Banken:Erst mal geschafft

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Sechs Wochen nach Beginn der Kontaktsperren erweisen sich die deutschen Banken als stabil. Von einer Finanzkrise sei nichts zu sehen, sagt die Bundesbank. Doch die Probleme könnten noch kommen.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Konferenzen der Bundesbank locken zu normalen Zeiten vor allem Menschen an, die Details lieben. Die Begeisterung aufbringen für das Regel-Klein-Klein von Basel III, Mifid II und CRD IV. Doch was sind noch mal normale Zeiten? Am Dienstag jedenfalls wählten sich zeitweise mehr als 4000 Teilnehmer in eine ins Netz verlegte Konferenz der Frankfurter Aufseher ein. "Covid-19 und die Auswirkungen auf die Banken in Deutschland", lautete der Titel. "Ich kann mich nicht entsinnen", sagte Bundesbankvorstand Joachim Wuermeling sichtlich erfreut, "dass das dröge Thema Bankenaufsicht schon mal so viele Teilnehmer angezogen hat".

Blick auf das Frankfurter Finanzzentrum: Banken beklagen sich über die schwierige Lage - zu Unrecht, finden manche. (Foto: Boris Roessler/dpa)

Er zähle vier mal so viele Zuschauer wie zu Vor-Corona-Zeiten. Tatsächlich fragen sich nun nicht nur Fachleute, sondern auch viele Bürger, ob auf die Corona-Wirtschaftskrise unweigerlich auch eine Bankenkrise folgt. Werden die vielen tausend Unternehmen, Gaststätten, Hotels, Automobilzulieferer, die ihren Geschäftsbetrieb wegen der Ansteckungsgefahr einstellen mussten, nicht nur pleite gehen, sondern auch ihre Kreditgeber reihenweise mit in den Abgrund reißen, weil sie ihre Kredite nicht mehr zahlen können? Und: Sind die Banken weiterhin in der Lage, die Realwirtschaft mit Kredit und die Privatkunden mit Bargeld zu versorgen oder droht eine Neuauflage der Finanzkrise?

Sechs Wochen nach Beginn der Kontaktverbote in Deutschland lässt sich laut den Rednern der Konferenz immerhin sagen: Die deutschen Banken haben ihre Bewährungsprobe fürs Erste bestanden. Das Finanzsystem sei noch nicht bedroht; das immense Förderprogramm der Bundesregierung erreiche die meisten Unternehmen; eine Kreditklemme sei nicht zu erkennen. Die Nachfrage nach Hilfskrediten der staatlichen Förderbank KfW sei nach wie vor hoch. Derzeit lägen 27 000 Anträge im Gesamtvolumen von 34 Milliarden Euro vor. Geholfen habe dabei, dass Aufsicht und Politik gleich zu Beginn der Krise zahlreiche Regeln gelockert haben, etwa, ab wann die Banken einen Kredit als ausfallgefährdet einstufen.

Für Schnellkredite bis 800 000 Euro übernimmt zudem der Staat die komplette Haftung. Zugleich erweise sich nun als richtig, dass die Aufseher nach der Finanzkrise die Regulierung verschärft und die Banken zu höheren Eigenkapital- und Liquiditätspolstern gezwungen hätten. "Die Banken sind aktuell stabil, es sind hohe Puffer für Kreditvergabe und gegebenenfalls auch Kreditausfälle vorhanden und nutzbar", sagte Wuermeling. Bleibt dies so? Das hängt nun vom weiteren Verlauf der Pandemie ab. "Wir alle klammern uns ein bisschen an den Glauben, dass irgendwo da draußen irgendwer doch wissen müsste, was hier eigentlich los ist", sagte der Bundesbankvorstand ein wenig augenzwinkernd und ergänzte: "Sollten Sie insgeheim auf den Gedanken kommen, die Bundesbank könne gemeint sein, muss ich Sie aber leider enttäuschen."

Ab Herbst droht in Sachen Kreditausfälle der "Moment der Wahrheit"

Klar scheint nur: Die Kreditausfälle werden zunehmen. Die größten Sorgen bereiten den Aufsehern die Kreditrisiken, die voraussichtlich vermehrt ab dem dritten Quartal anfallen werden. Kredite an inländische Unternehmen und Selbstständige stünden dabei im Fokus; sie machen etwa ein Viertel aller vergebenen Darlehen aus. Diese Kredite laufen recht lange - mehr als zwei Drittel des Volumens hätten eine Restlaufzeit von mehr als fünf Jahren. Gelockerte Bilanzierungsregeln machten es nur aktuell leichter, der Moment der Wahrheit aber werde kommen, wenn später dann die Kredite nicht mehr bedient werden können. Welche Verluste auf die Banken zukommen, ließe sich gerade noch gar nicht sagen, so Wuermeling. Das verfügbare Kapital in den Bankbilanzen sei aber ausreichend, um im Ganzen die Krise auffangen zu können.

Will heißen: Das deutsche Finanzsystem als Ganzes kann den Corona-Schock womöglich wegstecken, einzelne Banken aber durchaus in Schieflage geraten. Ohnehin sollten die Banken bereits jetzt daran denken, ob ihr Geschäftsmodell nach Corona noch tragfähig sei, wenn die Menschen vielleicht ihre Gewohnheiten ändern und anders konsumierten, sagte Yves Mersch, Vize-Chef der Bankenaufsicht der Europäischen Zentralbank. Angesichts der gewaltigen Summen, die Staaten und Zentralbanken zur Verfügung stellten, müsse man außerdem aufpassen, nicht in eine Zombiewirtschaft hineinzuwachsen. Nicht alle Unternehmen könnten gerettet werden.

Felix Hufeld, Chef der Finanzaufsicht Bafin, stellte demnächst wieder strengere Regeln für Banken in Aussicht. "Wir müssen irgendwann auch wieder in einen regulatorischen Normalzustand zurückkehren". Es sei anspruchsvoller, den Weg aus einer solchen Krise wieder "heraus zu managen" als die Zeit während der Beschränkungen im Griff zu haben.

© SZ vom 06.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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