Boeing:Mehr Arbeit nötig

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Allein die US-Fluglinie Southwest Airlines betreibt 34 Boeing 737 Max, die derzeit am Boden bleiben müssen. Außerdem hat sie mehr als 270 Jets der Serie bestellt. (Foto: Mark Ralston/AFP)

Die Arbeiten am Software-Update für die Boeing "737 Max" dauern länger als geplant. Für die betroffenen Airlines ist das ein großes Problem.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Es ist erst wenige Tage her, da hatte Flugzeughersteller Boeing rund 200 Vertreter von Fluggesellschaften nach Seattle eingeladen. Darunter waren viele Piloten. Sie alle saßen in einem Konferenzsaal und durften per Videoschalte live zuschauen, wie im Flugsimulator eine neue Software für die 737 Max demonstriert wurde. Es entstand der Eindruck, als könnte das Flugverbot für das Kurz- und Mittelstreckenflugzeug nun bald enden.

Fünf Tage später steht fest, dass der Eindruck getrügt hat. Die amerikanische Flugaufsichtsbehörde Federal Aviation Administration (FAA) gab am Montag bekannt, dass die Arbeiten am Software-Update noch längere Zeit in Anspruch nehmen, anschließend werde dieses sehr genau untersucht. Die FAA "erwartet die endgültige Version von Boeings Software-Paket in den kommenden Wochen. Infolge einer laufenden Analyse des Flugsteuerungssystem der Boeing 737 Max wird mehr Zeit für zusätzliche Arbeit von Boeing benötigt", schrieb die Behörde auf Twitter. Dies sei nötig, "um sicherzustellen, dass Boeing alle wichtigen Aspekte erkannt und angemessen Abhilfe geschaffen hat."

Innerhalb von weniger als fünf Monaten waren zwei Maschinen des Typs 737 Max abgestürzt. Bei den Unfällen von Jets der Lion Air (Indonesien) und Ethiopian Airlines waren 346 Menschen ums Leben gekommen. Drei Tage nach dem Absturz des Ethiopian-Flugzeuges verhängten Behörden weltweit Flugverbote für die gut 370 weiteren ausgelieferten Maschinen.

Warum genau der Flugzeugbauer länger braucht, ist unklar

Das Maneuvering Characteristics Augmentation System (MCAS) steht im Verdacht, eine der Hauptursachen für die Abstürze zu sein. MCAS soll in extremen Fluglagen in die Steuerung eingreifen, um einen Strömungsabriss zu verhindern. Offenbar wurde das System beim Lion-Air-Flug vom 29. Oktober 2018 aktiv, obwohl sich der Jet in keiner außergewöhnlichen Fluglage befand. Die Piloten wussten ersten Erkenntnissen zufolge nicht, wie sie es ausschalten konnten und verloren die Kontrolle über ihre Maschine.

Ein Software-Update soll nun dafür sorgen, dass sich die Vorfälle nicht wiederholen können. In der neuesten Version ist die Wirkweise von MCAS eingeschränkt, es greift auch auf die Daten von zwei und nicht mehr nur einem Sensor zu. Warum genau nun Boeing für die neue Software länger braucht, ist unklar, weder das Unternehmen noch die FAA äußern sich dazu. Eine Theorie lautet, dass eine von der FAA unabhängige Überprüfung den Zeitplan durcheinander bringe, eine andere besagt, dass Boeing beim Aufspielen des Pakets auf Probleme gestoßen ist.

Für die betroffenen Airlines ist die Verspätung ein großes Problem, denn sie können in der nachfragestarken Sommersaison einen Teil der Flotte nicht nutzen. Viele Fluggesellschaften haben die Max nun bis Juli aus dem Flugplan genommen. Analysten von Bank of America Merrill Lynch schätzen, pro Quartal kämen auf Boeing Entschädigungen von 500 Millionen Dollar zu. Doch die Forderungen könnten wesentlich höher liegen: Alleine der Reisekonzern Tui senkte die Gewinnprognose zuletzt wegen der 737 Max um 200 Millionen Euro.

© SZ vom 03.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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