Banken:Bis Ende Juli muss ein Plan her

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Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing plant offenbar eine Bad Bank für Derivate, um die Bilanz des Instituts zu entlasten. Experten sind aber skeptisch.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Das Bankenviertel in Frankfurt ist immer ein beliebtes Fotomotiv. Rechts im Bild: die Türme der Deutschen Bank. (Foto: Thomas Lohnes/Getty)

Christian Sewing ist keiner, der sich nur in seinen Türmen verschanzt. Kurz nach seinem Amtsantritt vor einem Jahr nahm der Deutsche-Bank-Chef sogar am jährlichen Frankfurter Firmenlauf teil. In Shorts und buntem T-Shirt joggte er mit Kollegen durch die Straßen der Stadt.

Für so viel Volksnähe ist diesen Sommer keine Zeit. Das erste Jahr im Amt lief schlecht, viel schlechter als befürchtet. Der Versuch mit der Commerzbank zu fusionieren, führte ins Nichts. Der Aktienkurs gab nach; Anfang Juni auf unter sechs Euro. Zu Hochzeiten waren die Papiere der Bank noch gut hundert Euro wert gewesen.

Auf der Hauptversammlung im Mai hatte Sewing daher "harte Einschnitte" angekündigt. Mal wieder. Die Bank werde sich auf die profitablen und wachsenden Bereiche ausrichten - und zwar "diszipliniert und kompromisslos". Was genau er plane, das verschwieg er den Aktionären zwar, spätestens am 24. Juli aber, wenn die Bank über ihr zweites Quartal berichtet, werde Sewing nun eine Plan aufzeigen, heißt es in der Bank. Das Problem: Viele Anleger verlieren inzwischen die Geduld - ablesbar am Aktienkurs - weswegen man nun rasch ein paar Details durchsickern ließ.

Man werde "sobald wie möglich über die Ergebnisse informieren"

Via Financial Times erfuhren die Investoren nun, dass zur neuen Ausrichtung des Instituts offenbar wieder eine interne Bad Bank gehören soll. In einer solchen separaten Einheit könnten Wertpapiere und Finanzanlagen im Volumen von bis zu 50 Milliarden Euro abgebaut werden, wenn das Investmentbanking weiter zurückgeschnitten werde. Maximal ginge es um 14 Prozent der Bilanz. Dabei wird das ausrangierte Geschäft vom Kerngeschäft getrennt, bleibt aber auf der eigenen Bilanz. Die Wertpapiere werden verkauft oder laufen einfach aus. Dabei soll es sich vor allem um langlaufende Derivate handeln.

Mit solchen Kontrakten können sich Fluglinien oder Autohersteller gegen Preisschwankungen absichern. Sie laden aber auch zum Zocken ein. Der Clou für die Investmentbanker: Wenn sie die Derivate für die Bank abschließen, erhöht das Gewinne und Boni. Läuft ein Derivat schlechter als erwartet, schlägt sich das häufig erst Jahre später nieder. Der frühere Vorstandschef Josef Ackermann hatte die Bank seinerzeit zum weltgrößten Derivatehaus gemacht. Heute belasten diese Papiere die Bank.

Eine Bad Bank ist zwar nicht wirklich neu. Im April hatten Wall Street Journal und Bloomberg über ähnliche Vorhaben berichtet. Immerhin aber erreichte die Meldung am Montag ihr Ziel: Die Aktien der Bank notierten zur Abwechslung im Plus. Was genau an den Plänen dran ist und ob es zusätzlich weitere Einschnitte gibt, dazu gab es am Montag indes keine Angaben. Unklar ist auch, ob die nun genannten Bad-Bank-Pläne über die bisherigen Abbaupläne hinausgehen oder ob das Geldhaus nur bestehende Einheiten mit neuem Etikett versieht. Im Zuge ihrer jüngsten Kapitalerhöhung vor zwei Jahren hatte die Bank bereits auf Altlasten von 60 Milliarden Euro in ihrer Investmentbank hingewiesen, die dort abgewickelt würden. Ob es sich um genau dieses Portfolio handelt, dazu wollte sich ein Sprecher nicht äußern. Er sagte lediglich, die Bank habe auf der Hauptversammlung neue Maßnahmen angekündigt. Man werde Kunden, Mitarbeiter, Aktionäre und Öffentlichkeit "sobald wie möglich über die Ergebnisse informieren".

Im Idealfall setzt so eine Abwicklung zwar frisches Kapital frei, weil die Bilanz von Risiken entlastet wird. Ob die Rechnung aufgeht, hängt aber davon ab, zu welchen Konditionen sich die Wertpapiere verkaufen oder abwickeln lassen. In der Regel verschlingt eine Abwicklung daher erst einmal viele Milliarden Euro an Kapital, welches die Bank weder im Überfluss hat noch so ohne Weiteres einsammeln kann.

Eine "Bad Bank" in besagter Größe sei daher "nicht die Antwort" für die Krise der Bank, schrieben erst unlängst die Analysten von JP Morgan. Sie brächte lediglich eine Verbesserung der Eigenkapitalrendite - also der Kennziffer, um die es bei der Maßnahme in erster Linie geht - von kümmerlichen 0,14 Prozentpunkten. Die Bank habe vermutlich längst alle noch brauchbaren Bilanzwerte verkauft. Tatsächlich hatte das Geldhaus seine letzte Bad Bank bereits Ende 2016 nach knapp vier Jahren geschlossen. Anfangs lagerten dort risikogewichtete Anlagen im Volumen von 128 Milliarden Euro. Nachdem die Bank mehr als 90 Prozent davon abgebaut hatte, erklärte die Bankführung Vollzug und übertrug die verbliebenen Wertpapierpakete auf die jeweiligen Geschäftssparten.

Für Investmentbank-Chef Garth Ritchie werden bereits Nachfolger gehandelt

Neben einer Bad Bank ist nun auch erneut die Rede davon, dass die Bank ihr Zins- und Aktiengeschäfts außerhalb Europas verkleinert, was Sewing bereits zu seinem Amtsantritt angekündigt hatte. Das werde aber ebenfalls nicht viel bringen, schrieben die Analysten von JP Morgan. Großaktionäre hatten daher zuletzt tiefere Einschnitte gefordert, vor allem im US-Geschäft, wo die Bank längst nicht mehr wettbewerbsfähig ist. Bislang gibt es jedoch keine Anzeichen, dass es im US-Geschäft zu tief greifenden Einschnitten käme, heißt es aus der Bank. Es gebe dort immer noch zu viele hoch bezahlte Mitarbeiter, die vom Status Quo profitierten, sagte ein Insider. Ihnen würde es immer wieder gelingen, Entscheidungen zu torpedieren.

Zumindest in der obersten Führungsriege könnte es bald Veränderungen geben: Für den angezählten Investmentbanking-Chef Garth Ritchie werden nach SZ-Informationen Nachfolger gehandelt: Zum Beispiel Mark Fedorcik, der für die Bank in den USA tätig ist, aber auch Ioannis Pipilis, Chef des Anleihehandels. Zumindest Pipilis ist auch außerhalb der Bank nicht ganz unbekannt. 2009 hatte er sich zusammen mit fünf anderen Deutsche-Bank-Kollegen an einem dubiosen Handelsgeschäft beteiligt. Die Banker hatten daran privat 37 Millionen Dollar verdient. Ein Teil der Gewinne sei auf Kosten des Geldhauses erzielt worden, so der Verdacht der Revisionsabteilung, der sich aber offenbar nicht erhärten ließ. Der Karriere der Banker hat der Deals nicht geschadet.

© SZ vom 18.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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