Transatlantische Beziehungen:Wie EU und USA ihren Handelsstreit beenden wollen

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Airbus-Fabrik im französischen Saint-Nazaire: USA und EU streiten über Subventionen für Boeing und Airbus - und über manch anderes. (Foto: Fabrice Dimier/Bloomberg)

Um Chinas Aufstieg mehr entgegensetzen zu können, wollen EU und USA sich bei künstlicher Intelligenz und Chip-Nachschub besser abstimmen. Doch sie müssen auch Konflikte untereinander lösen.

Von Björn Finke, Brüssel

Ein Gipfel jagt den nächsten - und für die Wirtschaft dürfte der am kommenden Dienstag der wichtigste sein: Am Wochenende konferieren die Staats- und Regierungschefs der sieben reichen G-7-Demokratien in Cornwall, am Montag steht in Brüssel ein Nato-Spitzentreffen an, am Dienstag dann eins zwischen US-Präsident Joe Biden und den EU-Spitzen Ursula von der Leyen und Charles Michel. Dort wird es unter anderem um Handels- und Digitalpolitik gehen; in einem Entwurf der Gipfelerklärung, welcher der Süddeutschen Zeitung vorliegt, machen diese Themen anderthalb Seiten aus.

Kommissionschefin von der Leyen, Ratspräsident Michel und der amerikanische Präsident wollen sich demnach bei dem Treffen darauf verständigen, die Handelsstreitigkeiten zu beenden, die Bidens Vorgänger Donald Trump vom Zaun gebrochen hat. Außerdem wollen sie einen gemeinsamen Handels- und Technologierat einsetzen. Brüssel und Washington möchten sich hier über Standards für Zukunftstechnologien wie künstliche Intelligenz austauschen, neue Hindernisse für grenzüberschreitende Geschäfte in diesen Branchen vermeiden und Lieferketten verlässlicher machen, wie es in dem Dokument heißt. Als Beispiel für das Zulieferthema werden Halbleiter genannt, wo die USA und Europa weniger abhängig von Asien werden wollen. Die Autoindustrie leidet im Moment unter Nachschubproblemen bei Chips.

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China wird in diesen Passagen nicht erwähnt, aber es ist klar, dass der Handels- und Technologierat auch eine Antwort auf den Aufstieg des asiatischen Rivalen darstellt. Brüssel und Washington möchten gemeinsam verhindern, dass China die weltweiten Standards für Zukunftstechnologien setzt. "Die Entwicklung und der Einsatz neuer Technologien" sollten "auf unseren gemeinsamen demokratischen Werten" beruhen, etwa der Achtung der Menschenrechte, fordert die Abschlusserklärung - eine Spitze gegen das undemokratische Regime in Peking.

Beim heiklen Thema der Handelsstreitigkeiten sieht die EU die USA am Zug. Valdis Dombrovskis, der zuständige Vizepräsident der EU-Kommission, sagte im Europaparlament, unter Biden hätten sich "der Ton und das gemeinsame Arbeiten deutlich verbessert" im Vergleich zur Trump-Zeit. Aber beim G-7-Gipfel und dem Treffen in Brüssel müsse sich das jetzt in "bedeutsamen Vorschlägen" der Amerikaner niederschlagen: "Es ist an den USA, den Worten Taten folgen zu lassen", sagte der frühere lettische Premierminister.

Die Stahlzölle sind populär in Bidens Partei

Im Gipfeldokument geloben nun beide Seiten, alles zu tun, um langfristige Lösungen für die Dispute zu finden, deretwegen Bidens Vorgänger Trump Strafzölle eingeführt hat. Neue Zölle sollen vermieden werden. Der Freihandelsgegner Trump verhängte schon 2018 Sonderzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte, angeblich zum Schutz der nationalen Sicherheit. Die EU reagierte mit Vergeltungszöllen auf diverse amerikanische Produkte, etwa Jeans, Whiskey, Motorräder und Erdnussbutter. Anfang Juni hätten sich diese EU-Zölle automatisch verdoppeln sollen - doch die Erhöhung setzte Dombrovskis aus, um stattdessen mit Bidens Handelsbeauftragter Katherine Tai eine Einigung zu suchen. In einer Erklärung griffen Tai und Dombrovskis damals die "marktverzerrende Politik" Chinas an. Die weltweiten Überkapazitäten seien "eine ernsthafte Bedrohung" für die marktorientierten Hersteller in der EU und den USA.

Beobachter warnen aber: Es sei unwahrscheinlich, dass Biden die Strafzölle wirklich abschaffe. Sie schützen die Stahl- und Aluminiumindustrie der USA, sind populär bei Gewerkschaften und Politikern von Bidens Demokratischer Partei. Besser stehen die Chancen beim Disput um Subventionen für Boeing und Airbus. Seit 2004 streiten EU und Vereinigte Staaten über Beihilfen an die Flugzeughersteller. Im Herbst 2019 gestand die Welthandelsorganisation WTO Washington zu, 7,5 Milliarden Dollar Strafzölle zu verhängen, weil europäische Staaten Airbus unrechtmäßig Subventionen gezahlt hätten.

Im Oktober 2020 legte die WTO wiederum fest, dass die EU Strafzölle von bis zu vier Milliarden Dollar jährlich gegen die USA einführen darf, als Ausgleich für ungerechtfertigte Beihilfen an Boeing. Im März vereinbarten von der Leyen und Biden jedoch, die Strafzölle wegen der Flugzeugsubventionen bis zum 11. Juli auszusetzen. In der Zeit wollen sich Brüssel und Washington auf Regeln einigen, welche Beihilfen akzeptabel sind und welche nicht. Im Entwurf der Gipfelerklärung heißt es, beide Seiten verpflichteten sich, bis zu diesem Datum "ausgeglichene und wirksame Lösungen zu finden".

Datenschutz ist ein heikles Thema

Außerdem wollen die EU und die USA demnach zusammenarbeiten, um eine "bedeutsame Reform" der WTO zu erreichen und das Schiedsgericht wiederzubeleben. Dieses Gericht, das in Handelsdisputen entscheidet, ist seit anderthalb Jahren nicht arbeitsfähig, weil Trump die Berufung neuer Richter blockiert hat. Washington klagt, das Gericht habe seine Kompetenzen überschritten; zudem monieren die US-Regierung und andere Kritiker, dass das Regelwerk der Welthandelsorganisation veraltet und nutzlos gegenüber unfairen Praktiken Chinas sei. Entsprechend heißt es im Entwurf der Gipfelergebnisse, Brüssel und Washington würden sich für wirksamere WTO-Vorschriften zu Subventionen und unfairem Verhalten von Staatskonzernen einsetzen: eine weitere Passage, die sich vor allem gegen China richtet, ohne China zu benennen.

Ein heikles Thema zwischen Washington und Brüssel sind die Regeln für Datentransfers. Der Europäische Gerichtshof hat das Abkommen gekippt, das Unternehmen solche Transfers in die Vereinigten Staaten erlaubt. Die US-Regierung will schnell einen Nachfolgevertrag abschließen, die Kommission möchte zunächst besseren Schutz für die Daten von EU-Bürgern vor US-Geheimdiensten sehen. Im Gipfeltext sagen beide Seiten zu, weiter an einer Lösung zu arbeiten. Das kann ja nie schaden.

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