Börsengang von Zalando:Mit Flipflops an die Börse

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Zalando begann kurz nach der Pleite der Lehman Brothers (Foto: picture alliance / AP Images)

Als kleiner Online-Versand fing Zalando einst an - jetzt will der Versandhändler an die Börse. Wer hinter dem Konzern steckt und was die Kritik am Geschäftsmodell ist: Die wichtigsten Punkte zum Börsengang.

Von Varinia Bernau

Als sie es das erste Mal beim Mann mit den Millionen, dem Seriengründer Oliver Samwer, probierten, blitzten Robert Gentz und sein Studienfreund David Schneider ab. Sie blieben hartnäckig, und irgendwann unterstützte Samwer, Chef des Inkubators Rocket Internet, den kleinen Onlineshop für Flipflops. Dieser kleine Shop ist inzwischen so groß geworden, dass er sich an die Börse traut. Der Modeversand Zalando hat längst viel mehr als nur Flipflops im Angebot und mehr als 13 Millionen Kunden. An diesem Mittwoch kündigte er an, noch in diesem Jahr Millionen am Markt einsammeln zu wollen. Das ist ein symbolträchtiger Schritt: Endlich, mehr als zehn Jahre nachdem die Blase der New Economy platzte, wagt sich ein deutsches Start-up wieder auf die Finanzmärkte.

Wie soll der Börsengang ablaufen?

Zalando bereitet den Börsengang im Regulierten Markt (Prime Standard) der Frankfurter Wertpapierbörse vor. In der zweiten Hälfte dieses Jahres soll es so weit sein, ein genauer Termin steht noch nicht fest. Das Unternehmen will zehn bis elf Prozent seines Eigenkapitals bei Anlegern platzieren. Geplant ist die Ausgabe von neuen Aktien aus einer Kapitalerhöhung. Die bestehenden Zalando-Gesellschafter behalten ihre Anteile und werden den Börsengang somit nicht zum Abkassieren nutzen. Einen möglichen Ausgabepreis der Aktien nennt das Unternehmen noch nicht. Finanzkreisen zufolge könnte Zalando bis zu 750 Millionen Euro einsammeln und dann eine Bewertung von bis zu fünf Milliarden Euro erreichen.

Ein Börsengang wird normalerweise sorgfältig inszeniert. Erst in letztem Augenblick werden die Details bekannt gegeben. Die Manager und die begleitenden Banken tasten dabei das Börsenumfeld ab und versuchen, so viel Geld wie möglich bei den Investoren einzusammeln, ohne dabei zu weit zu gehen. Denn als geglückt gilt ein Börsengang erst dann, wenn der Aktienkurs sich auch dauerhaft nach oben bewegt - und nicht abstürzt, weil die Anteile beim Börsengang völlig überteuert ausgegeben wurden.

Wer steckt hinter Zalando?

Mit 36 Prozent und einer Investition von mehr als 300 Millionen Euro ist die schwedische Beteiligungsgesellschaft Kinnevik größter Anteilseigner, gefolgt von den Internetinvestoren und Brüdern Marc, Oliver und Alexander Samwer, die über ihren Fonds Global Founders 17 Prozent an Zalando halten, sowie dem dänischen Textilunternehmer Anders Holch Povlsen, der zehn Prozent hält.

Auch der russische Milliardär Juri Milner, der mit seinem Geld schon die sozialen Netzwerke Facebook und Twitter als Investor der ersten Stunde großgemacht hat, hält über seinen Fonds DST Europe acht Prozent an Zalando - ebenso wie die Risikokapitaltochter des Medienkonzerns Holtzbrinck. Auch der Handelskonzern Tengelmann hat sich bereits kurz nach der Gründung von Zalando an dem Unternehmen beteiligt.

Das Tagesgeschäft von Zalando liegt in den Händen des Gründerduos Robert Gentz und David Schneider sowie Rubin Ritter, der vor knapp vier Jahren zu dem Unternehmen kam. Zalando hat inzwischen 7000 Mitarbeiter.

Funktioniert das Geschäftsmodell?

Zalando begann kurz nach der Pleite von Lehman Brothers. Zu der Zeit war es schwer für junge Firmen, an Geld zu kommen - es herrschte finanzielle Dürre. Zalandos Gründer waren gezwungen, neue Ideen erst begrenzt zu testen, die gewonnenen Daten genau auszuwerten und sie dann im Erfolgsfall im großen Maßstab umzusetzen.

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Mit Schuhen, Mode und schrillen Werbespots ist Zalando zu einer führenden deutschen Marke im Online-Handel aufgestiegen. Investoren hoffen auf das große Geld und die Berliner Antwort auf die großen US-Shopping-Portale. Über ihre Start-Up-Firma haben die Gründer bislang nicht viel verraten. Jetzt sprechen sie erstmals über Zahlen, Pläne und wahre Klischees. Ein Besuch in Berlin.

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Diese Disziplin hat namhafte Risikokapitalgeber überzeugt. Zalando hat sich in fast 30 Finanzierungsrunden immer wieder frisches Geld geholt. Das zeigt aber auch, wie teuer das Geschäft ist: Waren vorfinanzieren; drei Logistikzentren unterhalten; in neue Länder expandieren und vor allem die vielen, vielen für den Kunden kostenlosen Retouren - all das kostet viel Geld. Schätzungen zufolge geht jede zweite Bestellung bei Zalando zurück, auch weil viele Menschen Klamotten nur bestellen, um sie nur mal eben anzuprobieren.

Erst vor wenigen Tagen teilte Zalando mit, dass das Unternehmen nach den Anlaufverlusten inzwischen zumindest operativ schwarze Zahlen schreibt. Im zweiten Quartal gab es vor Zinsen, Steuern und Ausgaben für Mitarbeiteraktien einen Gewinn von 35 Millionen Euro. Im Vorjahresquartal hatte Zalando auf dieser Basis noch 31 Millionen Euro verloren. Die Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells ist also noch nicht erwiesen. "Das Erreichen der Gewinnschwelle im ersten Halbjahr 2014 ist ein wichtiger Meilenstein. Der Gang an die Börse ist der nächste logische Schritt in der Entwicklung von Zalando", sagt Rubin Ritter.

In Deutschland, Österreich und der Schweiz macht Zalando mit 60 Prozent den Großteil des Geschäfts. In der deutschsprachigen Region ist das Unternehmen auch deutlich profitabler mit einer bereinigten operativen Marge von 4,6 Prozent.

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