Treffen im Kanzleramt:Affront vor dem Autogipfel

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Die Länderchefs Stephan Weil und Winfried Kretschmann sind bei dem Treffen offenbar nicht eingeladen. Nur Markus Söder (re.) nimmt teil, offenbar in seiner Funktion als CSU-Chef. (Foto: dpa)
  • Wenige Tage vor einem Treffen zur Zukunft der Autoindustrie im Kanzleramt regt sich der Unmut mehrerer Länderchefs sowie der Industrie.
  • Der baden-württembergische Ministerpräsident Kretschmann und sein niedersäschsicher Amtskollege Weil sollen bei dem Gipfel nicht dabei sein.
  • In den Konzernzentralen ist man erstaunt, dass die Ministerpräsidenten, zu denen man enge Kontakte pflegt, nicht dabei sein sollen.

Von Max Hägler

Drohende Verbrennerverbote, ethische Fragen beim autonomen Fahren, Konkurrenz aus Asien und den USA: Die deutsche Autoindustrie steht vor einem signifikanten Wandel - und unter extremem Druck. Die meisten Automanager wollen deshalb auch mit den jeweils schärfsten Konkurrenten kooperieren: BMW, Daimler und Volkswagen, sie alle machen immer mehr gemeinsam. Die Zukunft der Schlüsselindustrie mit 850 000 Jobs braucht eine riesige gemeinsame Anstrengung von Arbeitnehmern, Arbeitgebern, aber auch allen relevanten Politikern. So ungefähr lautet derzeit das Credo in der Branche.

Doch wird das in der Bundesregierung offenbar noch nicht so gesehen: Beim Autogipfel am kommenden Montag sind die Ministerpräsidenten zweier wichtiger Autoländer bislang nicht geladen: Winfried Kretschmann (Grüne) aus Baden-Württemberg und Stephan Weil (SPD) aus Niedersachsen fehlen Stand jetzt bei dem zweistündigen Treffen am Montagabend in Berlin - und das sorgt auch in der Industrie für Verwunderung und Unmut. "Wir würden es begrüßen, wenn alle Länderchefs bei diesem wichtigen Thema mit am Tisch säßen", heißt es aus der BMW-Zentrale. Auch bei anderen Herstellern ist man erstaunt, dass nicht auch alle zuständigen Landespolitiker auf der Gästeliste stehen, zu denen man enge Kontakte pflegt.

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Gut zwei Dutzend Politiker und Manager werden sich am Montagabend über die Zukunft der Industrie unterhalten: Die Vorstandschefs der Autohersteller und der großen Zulieferer wie Continental, ZF und Bosch und ihr Verbandschef Bernhard Mattes. Mit dabei sind die Betriebsratschefs, da es nicht nur um "Technologische Herausforderungen und Wettbewerbsfähigkeit" geht, sondern auch um "die Auswirkungen des technologischen Wandels" auf die Arbeitswelt. Von politischer Seite haben sich unter anderem Bundeskanzlerin Angela Merkel, Wirtschaftsminister Peter Altmaier, Finanzminister Olaf Scholz und Umweltministerin Svenja Schulze angemeldet.

Nicht nur die deutschen Topmanager halten die Runde für nicht hinreichend, auch die Landeschefs selbst haben das angemerkt. "Wir verstehen was von der Sache", sagte Winfried Kretschmann kürzlich der SZ in einem gemeinsamem Interview mit seinem bayerischen Amtskollegen Markus Söder. Der Bund solle sich mit den Länderchefs absprechen "und nicht, wenn es mal klemmt, zufällig mit uns sprechen."

Am Montag versandten die beiden gemeinsam mit Stephan Weil auch noch ein klares Schreiben an die Kanzlerin in dem gleichen Tonfall: Das Auto werde in den kommenden Jahren neu erfunden. Ohne gemeinsame Anstrengungen werde es "nicht gehen", die Herausforderungen von Wirtschaft und Klimaschutz zu bewältigen, heißt es in dem zweiseitigen Brief. "Dazu ist es aus unserer Sicht allerdings auch notwendig, dass die führenden Autoländer in die geplante 'Konzertierte Aktion Mobilität' einbezogen werden." Sie schließen mit: "Wir freuen uns daher auf den Austausch". Dass das bislang ohne Erfolg blieb, wird in den Ländern als Affront gewertet. Nur Markus Söder nimmt teil, offenbar in seiner Funktion als CSU-Chef, auch CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer ist eingeladen. Warum Kretschmann und Weil fehlen sollen, ist bislang unklar.

VW will allein aufs E-Auto setzen, BMW hat andere Pläne formuliert

Das Treffen am Montag gilt auch als Vorbereitung für das sogenannte Klima-Kabinett, das im Juli über stärkere Anstrengungen für den Klimaschutz entscheidet. Die Autoindustrie spielt dabei eine wichtige Rolle. Die Hersteller sind sich bislang allerdings nicht einig, welcher Weg der richtige ist. Während Volkswagen allein auf Elektromobilität setzt, um drohende Strafzahlungen wegen zu hoher Spritverbräuche abzuwenden, hat BMW in einem der SZ vorliegenden Strategiepapier einen anderen Weg formuliert: "Technologieoffenheit ist für die zukünftige Mobilität entscheidend", es werde nicht die "one-fits-all"-Lösung für alle Mobilitätsanforderungen der Kunden geben.

Zugleich ist in dem BMW-Schreiben die Sorge vor all den Unwägbarkeiten ablesbar: Es gelte, den durch Fahrverbote und unterschiedliche Anreizsysteme zersplitterten europäischen Binnenmarkt zu vereinheitlichen und es brauche Kaufanreize und steuerliche Anreize, um Kunden für Elektromobilität zu begeistern. Erst jüngst hat das Marktforschungsinstitut DAT herausgefunden, dass Elektromobilität von Neukunden als unattraktivste Antriebsform gewertet wird .

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