am 31. Oktober 2000 als erster und bisher einziger deutscher Verein an die Börse geht. 143 Millionen Euro kommen zusammen, ein Erfolg für den Verein, für die Anleger wird Wertpapierkennnummer 549309 zum Verlustbringer. Den Ausgabekurs von elf Euro erreicht die Aktie nie mehr. Zwischenzeitlich schmiert sie sogar auf 84 Cent ab. In Europa sind insgesamt etwa 20 Vereine börsennotiert, die meisten Charts sehen ähnlich kläglich aus wie die Dortmunder Leistungsbilanz.

Die Einnahmen aus dem Börsengang investierte das damalige Management umgehend in neue Spieler. Für die damalige Rekordablösesumme von 50 Millionen Mark kaufen die Dortmunder etwa den brasilianischen Stürmer Marcio Amoroso. In seiner ersten Saison schießt Amoroso noch 20 Tore und hilft mit, Dortmund zum Deutschen Meister zu machen. Doch in der Folge ist er oft verletzt. Später ist es just dieser Millioneneinkauf Amoroso, der zur tragischen Figur wird, zum Sinnbild des Dortmunder Übermuts, ein mahnendes Beispiel, dass man auch als Fußballklub solide wirtschaften muss und nicht zocken darf. Am 27. August 2003 tritt Marcio Amoroso im Elfmeterschießen gegen den belgischen Klub FC Brügge. Gewinnt Dortmund zieht der Verein in die Champions League ein, Millionen von Preisgeld sind fest eingeplant, um die hohen Gagen der Stars zu zahlen. Amoroso verschießt, und Dortmunds Finanzen beginnen zu taumeln.

Keine vier Jahre nach dem Börsengang ist das Geld futsch, das Stadion verkauft, 122 Millionen Euro Schulden drücken. Im Februar 2005 steht die Borussia kurz vor der Insolvenz, der Vorstand tritt ab. Die Gläubiger stimmen einem Sanierungsplan zu und der Klub beginnt zu sparen.

Sportlich bewegt sich Borussia allenfalls im Mittelfeld der Tabelle. 2008 wirbt der Verein schließlich Jürgen Klopp als Trainer vom Absteiger FSV Mainz 05 ab. Am Aktienmarkt gab es fast keine Regung. Der Kurs dümpelt um 1,50 Euro. Ein Jahr später sackt die Aktie auf ein Allzeittief.

Die Fans in der Kurve: Dortmunds Aktionäre? (Foto: AFP)

Tagesumsätze wie ein Dax-Konzern

Sind also Fußball-Aktien nur für echte Fans? Eine versteckte Geldspende für den geliebten Verein? Schaut man sich das Handelsvolumen der BVB-Aktie an, fällt auf, dass an manchen Börsentagen die Tagesumsätze des Papiers auf dem Niveau manch eines Dax-Konzerns liegen. Und das, obwohl die Marktkapitalisierung der Borussia mit knapp 200 Millionen Euro im Vergleich zu Dax-Werten gering ist. Der Chemiehersteller Lanxess etwa ist mit 4,46 Milliarden am Markt der kleinste Dax-Konzern - 23 mal mehr als Dortmund. Die Volatilität der Aktie wird also offenbar bewusst von Spekulanten genutzt. Anstelle einen Buchmacher aufzusuchen, handeln sie mit Aktien von Fußballklubs. Forscher der TU München haben im vergangenen Jahr anhand der BVB-Aktie analysiert, welchen Einfluss Spielergebnisse in der Bundesliga auf den Verlauf an der Börse haben. Gewinnt Dortmund, steigt der Kurs im Schnitt um 1,31 Prozent. Ein Unentschieden drückt um 1,78 Prozent. Eine Niederlage lässt den Kurs um 2,83 Prozent fallen.

Am Ende sind aber auch börsennotierte Fußballklubs für die Aktionäre gewöhnliche Unternehmen, der Kurs zieht an, wenn der Gewinn und der Umsatz steigen. Doch wie lassen sich die Kennzahlen am besten beeinflussen? Mit vielen Toren. Je besser eine Mannschaft spielt, desto attraktiver wird sie für Sponsoren, der Verein verkauft dann auch mehr Merchandisingartikel wie Trikots, Fanschals oder Bettwäsche. Hinzu kommen Fernseheinnahmen und Preisgelder, vor allem die Teilnahme an der Champions League ist lukrativ: knapp neun Millionen Euro Startgeld, mehr als 70 Millionen Euro bekommt der Sieger.

Hoeneß wollte seine Dortmund-Aktien verkaufen

Auch mit dem Verkauf von erfolgreichen Spielern steigen die Umsätze. Der Mittelfeldspieler Shinji Kagawa etwa, den Dortmund Anfang 2010 bei einem japanischen Zweitligisten aufspürt, kostet den Verein Anfang 350.000 Euro Ablöse. Zweieinhalb Jahre später zahlt Manchester United 15 Millionen Euro für Kagawa. Im November 2012 schüttete der Verein daher erstmalig eine Dividende an die Aktionäre aus. Sechs Cent pro Aktie. 3,68 Millionen Euro insgesamt - in etwa das Gehalt eines vernünftigen Bundesligastars.

Als bekannt wurde, dass Jungstar Mario Götze für 37 Millionen Euro zum FC Bayern München wechseln wird, rutschte der Kurs übrigens ab. Das Signal der Börse: Götze ist ein Schlüsselspieler, für den langfristigen Erfolg des Vereins wichtiger als die Millionen aus München. Nicht immer ist der Aktienmarkt so rational. Als Dortmund in der vergangenen Saison gegen Bayern gewann, fiel der Kurs. Bayern-Präsident Uli Hoeneß schimpfte damals: "Die Dortmund-Aktie kann man an die Wand kleben. Ich werde meine verkaufen."

© SZ vom 18.05.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: