Ist nun doch eine baldige Einigung in Sicht - oder haben die Lokführer gemerkt, dass ihr Rückhalt in der Bevölkerung schwindet? Jedenfalls kündigte die Lokführergewerkschaft GDL an, ihre Streiks bis einschließlich Dienstag auszusetzen.
Die Arbeitgeber hätten bis dahin Zeit, der GDL ein verhandlungsfähiges Angebot vorzulegen, teilte die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) am Freitag in Frankfurt mit. "Noch immer liegt uns kein verhandlungsfähiges Angebot vor", erklärte GDL-Chef Claus Weselsky. "Wenn uns bis Dienstag Mitternacht kein Angebot vorliegt, behalten wir uns weitere Arbeitskampfmaßnahmen vor", sagte ein GDL-Sprecher. Von einem "Ultimatum" wollte er aber nicht sprechen.
Zugleich wies er darauf hin, dass seine Organisation mit vier größeren privaten Schienenverkehrsunternehmen unmittelbar vor einem Ergebnis stehe. "Der Abschluss ist in Sicht", erklärte er. Er solle in einer letzten Verhandlungsrunde am kommenden Mittwoch erreicht werden. Über die Inhalte sei Stillschweigen vereinbart worden.
Zuvor hatte es noch so ausgesehen, als wollten die Lokführer die Gangart eher verschärfen. Der Berliner Bezirksvorsitzende, Frank Nachtigall, drohte in der Berliner Zeitung: "Wir sind bestrebt, die Eskalation zügig voranzutreiben. Wir werden ohne lange zu warten die nächste Aktion planen." Diese werde auf jeden Fall länger dauern als die sechs Stunden, die am Donnerstag gestreikt worden sei. Die Gewerkschaft strebe deshalb schon bald eine weitere Aktion an, weil sie keine langwierige Auseinandersetzung wolle.
"Eine elfmonatige Hängepartie, wie wir sie bei der Tarifauseinandersetzung 2007/2008 erleben mussten, wollen wir diesmal vermeiden", sagte Nachtigall. Ob der S-Bahn-Verkehr in der Hauptstadt Berlin auch bei einem nächsten Streik mit einbezogen werde, sei noch offen.
Die Gewerkschaft will einheitliche Tarifstandards für etwa 26 000 Lokführer im Nah-, Fern- und Güterverkehr durchsetzen - egal, bei welchem Betreiber sie arbeiten. Die Lokführer hatten am Mittwoch und Donnerstag den Personen- und Güterverkehr bundesweit bestreikt.