Banken-Deal:Liechtenstein - bitte draußen bleiben

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Bei der Liechtensteiner LGT-Bank parkten Steuerhinterzieher wie der Ex-Post-Chef Zumwinkel ihr Geld. Die Deutsche Bank wollte an sie eine ungeliebte Tochter verkaufen - doch der Deal platzte.

H. Freiberger und M. Hesse

Die Vergangenheit hat Liechtenstein eingeholt. Monatelang hat die Hausbank des Fürstentums, die LGT Gruppe, um die Übernahhme der BHF Bank von der Deutschen Bank geworben. Jetzt hat die Finanzaufsicht Bafin, die dem Bundesfinanzministerium unterstellt ist, den Verkauf zum Scheitern gebracht - weil sie die Zuverlässigkeit des Käufers anzweifelt.

An der Grenze des Fürstentums Liechtenstein. (Foto: DPA)

Das ist nicht nur für Liechtenstein ein schwerer Schlag, sondern auch für die Deutsche Bank, die auf der BHF sitzenbleibt.

Drei Jahre ist es her, da klaute in Vaduz ein Mann namens Heinrich Kieber eine Datei von Steuersündern und spielte sie deutschen Staatsanwälten zu. So flog unter anderem der einstige Post-Chef Klaus Zumwinkel auf. Er hatte über eine Stiftung bei der LGT knapp eine Million Euro Steuern hinterzogen und wurde zu zwei Jahren Haft auf Bewährung und einer Bewährungsauflage von einer Million verurteilt.

Der Finanzplatz Liechtenstein war in Aufruhr, das Geschäftsmodell der LGT ramponiert. Seitdem arbeitet das Geldhaus der Fürstenfamilie, die größte Privatbank Europas, an der Rehabilitierung. Liechtenstein schloss Rechtshilfeabkommen mit zwei Dutzend Staaten, mit Deutschland verhandelt man über ein Doppelbesteuerungsabkommen. Auch profiliert sich die LGT zunehmend als saubere Bank für die Reichen - selbst in Deutschland. Die Übernahme der traditionsreichen BHF-Bank sollte die Krönung dieser neuen Strategie sein.

Doch Jochen Sanio hat dem Bankchef Prinz Max von Liechtenstein einen Strich durch die Rechnung gemacht: Der erste Mann der Bafin hatte offenbar so große Bedenken gegen die LGT, dass diese schließlich den Kampf aufgab. "Nach Gesprächen zwischen den Parteien und mit den zuständigen Aufsichtsbehörden sind die Deutsche Bank und die LGT zu dem Schluss gekommen, die Transaktion nicht weiter zu verfolgen", teilt die Deutsche Bank mit. Weiter wollte sie sich nicht zu den Gründen für das Ende der Gespräche äußern. Fast wortgleich lautet der Kommentar der LGT.

In Finanzkreisen ist weitaus mehr zu den Hintergründen des Scheiterns zu hören. Alles sei in trockenen Tüchern gewesen, die Führungskräfte der LGT wollten den Kauf der BHF in dieser Woche ihren Bereichsleitern mitteilen. 350 Millionen Euro sollten die Liechtensteiner für das Vermögensverwaltungsgeschäft und die Wertpapierabwicklung der Frankfurter Bank bezahlen. Das Investmentbanking sowie das Kreditgeschäft hätten bei der Deutschen Bank bleiben sollen. Dort habe Ackermann mit den Zähnen geknirscht, weil er eigentlich die BHF als Ganzes hätte verkaufen wollen. Doch mangels Alternative willigten die Deutsche Bank schließlich ein.

Das Geschäft kippte, als die Finanzaufsicht immer neue Fragen an die LGT stellte. Das hatte System. Die Liechtensteiner begriffen. Sie gaben auf. Ein Bafin-Sprecher erklärt zu der Sache, es sei wie immer: Wenn eine ausländische Bank mindestens zehn Prozent an einem deutschen Institut erwerben wolle, stoße die Aufsicht ein Inhaberkontrollverfahren an. Das sieht das Gesetz vor. Über den Lauf des Verfahrens wollte der Bafin-Mann nichts sagen.

"Politisch nicht opportun"

In Bankenkreisen heißt es, die Bafin habe Zweifel an der Zuverlässigkeit der LGT gehabt. Der Grund sei die Vergangenheit als Helfer für Steuervermeider. Die Liechtensteiner hätten nicht schlüssig darlegen können oder wollen, dass sie sich völlig von diesen Praktiken abgewandt haben. Als Stein des Anstoßes gilt, dass die LGT in den vergangenen Monaten auffallend viel Geld in Singapur angezogen hat - "ein Staat, wo das Bankgeheimnis noch mehr zählt als in der Schweiz", wie ein Insider sagt. In den Kreisen heißt es weiter, womöglich sei die Übernahme eines großen deutschen Instituts durch eine Liechtensteiner Bank für "politisch nicht opportun" erachtet worden. Das Finanzministerium wollte sich zu dem Vorgang nicht äußern.

Der Deutschen Bank war die BHF-Bank zugefallen, als sie 2009 die Kölner Privatbank Sal. Oppenheim übernahm. Früh hatte Bankchef Ackermann signalisiert, er wolle die BHF verkaufen - und betraute zunächst seinem früheren Strategiechef Axel Wieandt mit dem Job. Der hatte gerade seinen Job als Interimschef der Hypo Real Estate hingeworfen, weil er mit der Gängelung durch die staatlichen Eigentümer nicht zurecht kam. Doch auch mit seinem ersten großen Projekt nach seiner Rückkehr zur Deutschen Bank scheiterte Wieandt.

Nach wenigen Monaten stand LGT als alleiniger Bieter da. Andere Interessenten wollten allenfalls Teile der BHF kaufen, die Deutsche Bank lehnte dies lange ab. Es hieß, sie wolle eine Integration von Teilen der BHF und den damit verbundenen Stellenabbau vermeiden. Wieandt wurde der Verkaufsprozess entzogen, mit der LGT verhandelten andere.

Jetzt kommt Ackermann nicht um die schmerzhafte Eingliederung der BHF herum. Bei der Deutschen Bank hieß es, man wolle die Zeit der Unruhe für die Mitarbeiter so schnell wie möglich beenden. Die BHF Bank wird nun in die weltweite Vermögensverwaltung eingegliedert, für das Deutsche-BankVorstand Peter de Weck zuständig ist. Der Manager traf am Montag mit Finanzvorstand Stefan Krause die Führungskräfte der BHF. Es sei noch zu früh, um darüber zu reden, was aus den einzelnen Sektoren der BHF-Bank werde, hieß es. Dass sie an der Vermögensverwaltung hänge, bedeute nicht, dass die übrigen Bereiche zur Disposition stünden. Über einen möglichen Stellenabbau lasse sich noch nichts sagen. Beobachter rechnen mit Jobstreichungen im großen Stil, da die Deutsche Bank mit dem Investmentbanking, dem Eigenhandel und dem Kreditgeschäft der BHF nichts anfangen könne. An der Börse fürchtet man offenbar Schlimmes. Die Aktie der Deutschen Bank verlor rund drei Prozent.

© SZ vom 19.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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