Banken:"In falscher Gewissheit"

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Immer mehr Deutsche nehmen einen Immobilienkredit auf. (Foto: Johannes Simon)

Bundesbank warnt deutlich vor Risiken an den Finanzmärkten. Die Stabilität sei nicht unbedingt so gegeben, wie viele der Marktteilnehmer vermuten.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Die Bundesbank sieht ernste Gefahren für die Stabilität der Finanzmärkte. "Man wähnt sich in falscher Gewissheit", sagte die Vize-Präsidentin der Bundesbank, Claudia Buch, bei der Vorstellung des Finanzstabilitätsberichts. "Es besteht die Gefahr, dass Marktteilnehmer Risiken unterschätzen und nicht berücksichtigen, dass Vermögenspreise fallen und die Zinsen steigen können." Die Bundesbank fordert, dass die Akteure an den Finanzmärkten "hohe Risikopuffer aufbauen".

Die Warnung der Bundesbank kommt zu einem Zeitpunkt, da niedrige Zinsen die Ertragskraft der Banken belasten. Gleichzeitig nehmen immer mehr Deutsche einen Immobilienkredit auf. "Es werden Immobilien gekauft, weil die Zinsen niedrig sind und Anlagealternativen fehlen", sagte Bundesbankvorstand Andreas Dombret. Doch auch ein Zinsanstieg zurück auf Normalniveau birgt große Gefahren. "Ein großes Risiko des Niedrigzinsumfelds ist das Ende einer solchen Periode", sagte Dombret. Gerade wenn der Zins abrupt steigen würde, könne es zu Verwerfungen und Turbulenzen bei den Banken kommen.

Es ist eine bizarre Situation. Die Niedrigzinsphase ist gefährlich, steigende Zinsen aber auch, gerade für den boomenden Immobilienmarkt. Es droht eine Kettenreaktion. Wenn die Zinsen steigen, sinkt tendenziell der Wert der Immobilien, weil höhere Kreditkosten die Nachfrage dämpfen. Dadurch sind die Immobilienkredite weniger abgesichert, Banken müssten womöglich mehr Kapital als Verlustpuffer zurücklegen. Eine Zinswende könnte auch die Gesamtwirtschaft schwächen und zu höherer Arbeitslosigkeit führen. Das wiederum führt zu Kreditausfällen bei den Banken, weil manche Hausbesitzer ihr Darlehen nicht mehr bedienen können. Es kommt zu Notverkäufen, was die Häuserpreise weiter drücken könnte.

Darüber hinaus vergeben die Banken immer häufiger langfristige Immobilienkredite mit Laufzeiten von über zehn Jahren. "Das deckt der Pfandbriefmarkt kaum noch ab und könnte eine offene Flanke sein", warnte Dombret. Natürlich können sich Banken gegen einen Kreditausfall versichern. Doch diese Wertpapiere sind für das Finanzsystem insgesamt ein großes Risiko, weil niemand weiß, wer die Policen besitzt und im Ernstfall den Kreditausfall bezahlen muss. "Es gibt kaum differenzierte Informationen dazu, wer die Gegenpartei für diese Kreditausfallversicherung ist", sagte Bundesbank-Vize Buch. Eine Überhitzung des Immobilienmarktes in Deutschland sieht die Bundesbank aber nicht, obwohl die Preise vor allem in den Ballungszentren seit 2010 stark gestiegen sind. "Wir haben keinen Befund, dass sich ein kreditfinanzierter Preisboom auf dem Immobilienmarkt aufbaut", sagte Buch. Banken würden Wohnungskredite weiterhin sehr umsichtig vergeben. Die Kreditvergabestandards der Banken seien streng, das Wachstum der Wohnbaukredite liege immer noch unter dem langjährigen Mittelwert. "Die Solvabilität und die Liquidität des deutschen Bankensektors stehen außer Frage", sagte Dombret. Was Eigenkapitalausstattung und Liquidität angehe, stehe die Ampel auf grün. Bei der Ertragskraft sei die Ampelfarbe dunkelgelb - "mit der Gefahr, dass das relativ bald auf rot umschalten kann".

© SZ vom 17.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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