Autohersteller:Kein billiges Geld für Opel

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Darf Opel darauf hoffen, von der Regierung als Sonderfall gesehen zu werden? Nein - sagen jetzt die Wirtschaftsminister von Bund und Ländern. Unterstützung erhalten die Opel-Mitarbeiter indes von Volkswagen.

Die Wirtschaftsminister von Bund und Ländern haben sich gegen eine Sonderbehandlung angeschlagener Unternehmen wie Opel bei der Vergabe von Staatshilfen ausgesprochen.

"Wenn bei Opel die Lichter ausgehen, wird der Kampf um den Erhalt der Arbeitsplätze in der derzeitigen Krise noch schwieriger" (Foto: Foto: Reuters)

Die Ressortchefs der Länder stellten sich am Dienstag zudem klar hinter das Vorgehen der Bundesregierung im Streit um Milliardenhilfen für den Autobauer.

Private Eigentümer gefordert

"Gravierende Wettbewerbsverzerrungen müssen vermieden werden", erklärte Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) nach dem Treffen mit seinen Länder-Amtskollegen.

Grundlage für staatliche Hilfe müsse stets ein tragfähiges unternehmerisches Konzept der privaten Eigentümer sein.

Brandenburgs Ressortchef Ulrich Junghanns (CDU) als Vorsitzender der Ministerkonferenz erklärte: "Die Großen dürfen nicht anders behandelt werden als die Kleinen." Auch sie müssten alle Voraussetzungen für Staatshilfen erfüllen.

Junghanns sprach von einer Gratwanderung zwischen Hilfsanträgen eines Unternehmens und Wettbewerbsverzerrung. Umso wichtiger sei es, dass die Kriterien für die Vergabe von Staatshilfen eingehalten werden.

Mit dem zweiten Konjunkturpaket können notleidende Firmen 115 Milliarden Euro vor allem an Bürgschaften sowie an Krediten nutzen.

Guttenberg bekräftigte, vor einer Entscheidung über Hilfen für Opel müssten die offenen Fragen geklärt werden. Auch müsse klar sein, wie sich der amerikanische Opel-Mutterkonzern General Motors (GM) und die US-Regierung aufstellen.

Es gebe nicht furchtbar viel, aber genügend Zeit zur Prüfung. Der Bund könne auch begleitend tätig sein bei der Investorensuche. Junghanns sagte: "Wir stimmen mit dem Bundesminister überein in seiner Vorgehensweise."

Auf die Frage, ob Opel ein "systemrelevantes" Unternehmen sei, mahnte Guttenberg ein "Höchstmaß an Vorsicht" an. Es gebe unterschiedliche Auffassungen.

Frage der Relevanz

Als "systemrelevant" gilt ein Unternehmen, wenn ein Zusammenbruch eine ganze Branche oder gar Volkswirtschaft schwer beschädigen würde. Guttenberg und Junghanns verwiesen grundsätzlich auf die Chancen der Insolvenz, ohne Opel in diesem Zusammenhang konkret zu erwähnen.

Das Insolvenzrecht sei Gestaltungsrecht und dürfe nicht mit dem "Stigma des Abschreckens" versehen werden, sagte Junghanns. Nach den Worten von Guttenberg muss die Insolvenz-Frage allgemein debattiert werden. Er wolle auf die möglichen positiven Auswirkungen der Insolvenzordnung hinweisen: "Ich verbinde das gezielt nicht mit der Frage Opel oder auch Schaeffler/Conti", betonte Guttenberg.

Das Wirtschafts- und das Justizministerium wurden im Zusammenhang mit dem Banken-Enteignungsgesetz vor etwa drei Wochen vom Bundeskabinett beauftragt, neue Möglichkeiten zur Rettung von Unternehmen zu entwerfen. Es geht um ein "Restrukturierungsmodell", das "eine nachhaltige Sicherung der Finanzmarktstabilität ermöglichen soll und sich unterhalb der Schwelle der Enteignung" bewegt.

Laut Guttenberg wird in den nächsten Tagen der erste Entwurf mit dem Justizministeriums abgestimmt. Er bekräftigte die Idee, das Insolvenzrecht auch zu erweitern - etwa über eine "eingeschränkte Insolvenz". Diese Gedanken seien aber noch nicht sehr konkret.

An diesem Freitag werden in Brüssel die Wirtschaftsminister von mindestens fünf Staaten sowie GM-Manager zum Gespräch mit EU- Industriekommissar Günter Verheugen erwartet.

Lesen Sie im zweiten Teil, warum sich die VW-Mitarbeiter mit ihren Opel-Kollegen solidarisieren.

Bereits an diesem Mittwoch kommt der Opel-Aufsichtsrat am Stammsitz des Unternehmens in Rüsselsheim zu einer regulären Sitzung zusammen.

Deutschlands Opel-Händler zeigten sich in einer Mitteilung besorgt über die "Hinhaltetaktik" von GM. Mit konkreten Schritten wollen die Händler dem Traditionsunternehmen Opel helfen: Der Vorstand des Verbandes Deutscher Opel-Händler (VDOH) werde seinen Mitgliedern in der Jahreshauptversammlung am 19. März empfehlen, einem Beteiligungsmodell zuzustimmen, teilte der Verband mit.

Über einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren solle ein Teil der Gewinne von jedem verkauften Neuwagen in einen geschlossenen Fonds eingezahlt werden, der seinerseits eine Beteiligung an Opel erwerben solle. Für einen solchen Fonds hatte die europäische Händlerorganisation EURODA im Februar einige hundert Euro pro Wagen als möglichen Wert genannt.

Opel-Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz hatte kürzlich für den Fonds einen Gesamtwert im dreistelligen Millionenbereich vorhergesagt. Nach Ansicht des VDOH sollte Opel zu einer europäischen Aktiengesellschaft umgewandelt, möglichst mit Sitz in Rüsselsheim.

Im Kampf um den Erhalt ihrer Arbeitsplätze erhalten die Beschäftigten von Opel unterdessen Unterstützung von den VW-Kollegen.

"Den Volkswagen-Beschäftigten ist klar, wenn bei Opel die Lichter ausgehen, wird der Kampf um den Erhalt der Arbeitsplätze in der derzeitigen Krise noch schwieriger", heißt in einer am Dienstag veröffentlichten Resolution der IG-Metall-Tarifkommission bei VW.

"Unverantwortlich, Hilfe zu verweigern"

Darin fordert die Kommission, die bei Europas größtem Autobauer den Haustarifvertrag aushandelt, die Politik auf, den Rüsselsheimer Konkurrenten zu retten.

"Es ist unverantwortlich, Opel Beihilfen zur Rettung der Arbeitsplätze zu verweigern, während Banken mit Milliarden von Steuergeldern unterstützt werden", sagte Niedersachsens IG-Metall-Bezirkschef Hartmut Meine. Scharf kritisierte Gesamtmetall-Präsident, Martin Kannegiesser.

Dieser hatte eine Insolvenz von Opel als weniger tragisch bezeichnet als staatliche Hilfe. "Wer behauptet, Opel sei nicht systemrelevant, tritt die berechtigten Interessen aller Metallerinnen und Metaller mit Füßen und will die Krise auf dem Rücken der Beschäftigten austragen", heißt es dagegen in der Resolution.

Auch VW-Chef Martin Winterkorn hatte sich kritisch zu Staatshilfen geäußert. Allerdings bezog sich die IG Metall in ihrem Beschluss nicht auf ihn.

Die Opel-Geschäftsführung und der Gesamtbetriebsrat hatten bereits in einem Schreiben mit Empörung auf Kannegiessers Aussagen reagiert. Kannegiesser kündigte daraufhin am Dienstag Gesprächsbereitschaft an. Er wolle seine Position erläutern, sagte ein Gesamtmetall-Sprecher.

© sueddeutsche.de/dpa/Reuters/dpa-AFX/hgn/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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