Börsengang von Facebook:Cool! Will ich haben!

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Da ist sie also, die nächste Aktie, die sich selbst für unglaublich cool hält und diese Coolness den potentiellen Anlegern verkaufen will. Der Börsengang von Facebook weckt Begehrlichkeiten - vor allem auf emotionaler Ebene.

Jürgen Schmieder

Facebook ist cool. Behauptet Firmengründer Mark Zuckerberg. In dem Brief, der den Börsenprospekt begleitete, formuliert es Zuckerberg so: "Facebook wurde ursprünglich nicht gegründet, um ein Unternehmen zu sein. Es wurde aufgebaut, um eine soziale Mission zu erfüllen: die Welt offener und vernetzter zu machen. Wir entwickeln keine Dienste, um Geld zu machen; wir verdienen Geld, um bessere Dienste zu entwickeln."

Fehlt nur noch das Dollar-Zeichen: Der Börsengang von Facebook weckt Begehrlichkeiten. (Foto: REUTERS)

Da ist sie also, die nächste Aktie, die sich selbst für unglaublich cool hält und diese Coolness den potentiellen Anlegern verkaufen will. Am Mittwoch hat das Unternehmen seinen Börsenprospekt veröffentlicht - und es gibt kaum jemanden, der nicht über ein mögliches Investment spricht.

Freilich gibt es Bedenken um den Datenschutz, freilich gibt es lamentierende Kulturpessimisten. Nur sind jene, die sich vor fünf Jahren noch für cool halten durften ob ihrer Ressentiments, mittlerweile nur noch Pessimisten - und garantiert nicht cool.

Der Börsengang von Facebook weckt Begehrlichkeiten, weniger auf rationaler, sondern vielmehr auf emotionaler Ebene. Wenn man ohnehin jeden Tag mehrere Stunden auf Facebook verbringt, warum nicht gleich Teil des Unternehmens werden? "Es gibt die große Gelegenheit, jeden in der Welt zu vernetzen, jedem eine Stimme zu geben und dabei zu helfen, die Gesellschaft für die Zukunft vorzubereiten", sagte Zuckerberg bei der Präsentation pathetisch.

Man ist als Nutzer ja ohnehin Teil des Unternehmens. Seit wenigen Tagen veröffentlicht man dort in der sogenannten Timeline seinen Lebenslauf, mitunter auch Erlebnisse aus der Prä-Facebook-Zeit. Facebook ist wie die Lieblingskneipe: Man trifft dort Freunde, man tauscht Erinnerungen aus, man hat Spaß. Und nun gibt es die Möglichkeit, sich bei dieser Lieblingskneipe einzukaufen - und die Illusion, vielleicht sogar ein wenig mitbestimmen zu dürfen, welches Bier ausgeschenkt wird.

Das war beim Börsengang von Borussia Dortmund im Jahr 2000 ähnlich: Da wurde auch mit den Emotionen der Fans gespielt, die glaubten, nicht mehr nur Anhänger, sondern Mitredner sein zu dürfen. Vor allem aber glaubten viele, dass die Aktie des Vereins steigen wird, wenn die Mannschaft gewinnt. So einfach war es freilich nicht, ganz im Gegenteil - doch hielt das kaum jemanden ab, sich ein BVB-Wertpapier zu besorgen.

Auch die Facebook-Aktie lockt recht verführerisch mit der Aussicht, schnell viel Geld verdienen zu können. Der Facebook-Fan denkt da an Google, dessen Aktienwert sich innerhalb von sieben Jahren fast versiebenfacht hat. Kaum jemand denkt an Infineon - jene Aktie, die zwar nicht emotional berührte, aber doch Gier weckte - und nach einem anfänglichen Höhenflug abstürzte.

Auch wenn man keine Ahnung hat, wie es zugeht an der Börse, so entsteht doch der Glaube, durch Facebook ein wenig mitspielen zu dürfen, vielleicht sogar ein wenig zu zocken. Wird schon gutgehen, schließlich ist Facebook cool, beliebt und überaus erfolgreich. Was soll schon passieren?

Natürlich weiß kaum jemand, ob sich mit dem sozialen Netzwerk tatsächlich viel Geld verdienen lässt. Im Film The Social Network wird Mark Zuckerberg der Satz in den Mund gelegt: "Wir wissen ja noch nicht einmal, was Facebook überhaupt ist!"

Auf jeden Fall hat Facebook quasi kostenlos bekommen, wofür andere Unternehmen vor dem Gang an die Börse teure Werbespots mit Berühmtheiten und aufwändige Kampagnen brauchten: sehr große Aufmerksamkeit und eine emotional geführte Diskussion.

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