Autoindustrie:Schwedisches Überholmanöver

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Volvo will künftig nur noch E-Autos herstellen. Diese Ansage setzt deutsche Konkurrenten massiv unter Druck - denn sie haben sich zuletzt Zeit gelassen mit der neuen Technologie.

Von Caspar Busse und Max Hägler, München

Der Name stammt aus dem Lateinischen: "Volvo" heißt übersetzt "ich rolle". Und die Schweden wollen jetzt in eine neue Zukunft rollen, möglichst ohne Benzin- und Diesel-Motoren. Von 2019 an sollen alle neuen Modelle des Herstellers mit einem Elektromotor ausgestattet sein, entweder zusätzlich zu den bisherigen Antrieben oder als reine E-Autos. "Diese Ankündigung markiert das Ende des ausschließlich von einem Verbrennungsmotor angetriebenen Autos", sagte Volvo-Chef Håkan Samuelsson. Es gehe dabei "einzig und allein um den Kunden". Samuelsson betonte: "Immer mehr Kunden kommen zu uns und fragen nach elektrifizierten Autos. Wir wollen gerüstet sein für die heutigen und zukünftigen Bedürfnisse."

Der Schwede Håkan Samuelsson, 66, ist seit 2012 Chef von Volvo, davor hat er für MAN gearbeitet. (Foto: Larry W. Smith/picture alliance/dpa)

Es ist durchaus eine symbolträchtige Ankündigung. Sie setzt Konkurrenten weiter unter Druck.

Volvo sieht es als "eine der bedeutendsten Schritte, den je ein Automobilhersteller im Bereich Elektrifizierung unternommen hat". Trotzdem: Es wird lange dauern, bis nur noch Volvo-Autos mit reinem Elektro-Antrieb unterwegs sein werden. Denn zum einen werden auch nach 2019 weiter alte Modelle mit Benzin- und Dieselmotoren gebaut, sie werden nur nach und nach durch neue Modelle ersetzt. Zum anderen wird in vielen Modellen lediglich zusätzlich ein E-Motor eingebaut, es handelt sich um Hybrid-Modelle, deren Batterie sich etwa extern an einer Steckdose oder Ladesäule laden lässt, oder auch um Autos mit 48-Volt-Hybridsystem, sogenannte Mildhybride (siehe Infokasten). Das Ziel lautet: Bis 2025 wollen die Schweden insgesamt eine Million E-Autos verkaufen. Die Investitionen in die umstrittenen Diesel-Motoren werden ganz eingestellt.

(Foto: SZ-Grafik)

Volvo Cars hat nichts mit dem gleichnamigen Lkw- und Busproduzenten zu tun und gehört seit 2010 zum Autokonzern Geely aus China. Das Land setzt voll auf Elektromobilität und unterstützt derzeit den Absatz massiv, um die Umweltprobleme in China in den Griff zu bekommen. Es werden hohe Subventionen für die Anschaffung eines E-Autos gewährt, zudem erhalten bald in manchen chinesischen Großstädten nur noch Stromer eine schnelle Zulassung. Die chinesischen Autohersteller, darunter auch Start-ups wie Nio, wollen die herkömmlichen Produzenten, vor allem aus Europa, frontal angreifen. Gleichzeitig will das US-Unternehmen Tesla den Markt erobern, im ersten Halbjahr wurden 47 000 E-Fahrzeuge verkauft, das neue Model 3 soll bald ausgeliefert werden.

Insbesondere die deutschen Autohersteller, führend bei den herkömmlichen Antrieben, müssen so um ihre Marktposition fürchten, sie sind spät dran und bringen neue E-Modelle deutlich langsamer auf den Markt. Die Gründe für den Vorstoß von Volvo liegen im Marketing, die Schweden wollen sich mit ihrer Ankündigung natürlich an die Spitze der Bewegung setzen. Volvo gehört letztlich auch in die Gruppe der sogenannten Premiumhersteller, wie Audi, BMW und Mercedes. Die chinesischen Schweden verkauften mit etwa 530 000 Fahrzeugen im Jahr 2016 jedoch deutlich weniger, darunter überdurchschnittlich viele große Wagen und besonders viele mit Diesel-Antrieb.

Daimler will viel Geld in eine Batterie-Fabrik in Peking investieren

Aber schon jetzt fließt viel Geld in Ingolstadt, München und Stuttgart zu großen Teilen in alternative Antriebe. Im Jahr 2025 wollen die drei jeweils ein Viertel ihrer dann verkauften Flotte elektrifizieren, also mit einem Elektromotor ausrüsten, gegebenenfalls auch in Verbindung mit einem Benzin- oder Dieselmotor. Die herkömmlichen Antriebe, das betonen die deutschen Vorstände mit Vehemenz, werden trotzdem mittelfristig eine Rolle spielen. Sie setzen also einen anderen Akzent als Volvo.

Da schwingt die Sorge der Deutschen um die teuren Fabriken mit. Dort werden derzeit Verbrennermotoren entwickelt, um deren Bestand die Arbeitnehmer so heftig kämpfen. Und da schwingt auch die Sorge mit, ob die Kunden die Technik überhaupt haben wollen. Denn Hybridfahrzeuge sind komplizierter, fehleranfälliger als solche mit einer Antriebsart. Reine Batteriefahrzeuge sind außerdem lange nicht so leistungsfähig bislang.

BMW etwa arbeitet an Elektromodellen der erfolgreichen Dreier-Reihe. Daimler kündigte am Mittwoch an, zusammen mit dem chinesischen Partner BAIC umgerechnet etwa 650 Millionen Euro in den Standort in Peking zu investieren. Dort werde neben dem bereits bestehenden Pkw- und Motorenwerk eine Fabrik für Batterien gebaut. Bis 2022 will Daimler weltweit mehr als zehn neue E-Modelle auf den Markt bringen und veranschlagt dafür zehn Milliarden Euro. VW ist zurückhaltender.

Konzernchef Matthias Müller sagte Ende April: "Die Elektromobilität fristet nach wie vor ein Nischendasein." Es werde in E-Antriebe und herkömmliche Motoren investiert. Jetzt aber hat Volvo ein Zeichen gesetzt.

© SZ vom 06.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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