Chemiekonzern:Bayer-Agrarchef geht vorzeitig

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Eigentlich sollte Liam Condon mindestens bis Ende 2023 die Agrarsparte von Bayer verantworten. Er hat auch Monsanto ins Unternehmen integriert. (Foto: Oliver Berg/dpa)

Liam Condon verlässt das Unternehmen auf eigenen Wunsch zwei Jahre früher. Das dritte Quartal lief gut für den Dax-Konzern.

Von Elisabeth Dostert

Liam Condon, Vorstandsmitglied und Chef der Agrarsparte des Dax-Konzerns Bayer, geht zum Jahresende. Er habe den Aufsichtsrat gebeten, seinen noch bis Ende 2023 laufenden Vertrag vorzeitig zu beenden, teilte das Unternehmen mit. Aufsichtsratschef Norbert Winkeljohann dankte Condon für "seine Leistungen in den mehr als 30 Jahren seiner Karriere bei Bayer". Condon werde sich einer "neuen beruflichen Herausforderung stellen", sagte Vorstandschef Werner Baumann. Er äußerte sich nicht, wohin Condon wechseln werde. In mit der Sache vertrauten Kreisen heißt es, die Bekanntgabe könnte schon in den nächsten Tagen erfolgen.

Über Condons Abgang war spekuliert worden. Der Manager war auch für die Integration von Monsanto zuständig. Seit der Übernahme im Sommer 2018 kommt Bayer nicht aus den negativen Schlagzeilen. Nach einem Bericht des Manager Magazins von Anfang Oktober werden die Kurseinbrüche in den vergangenen Jahren intern dem Iren Condon angelastet. Seine Nachfolge übernimmt der Brasilianer Rodrigo Santos, 48, im Vorstand und als Leiter des Agrargeschäfts. Er werde seine Aufgaben von St. Louis/USA aus wahrnehmen, sagte Baumann. Bayer mache 70 Prozent seines Agrargeschäfts in Nord- und Lateinamerika.

Operativ lief das dritte Quartal 2021 "stark", so Baumann. Der Konzernumsatz stieg um 15 Prozent auf 9,8 Milliarden Euro. Das operative Ergebnis vor Zinsen und Steuern des Konzerns lag bei 530 Millionen Euro. Im dritten Quartal 2020, das operativ mit einem Verlust von rund 9,4 Milliarden Euro abschloss, hatte der Konzern Sonderaufwendungen in Höhe von 10,2 Milliarden Euro verarbeiten müssen. Allein Wertberichtigungen im Agrargeschäft schlugen vor Jahresfrist mit 9,3 Milliarden Euro zu Buche. Hinzu kamen unter anderem Rückstellungen für "mögliche zukünftige Rechtsstreitigkeiten" in Sachen Glyphosat.

Während die Sparten Pharma, darunter fallen rezeptpflichtige Medikamente, und Consumer Health, etwa frei verkäufliche Produkte wie die Wundsalbe Bepanthen, operativ Gewinn machten, schloss das Agrargeschäft das dritte Quartal 2021 mit einem Verlust von 200 Millionen Euro ab.

Bereits im August hatte Bayer die Erwartungen für das Gesamtjahr nach oben korrigiert. Nun hebt der Konzern die Prognose erneut an. Nach wie vor rechnet er währungs- und portfoliobereinigt mit einem Umsatz von etwa 44 Milliarden Euro, das entspreche einem Anstieg um sieben Prozent statt wie im August prognostiziert sechs Prozent. Die Prognose für das bereinigte Ergebnis je Aktie hebt Bayer um zehn Cent auf etwa 6,50 bis 6,70 Euro an. Im Geschäftsjahr 2020 hatte Bayer 41,4 Milliarden Euro umgesetzt, das bereinigte Ergebnis je Aktie aus fortgeführtem Geschäft lag bei 6,39 Euro.

Eine Impfstoffproduktion wollen sie nicht mehr aufbauen

Mit mit viel Tamtam hatten das Tübinger Unternehmen Curevac und Bayer Anfang 2021 angekündigt, bei der Zulassung, Produktion und Vertrieb eines mRNA basierten Impfstoffes zusammenzuarbeiten. Mitte Oktober gab Curevac bekannt, die Zulassung des Impfstoffes der ersten Generation nicht mehr weiterzuverfolgen. Damit gebe es für den weiteren Aufbau einer Impfstoffproduktion in Wuppertal "aktuell keine Basis. Wir haben diese Aktivitäten eingestellt", sagte Baumann in einer Telefonkonferenz. Im Jahresverlauf seien zeitweise viele Hundert Mitarbeitende damit beschäftigt gewesen, Curevac zu unterstützen und eine Impfstoffproduktion aufzubauen. Sie seien dafür von zeitlich weniger kritischen Projekten abgezogen worden. Die dafür neu eingestellten Mitarbeiter am Standort Wuppertal, etwa 30, würden nun in andere "Verwendungen gehen". Bayer sei weiter an der mRNA-Technologie interessiert und "auch weiter in Diskussionen mit Curevac". Eine vertragliche Zusammenarbeit gebe es nicht, sagte Baumann.

Bayer habe "keinerlei strategisches Interesse, auch keine wirkliche Basis, um für Impfstoffe eine eigene Präsenz aufzubauen", erläuterte Baumann. Man habe nur unterstützen wollen. Aufgrund ihres "massiven Erfolges" bei Impfstoffen sehe sich Bayer die mRNA-Technologie aber für solche Felder an, in denen Bayer strategische Interessen habe, zum Beispiel in der Zell- und Gentherapie und in den Anwendungsgebieten Onkologie, Kardiologie oder auch in der Augenheilkunde. "Wir suchen nach möglichen Partnerschaften."

Im Kampf gegen die Corona-Pandemie sei die Impfung das "Mittel der Wahl", sagte Baumann: "Wir halten unsere Leute an, sich impfen zu lassen. Eine Impfung erzwingen können wir nicht in vielen Bereichen." Besser durchzusetzen sei es dort, wo Bayer selbst im Gesundheitsbereich unterwegs sei, zum Beispiel da, wo Vertriebsleute und Techniker in Krankenhäuser gingen. "Da müssen wir sicher stellen, das wir ärztliches Personal, Pflegepersonal und Patienten nicht ins Risiko stellen." In einigen Bereichen, wo die Impfquote nicht sehr hoch sei, wolle sie Bayer durch "weitere Ansprache" erhöhen, sagte Baumann, ohne Einzelheiten zu nennen: "Ich bin der Meinung, dass sich jeder impfen lassen sollte."

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