Bau:„Graugrün bis schokobraun“: Neue Schallschutzwände

Lesezeit: 2 min

Das Logo der Deutschen Bahn (DB). (Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa/Symbolbild)

Seit Jahren wird im Mittelrheintal über Bahnlärm diskutiert. Nun sollen es neue Schallschutzwände richten. Doch Kritiker fordern etwas anderes.

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Koblenz (dpa/lrs) - Wände in grau und braun sollen künftig das Mittelrheintal vor Lärm schützen. Laut Deutscher Bahn sind dann die „typischen Schattierungen des Mittelrheintals“ nicht nur in der Landschaft, sondern auch auf ihren Schallschutzwänden zu sehen. Am Donnerstag stellte das Unternehmen in Koblenz sein neues Gestaltungskonzept für die Schallschutzwände vor.

Sie sollen sich „harmonisch und zurücknehmend“ in das Umfeld einfügen, hieß es. Für die Farbpalette findet das Unternehmen auch blumige Worte: „Graugrün bis schokobraun“ seien die neuen Wände.

Der Anspruch sei gewesen, eine Balance zwischen Schallschutz und umweltverträglicher Gestaltung herzustellen, sagte Matthias Wistuba, Projektleiter von der Deutschen Bahn. Die Farbpalette trage dem Rechnung und werde nun sukzessive entlang der Bahnstrecke sichtbar sein. Das Sekretariat für das Welterbe in Rheinland-Pfalz, die Denkmalfachbehörden von Rheinland-Pfalz und Hessen, der Zweckverband Oberes Mittelrheintal und die Initiative Baukultur Welterbe Oberes Mittelrheintal seien über eine Arbeitsgruppe in die Erarbeitung des neuen Konzepts eingebunden gewesen.

„Das Obere Mittelrheintal wurde als erste deutsche Kulturlandschaft Unesco-Welterbe und ist geprägt von einer hohen Dichte an Kulturdenkmälern“, teilte Nadine Hoffmann vom Welterbesekretariat mit. Die Gestaltung baulicher Maßnahmen sei deshalb besonders bedeutsam. „Wir freuen uns, dass es gemeinsam gelungen ist, mit der Erarbeitung eines speziellen Gestaltungskonzeptes für die Lärmschutzwände dieser Bedeutung gerecht zu werden.“

Die Bahnstrecke im Mittelrheintal sorgt seit Jahren für Diskussionen. Sie ist Teil einer der wichtigsten europäischen Verkehrsachsen für den Nord-Süd-Verkehr. Das schalltrichterartige Tal mit dem berühmten Loreley-Felsen leidet unter extremem Bahnlärm.

Das Bürgernetzwerk Pro Rheintal teilte mit, viele Bürger lehnten Schallschutzwände ab, weil sie „ästhetisch überhaupt nicht in die Kulturlandschaft Oberes Mittelrheintal passen“. Bahnlärm erzeuge durch das hohe Gewicht der Züge und die Geschwindigkeit innerhalb von Wohngebieten Erschütterungen und Sekundärschall wie kein anderes Verkehrsmittel. Schallschutzwände seien da wirkungslos, weil die Wände die Schwingungen, die sie aufnehmen, übertragen würden.

Das Netzwerk fordert deshalb schon seit Längerem ein Tempo-Limit von 50 Stundenkilometern in Ortsdurchfahrten. „Wenn unsere zentrale Forderung, Tempo 50, eingehalten würde, dann wären auch Lärmschutzwände wirksamer“, sagte Vorsitzender Frank Gross. „Dann wären die tiefen Frequenzen weg. Dann könnte die Lärmschutzwand wieder wirken.“

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte einem solchen Tempolimit im Frühjahr allerdings eine Absage erteilt. „Je langsamer die Züge fahren, desto unattraktiver ist der Verkehrsträger. Wir haben aber das Interesse und den Bedarf, dass möglichst viele Güter auf der Schiene fahren“, hatte Wissing damals gesagt. Mit Tempolimits auf der Schiene werde riskiert, mehr Güter auf der Straße zu haben.

Auch der Bau einer Alternativroute zur Strecke im Mittelrheintal ist nach wie vor nicht in Sicht. Eine vom Bundesverkehrsministerium in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie kam Anfang August zu dem Schluss, dass die mit einer neuen Trasse zu erzielenden Effekte für den Bahnverkehr nicht die Investitionskosten ausgleichen würden.

Das Lärmschutzprogramm Mittelrheintal der Deutschen Bahn besteht aus Projekten an mehreren Orten entlang des Rheins. In 20 Kommunen von Leutesdorf im Norden bis Eltville im Süden sollen bis zum Jahr 2028 Lärmschutzwände entstehen. Rheinland-Pfalz, Hessen und der Bund investieren laut Bahn mehr als 130 Millionen Euro in der Region. Auch in Koblenz werden demnach ab 2025 vier Kilometer Schallschutzwände errichtet.

© dpa-infocom, dpa:231018-99-613807/5

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: