BASF:Mitgerissen

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Der Chemiekonzern BASF ist eines der ersten Opfer der drastisch fallenden Ölpreise. Offenbar hat sich das Management völlig verschätzt.

Von Karl-Heinz Büschemann, München

Die fallenden Ölpreise und die schwache Weltkonjunktur haben einen der großen deutschen Konzerne massiv in Mitleidenschaft gezogen. Am Mittwoch meldete das Ludwigshafener Chemieunternehmen BASF, das stark in China vertreten ist, überraschend die deutliche Verschlechterung seiner Zahlen. Der Aktienkurs des größten Chemiekonzerns der Welt gab um deutlich mehr als drei Prozent nach. Die BASF-Aktie hat allein in diesem Jahr schon 15 Prozent ihres Wertes verloren. Der Dax ist im gleichen Zeitraum nur um etwas mehr als acht Prozent gefallen.

Das Unternehmen hatte mitgeteilt, der Umsatz sei im vergangenen Jahr um fünf Prozent auf 70,4 Milliarden Euro gefallen. Das habe vor allem an Firmenverkäufen gelegen. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern sei 2015 sogar um 1,4 Milliarden auf 6,2 Milliarden Euro gestürzt. Der unerwartet starke Rückgang sei im Wesentlichen eine Folge des in den vergangenen Monaten weltweit stark gefallenen Ölpreises. Das habe Wertberichtigungen im Ölgeschäft von 600 Millionen Euro nötig gemacht, die das Ergebnis des Konzerns im vorigen Quartal beeinträchtigt hätten.

Vorstandschef Kurt Bock hatte zuletzt lediglich einen leichten Gewinnrückgang vorhergesagt. Der Ludwigshafener Konzern reduziert wegen der internationalen Verwerfungen auf dem Ölmarkt die Prognosen auch für die kommenden Jahre. Die Öl- und Gaspreise würden auch 2016 auf niedrigem Niveau bleiben, so BASF. Bock wird die wenig erfreulichen Zahlen des vergangenen Jahres am 25. Februar auf der offiziellen Bilanzpressekonferenz in Ludwigshafen erläutern müssen.

Die Tochterfirma Wintershall lieferte lange gute Profite - jetzt ist sie das Problem

Die Öl- und Gastochtergesellschaft Wintershall hatte sich für die BASF in der Vergangenheit oft als Retter des Gewinns erwiesen, wenn andere Bereiche des Konzerns durch flaue Phasen gingen. Bock hatte deshalb das Engagement von BASF im Öl- und Gasbereich, das in der Regel ein Viertel zum Konzerngewinn beiträgt, stets als ausgleichendes Element verteidigt. Schon oft hatten Investmentbanker die Trennung von diesem Geschäft gefordert.

Der Konzernchef, der in den zurückliegenden Jahren vor allem positive Entwicklungen verkünden konnte, hatte schon im Herbst das Gewinnziel wegen des rasanten Verfalls des Ölpreises und wegen schwacher Geschäfte in wichtigen Schwellenländern wie China und Brasilien zurückgenommen. Bei dieser Korrektur war Bock aber noch von einem Ölpreis von 55 Dollar pro Barrel ausgegangen. Seitdem ist der Ölmarkt jedoch weiter gefallen. Der Preis für ein Fass der für den Weltmarkt bedeutsamen Nordseesorte Brent sackte zuletzt auf knapp 30 Dollar ab. Öl war damit so billig wie seit 2003 nicht mehr.

Für Chemieunternehmen bedeutet ein sinkender Ölpreis zwar niedrigere Rohstoffkosten, denn um Chemikalien oder Kunststoffe herzustellen, benötigt die Branche jedes Jahr mehr als 16 Millionen Tonnen Rohbenzin. Die eingesparten Milliarden kommen den Gewinnen der Konzerne aber nicht zugute: Wegen des enormen Wettbewerbsdrucks werden sie in der Regel von ihren Kunden zu Preissenkungen gezwungen. "Die Schwankungen der Ölpreise sind Gift für das Chemiegeschäft", fasst der Chefvolkswirt des Verbands der Chemischen Industrie, Henrik Meincke, zusammen.

Zu schaffen machen BASF aber auch die niedrigeren Renditen im Geschäft mit petrochemischen Erzeugnissen, bei denen Öl das Ausgangsprodukt ist. Dem Unternehmen setzt vor allem eine niedrigere Nachfrage in Nordamerika bei anhaltend hohem Angebot auf dem Weltmarkt zu. Dieses Geschäft hatte im dritten Quartal 2015 noch von höheren Renditen in Europa profitiert.

Auch im Bereich der Pflanzenschutzmittel steht der BASF-Konzern offenbar unter internationalem Preisdruck. Das gilt vor allem für den Markt in Lateinamerika, wo Währungseffekte die Geschäfte beeinträchtigen. Auch der Rückgang des Geschäfts in China und Überkapazitäten der chemischen Industrie in Asien haben offenbar einen massiven Preisdruck erzeugt. Der Ludwigshafener Konzern ist in China mit einem großen Werk vertreten.

Offenbar wurde das Ludwigshafener Management von der rasant abwärtsführenden Ölpreisentwicklung überrascht. Noch vor einem Jahr, als der Barrelpreis noch bei etwa 70 Dollar lag, konnte sich Konzernchef Bock nicht vorstellen, dass die Notierung auf die Dauer so niedrig bleiben würde. Er erwarte, dass der Preis bald wieder steigen werde.

70 Dollar pro Barrel, jetzt sind es nur noch 30 Dollar. Wohin soll das führen?

Erst vor wenigen Tagen hatte sich der Wintershall-Chef Mario Mehren optimistisch über die Entwicklung des Ölmarktes geäußert. "Ich erwarte einen Anstieg des Ölpreises eher früher als später", hatte er erklärt. Mehren hatte gesagt, er erwarte die positiven Folgen der rückläufigen Investitionen in der Ölindustrie bereits im Jahr 2017, weil gleichzeitig die Nachfrage nach dem Rohstoff wieder steigen werde. Das aber ist inzwischen unsicher wie schon lange nicht mehr.

© SZ vom 28.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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