Im Koalitionsvertrag von Union und SPD gibt es einen klaren Auftrag: Die Bundesregierung soll etwas dafür tun, damit sich kleine und mittlere Unternehmen mehr um die betriebliche Altersvorsorge (BAV) ihrer Mitarbeiter kümmern. Viel passiert ist seitdem nicht: Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) will die BAV über Tarifverträge stärken. Ob aus dem Reformkonzept jemals ein Gesetz wird, ist aber fraglich. Nun hat der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) einen Alternativvorschlag vorgelegt, der weit über die Pläne der Ministerin hinausgeht. In einem "7-Punkte-Plan" fordert der GDV, Nachteile für Arbeitnehmer bei der Betriebsrente endlich abzuschaffen.
In Deutschland haben fast 18 Millionen Beschäftigte einen Anspruch auf eine betriebliche Altersversorgung. Der Nachholbedarf ist jedoch groß: Von den etwa drei Millionen Betrieben mit bis zu neun Beschäftigten bieten gut 70 Prozent überhaupt keine an. Hinzu kommt: Die Altersversorgung über den Betrieb kommt seit 2009 nicht mehr richtig voran. Die Arbeitgeber halten die Umsetzung für viel zu komplex und aufwendig. Bei den Arbeitnehmern ist der Ärger groß, weil gesetzlich Versicherte, die einen Teil ihres Gehalts für eine spätere Betriebsrente umgewandelt haben, in der Auszahlungsphase von ihrer Betriebsrente oder Direktversicherung den vollen Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag abknapsen müssen. Das Reformkonzept der Versicherungswirtschaft setzt deshalb auch bei dieser sogenannten Entgeltumwandlung an.
"Nach unserer Vorstellung wäre es etwa angemessen, Betriebsrenten nur mit dem halben Beitragssatz zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung zu belasten", sagte Peter Schwark, Mitglied der Hauptgeschäftsführung im GDV, der Sü ddeutschen Zeitung. In der Koalition findet dieser Vorschlag zunehmend Befürworter: Im Sozialflügel der CDU gibt es ebenfalls Überlegungen, den vollen Beitrag zu streichen. CDU-Rentenexperte Peter Weiß schlägt vor, dass Arbeitgeber in der Ansparphase auf umgewandelte Gehaltsanteile Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung anders als bisher weiterzahlen und im Gegenzug die Arbeitnehmer in der Rentenphase um die Hälfte entlastet werden. Die Arbeitgeberverbände lehnen dies allerdings ab, weil dies für die Betriebe teurer wird.
Betriebsrente:Wenn der Chef vorsorgt
Ob sich die betriebliche Altervorsorge für den Mitarbeiter lohnt, hängt vor allem davon ab, wie viel der Arbeitgeber beisteuert. Wer den Job wechselt, zahlt meistens drauf.
Geringverdiener sollen von ihrer Betriebsrente künftig mehr haben
Der GDV will darüber hinaus auch die Rechte der Arbeitnehmer verbessern. Gibt es für sie vom Arbeitgeber kein Angebot für die BAV, sollen die Mitarbeiter verlangen dürfen, dass der Arbeitgeber bei einem von ihnen benannten Anbieter einen Vertrag abschließt oder fortführt. Auch soll die Deutsche Rentenversicherung in ihrer jährlichen Rentenmitteilung darauf hinweisen, dass jeder Arbeitnehmer Anspruch auf die Entgeltumwandlung hat.
Ein anderes großes Problem sind die Geringverdiener, die bisher nur wenig über den Betrieb vorsorgen. Hier schlägt der GDV Freibeträge vor, damit die Betriebsrente auf die staatliche Grundsicherung im Alter nicht voll angerechnet wird. Zugleich fordert der Verband finanzielle Hilfen, wenn Arbeitnehmer oder Arbeitgeber in eine Direktversicherung, Pensionskasse oder einen Pensionsfonds einzahlen. "Wir schlagen für Arbeitnehmer mit einem Einkommen von bis zu 37 000 Euro jährlich einen pauschalen steuerlichen Zuschuss vor", sagte Schwark. Dieser müsse mindestens bei einem Drittel eines Beitrags von bis zu 480 Euro pro Jahr liegen. Dies wären 160 Euro, was etwa der staatlichen Grundzulage bei der Riester-Rente entspricht.
Laut GDV sollte es künftig auch möglich sein, dass Betriebe - auf freiwilliger Basis - festlegen, dass alle Mitarbeiter einen Teil ihres Gehalts für eine Betriebsrente umwandeln. Arbeitnehmer können sich davon aber befreien, wenn sie binnen drei Monaten widersprechen. Die Versicherer wünschen sich außerdem ein Info-Portal im Internet, in dem die Bürger auf einen Blick sehen können, was sie für verschiedene Leistungen im Alter erwarten können. Eine Utopie? In Dänemark gibt es ein solches Modell bereits.