Audi-Betriebsrat:"Wir müssen gesamtwirtschaftlich denken"

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Die Audi-Mutter VW teilte mit, dass der Absatz der Kernmarke im April um zwei Drittel eingebrochen ist. (Foto: picture alliance/dpa)

Peter Mosch, Betriebsratschef bei Audi, lehnt reine Autokaufprämien ab - und stellt sich damit gegen VW-Konzernchef Diess.

Von Thomas Fromm, München

Peter Mosch hatte in den vergangenen Wochen ziemlich volle Tage. Immer wieder saß der Betriebsratschef der VW-Tochter Audi mit dem Corona-Krisenstab in Ingolstadt zusammen, und meistens ging es dabei um die großen Fragen: Wie lässt sich der Schichtbetrieb in den Werken allmählich wieder hochfahren, wie der Gesundheitsschutz der Beschäftigten sicherstellen, wie Abstands- und Hygieneregeln einhalten?

"Das ist schon eine beklemmende Situation, wenn man so wie ich jetzt in den vergangenen Wochen durch leere Hallen und über leere Büroflure geht", sagt Mosch. "Deshalb freut es mich, dass nun allmählich wieder Leben ins Unternehmen kommt." Seit diesem Montag baut Audi auf einer Linie den Audi A 3 und Q 2 wieder im Dreischichtbetrieb, Ende Mai wird auch die Produktion von A 4 und A 5 peu à peu wieder gestartet. Doch selbst wenn es jetzt wieder losgeht und die Bänder rollen: Über allem schwebt die bange Frage, ob die Menschen in den kommenden Monaten überhaupt Autos kaufen werden.

Oder produziert man jetzt womöglich auf Halde? Die Zahlen sind zurzeit wenig ermutigend. Die Audi-Mutter VW teilte am Montag mit, dass der Absatz der Kernmarke im April wegen des Stillstands in der Corona-Krise in Deutschland um zwei Drittel eingebrochen ist. Für ganz Europa meldeten die Wolfsburger sogar einen Rückgang um 83 Prozent. VW-Chef Herbert Diess fordert daher massive Kaufanreize für Autokunden - die Branche sei als Schlüsselindustrie auf eine massive Unterstützung angewiesen, weil sie wegen der vielen Mitarbeiter und Zulieferfirmen den größten konjunkturellen Effekt verspreche. Anders gesagt: Wenn der Staat hier investiert, investiert er auch in Jobs. Außerdem brauche man "die Prämie unabhängig von der Antriebsart, für das gesamte Produktangebot", sagte er. Nun ist Diess nur derjenige, der die Forderung am vehementesten in der Öffentlichkeit vertritt. Auch seine Vorstandskollegen von Daimler und BMW, Ola Källenius und Oliver Zipse, finden, dass es höchste Zeit ist für staatliche Kaufhilfen.

"Gesamtwirtschaftliche Strategie"

Audi-Betriebsratschef Mosch findet Kaufprogramme für Autos im Prinzip richtig. Aber diese sollten "eingebettet werden in eine gesamtwirtschaftliche Strategie", sagte er der SZ. "Da müssen dann auch andere betroffene Branchen wie Hotels, Gastronomie, Friseure und vieles andere mehr mit drin sein." Auch in der Autoindustrie weiß man: Wenn der Mittelständler mit seinem Zehn-Personen-Betrieb pleitegeht, wenn der Hotelier sein Hotel für immer schließen muss, dann wird es schwierig, irgendwann noch VW-Transporter und Audi-Limousinen zu verkaufen.

Peter Mosch plädiert für staatliche Hilfen. Aber es sollten dann schon „intelligente Lösungen“ sein. (Foto: oh)

Diess hatte mit seiner Forderung daher einige Kritik auf sich gezogen. Warum soll jetzt schon wieder die Autoindustrie bevorzugt unterstützt werden - trotz aller Milliardengewinne der vergangenen Jahre? Was soll mit den vielen anderen Branchen geschehen, die ebenfalls unter der Krise leiden? Und vor allem: Was ist mit den üppigen Dividenden für Aktionäre? "Gewinne auszuschütten und gleichzeitig nach dem Staat zu rufen, während Millionen Steuerzahler den Gürtel enger schnallen, vergiftet das gesellschaftliche Klima", meinte der stellvertretende SPD-Vorsitzende Kevin Kühnert. Der Ruf der Autoindustrie in der Gesellschaft - auch darum geht es hier. "Wir müssen gesamtwirtschaftlich denken und nicht nur auf die eigene Industrie schauen", kritisiert Mosch nun. "Einfach nur eine platte, singuläre Abwrackprämie für Autos, wie wir sie schon aus der Finanzkrise kennen, da wäre ich dagegen."

Und wenn es zu Fördermaßnahmen kommt? Dann sollten dies "intelligente Lösungen" sein, so Mosch. Zwar könne man sich jetzt "nicht nur auf reine E-Autos konzentrieren". Davon gibt es derzeit schlicht nicht genug auf dem Markt; auch die Ladeinfrastruktur sei bislang noch nicht ausreichend vorhanden. "Aber wir müssen dennoch den Klimaschutz dabei im Auge behalten", fordert Mosch. Bis Anfang Juni soll über Kaufanreize entschieden werden, im Gespräch sind 4000 Euro Prämie für den Kauf von Autos mit Elektro-, Brennstoff- oder Plug-in-Antrieben. "Wenn Verbrenner gefördert werden, dann wirklich nur diejenigen, die die saubersten Antriebe haben, also neben reinen E-Autos auch Plug-in-Hybride oder mit Euro-6d-Norm", sagt Mosch.

© SZ vom 12.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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