Autokonzern:VW spart trotz Rekordgewinn

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  • Der Autokonzern Volkswagen (VW) hat im vergangenen Jahr fast dreizehn Milliarden Euro verdient.
  • Konzernchef Martin Winterkorn ist dabei, sein Unternehmen radikal umzubauen - und an vielen Stellen zu sparen.

Analyse von Thomas Fromm, Berlin

Der, der am meisten verdient, redet auch zuerst

Zehn Männer sitzen an diesem Morgen hinter einem weißen Pult in einer Halle in Berlin-Tempelhof. Gemeinsam haben sie die Uniform des Dax-Vorstands: Alle tragen sie dunkle Anzüge und weiße Hemden. Dahinter eine weiße Wand, auf der steht, natürlich wieder in Schwarz: Volkswagen. Weiß, schwarz, dann wieder weiß, und wieder schwarz - an so einem Bild arbeiten Jahrespressekonferenzdesigner wahrscheinlich Monate. Doch, es gibt noch Nuancen: Die Krawatten sind mal dunkel, mal grau, mal blau, mal dunkelrot.

Es ist 10 Uhr, ein grauer Berliner Nieselregen-Morgen, und was nun passiert, ist das Ritual von Jahrespressekonferenzen: Einer von zehn Männern redet, neun schauen in ihre Unterlagen. Oder in die Luft.

Der, der als erster redet, ist der, der am meisten für seine Arbeit bekommt. VW-Chef Martin Winterkorn hatte im vergangenen Jahr 15,9 Millionen Euro verdient, etwa eine Million Euro mehr als im Vorjahr. Aus VW-Sicht heißt das wohl: Da, wo ein Konzern Rekorde einfährt, 202 Milliarden Euro Umsatz macht und damit fast 13 Milliarden Euro verdient, muss es auch beim Chefgehalt Rekorde geben. Deshalb verdient niemand im Dax so viel wie der VW-Chef.

Winterkorn spricht über seine Rekorde, davon, dass VW "die Schlagzahl erhöhen" wird, von Verlässlichkeit, Stabilität und vom Weg an die Spitze. Nur dass hinter allen Rekorden, hinter der großen Wand aus schwarz-weiß, gerade eine Menge verschoben und neu sortiert wird, vielleicht sogar zusammenbricht. Bei aller Verlässlichkeit und Kontinuität: VW wird umgebaut, und zwar gewaltig. Vor acht Monaten hatte Winterkorn ein Sparprogramm von fünf Milliarden Euro angekündigt. Jetzt geht es ans Eingemachte: Wo und wie sollen diese Milliarden reingeholt werden? "Wir haben inzwischen Verbesserungschancen in einer Größenordnung von etwa der Hälfte der angestrebten fünf Milliarden Euro identifiziert", sagt er.

Warum habt ihr eigentlich keine Frau da vorne?

Identifiziert ist noch nicht das Gleiche wie gespart, das weiß auch Winterkorn. Eine Milliarde Euro soll in diesem Jahr gespart werden, der Rest 2016 und 2017. Modelle, Sonderausstattungen, Extras - überall soll gekürzt werden. Ein Konzern mit zwölf Marken braucht nicht alles. Es geht, wie es Winterkorn sagt, um die "Vielfalt, die keinen echten Mehrwert bietet"

Es sind die Gewichte im Konzern, die sich in den vergangenen Jahren immer mehr verschoben haben. Heute sind es die Marken Audi und Porsche, die einen großen Teil des Konzerngewinns einfahren. Die alte Stammmarke VW mit Modellen wie Golf und Passat dümpelt dagegen vor sich hin. Absatz ok, aber Gewinn: mickrig. Nur noch 2,5 Prozent Umsatzrendite brachte die Marke VW zuletzt. Mit anderen Worten: Da, wo 1000 Euro Umsatz gemacht wurde, blieben nur 25 Euro hängen. Das ist nicht mehr viel über Null und zu wenig. Daher das Sparprogramm.

Zahlen, Prognosen und Absichtserklärungen: So arbeiten sich die zehn dunklen Männer durch den Vormittag dieses grauen Berliner Vormittags. Irgendwann dann die Frage: Warum habt Ihr eigentlich keine Frau da vorne? Keine Frau im Vorstand. Bei Daimler, BMW und anderen ist das anders. "Das ist für uns natürlich ein Thema", sagt Personalchef Horst Neumann. Immerhin seien 125 Frauen Mitglieder einer Geschäftsführung oder eines Aufsichtsrats innerhalb des Konzerns. Wann allerdings eine Frau hier oben auf der weiß-schwarzen Bühne sitzen wird, wisse auch er nicht. Bleibt also erst mal alles: schwarz-weiß.

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