Berlin dringt auf mehr Wettbewerb:Daumenschrauben für die Post

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Das Monopol ist weg, Konkurrenz muss die Post dennoch nicht fürchten. Berlin will das ändern. Im Visier: Steuerprivileg und Infrastruktur.

Caspar Dohmen u. Thomas Öchsner

Die Koalition will die Deutsche Post zu mehr Wettbewerb zwingen. Dies gilt vor allem für das Geschäft mit Briefen. Bislang hat der Bonner Konzern hier noch einen Marktanteil von knapp 90 Prozent. Eine Zerschlagung des Unternehmens, das noch zu fast einem Drittel dem Bund gehört, kommt für die Regierung aber vorerst nicht in Frage.

Darf die Post-Konkurrenz die Briefkästen des Marktführers bald mitbenutzen? FDP-Politiker Paul Friedhoff kann sich das gut vorstellen. (Foto: Foto: ddp)

Die Post gerät derzeit an zwei Fronten unter Druck: Ärgernis Nummer eins ist der Briefmarkt. Vor zwei Jahren verlor das Unternehmen sein letztes Teilmonopol für Briefe bis 50 Gramm. Trotzdem beherrscht der Bonner Konzern diesen Geschäftszweig fast nach Belieben. Paul Friedhoff, wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP, will dies ändern. Er kann sich zum Beispiel vorstellen, dass Konkurrenten der Post in Zukunft deren Infrastruktur nutzen. Als Beispiel nannte er die Briefkästen. "Es kann ja keiner wollen, dass jeder Wettbewerber eigene Briefkästen aufstellt und wir dann an einem Platz zehn verschiedene Briefkästen haben", sagte er der Süddeutschen Zeitung. Die Briefkästen seien ein "Nadelöhr", das den Wettbewerb behindere. "Also müssen wir dafür sorgen, dass sich das ändert", forderte Friedhoff.

Wie dies umgesetzt werden kann, ist offen. Manche Liberale liebäugeln aber damit, die Netzinfrastruktur der Post auszulagern, angefangen von den Briefkästen und ihrer Entleerung bis zu der Briefvorsortierung oder den Postfächern. Friedhoff bestätigte, dass es dazu ein älteres Arbeitspapier der FDP-Arbeitsgruppe Wirtschaft gebe, dies werde aber jetzt überarbeitet. Eine geplante Entflechtung der Post ließe sich daraus nicht ableiten.

"Wir brauchen Waffengleichheit"

Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) hatte vor gut einer Woche den Entwurf für ein verändertes Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen vorgelegt. Darin erhält das Bundeskartellamt das Recht, Unternehmen mit einer marktbeherrschenden Stellung zu zerschlagen. Das Gesetz sei aber nicht gegen bestimmte Großkonzerne gerichtet, sagte Brüderle am Donnerstag im Bundestag: "Diese Regelung wird für alle Branchen der Wirtschaft gelten." Das Instrument sei nötig, "wenn es zu doll getrieben wird beim Monopoly". Friedhoff sagte dazu: Die Politiker könnten die Probleme, wie etwa bei der Post, diskutieren. Die Initiative liege jedoch beim Kartellamt.

Ärgernis Nummer zwei sind die Steuerprivilegien der Post. Die Bundesregierung plant, alle Postunternehmen bei der Mehrwertsteuer gleichzustellen. Bislang ist die Post beim inländischen Briefgeschäft von der Mehrwertsteuer weitgehend befreit. "Dieses Privileg muss fallen, damit es nicht weiter zu Wettbewerbsverzerrungen kommt", sagte Hans Michelbach, Vorsitzender der Mittelstands-Union, der SZ. "Wir brauchen hier Waffengleichheit, damit sich auch privatwirtschaftliche Anbieter etablieren können."

Dies sieht auch der FDP-Wirtschaftspolitiker Friedhoff genauso: Man müsse abwarten, was dies bringe. Danach könne man immer noch über mögliche weitere Markteingriffe reden. Die Monopolkommission hatte den Wettbewerb auf dem Briefmarkt jüngst als "miserabel" bezeichnet. Die Liberalisierung vor zwei Jahren sollte eigentlich der Startschuss für einen flächendeckenden Wettbewerb der Briefdienstleister sein.

Gerangel um Mindestlohn

Doch es kam anders: Einige Unternehmen gaben auf, mit der PIN-Group ging einer der größten Post-Konkurrenten in die Insolvenz. Die Post konnte ihren Anteil am Briefgeschäft trotz Marktöffnung sogar leicht steigern. Das Unternehmen erzielt in diesem Geschäftszweig eine Rendite von 15,7 Prozent, obwohl die Portopreise für die Bürger seit 13 Jahren ziemlich konstant sind.

Bei den Wettbewerbshütern gilt auch der Mindestlohn für Briefzusteller als ein Hindernis für mehr Konkurrenz. Im März 2009 hatte aber bereits das Berliner Verwaltungsgericht die Mindestlohn-Verordnung für Briefzustelldienste aus formalen Gründen für rechtswidrig erklärt. Das Bundesarbeitsministerium legte gegen das Urteil Berufung ein. Am 27. Januar wird erneut vor Gericht verhandelt. Einige Unternehmen wie TNT zahlen bislang keinen Mindestlohn.

Die Post wollte den Vorgang nicht kommentieren. Allerdings sei niemand "nervös" wegen der politischen Überlegungen in Berlin, hieß es in Post-Kreisen. Einiges spricht zudem für eine starke Post, bei der der Bund noch der größte Aktionär ist. Schließlich schultert der Konzern immense Lasten, beispielsweise Pensionsverpflichtungen für die Post-Beamten. Außerdem könnte das Unternehmen, das besser dasteht als die meisten anderen Postgesellschaften in Europa, eine wichtige Rolle bei der Neugestaltung des Briefmarktes in der EU spielen.

© SZ vom 22.01.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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