Börse:Auto 1 begeistert die Anleger

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Sie freuen sich: Finanzvorstand Markus Boser (links) und die beiden Gründer Christian Bertermann (Mitte) und Hakan Koç (rechts). (Foto: oh)

Erfolgreicher Start: Am ersten Handelstag legen die Papiere der Gebrauchtwagenplattform mehr als 40 Prozent zu. Es soll ein Vorbild für andere Börsenaspiranten sein.

Eine große Party gab es wegen Corona nicht, aber die soll nachgeholt werden. "Jeder hat ein Glas Champagner bekommen und ist mit der FFP2-Maske zu seinem Tisch zurück und trinkt dort allein", sagte Christian Bertermann, Gründer und Vorstandschef des Berliner Online-Gebrauchtwagenhändlers Auto 1. Grund zum Feiern hätte es aber gegeben. Denn Auto 1, gegründet 2012 in Berlin, ist nicht nur der erste große Börsengang in Deutschland in diesem Jahr. Er ist auch überraschend erfolgreich: Die Aktien starteten am Donnerstag mit 55 Euro in den Handel an der Frankfurter Börse, ein Plus von 45 Prozent zum Zuteilungspreis. In der ersten Handelsstunde kletterte das Papier weiter bis auf 56,76 Euro, und ging dann leicht nach unten.

Damit wird der Betreiber von wirkaufendeinauto.de mit knapp zwölf Milliarden Euro bewertet, fast soviel wie Lufthansa und Commerzbank zusammen. Der Angebotspreis hatte bei 38 Euro gelegen. "Wir sind in den letzten Jahren sehr erfolgreich gewachsen und der heutige Börsengang ist der Startschuss für die nächste Phase dieser unglaublichen Wachstumsgeschichte", sagte Bertermann am Donnerstag. Er und sein Mitgründer Hakan Koç, der inzwischen in den Aufsichtsrat gewechselt ist, machten einen Teil ihres Aktienbesitzes zu Geld. Gut 23 Prozent der Aktien sind künftig im Streubesitz. Andere Investoren wie die US-Fonds Sequoia und Lone Pine haben dagegen zugekauft. Größter Aktionär bleibt auch nach dem Börsengang der japanische Technologie-Investor Softbank.

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Von Felicitas Wilke
Bertermann und Koç haben 2012 Auto 1 in Berlin gegründet (Foto: Dominik Butzmann/Unternehmen)

Auto1 ist das erste Unternehmen, dass in diesem Jahr in Deutschland an die Börse geht - und stand deshalb unter besonderer Beobachtung. Der deutsche Onlinehändler Mytheresa war im Januar erfolgreich an die Börse in New York gegangen - die Aktie war zum Start ebenfalls deutlich nach oben gegangen. Jetzt könnten auch in Frankfurt einige Weitere folgen. Für März wird mit dem Börsengang von Vodafones Funkmastentochter Vantage gerechnet, die Firma wird möglicherweise mit bis zu 18 Milliarden Euro bewertet. Andere arbeiten auch an Plänen. Erst am Mittwoch hatte Daimler bekannt gegeben, dass das Lkw- und Busgeschäft abgespalten und noch dieses Jahr an der Börse notiert werden soll, die Firma gilt sogar als Kandidat für den Dax.

Insgesamt bringt der Börsengang von Auto 1 rund 1,8 Milliarden Euro ein, davon fließen dem Unternehmen eine Milliarde Euro zu, der Rest geht an die Altaktionäre. Damit will das Unternehmen unter anderem Autohero - das ist die Marke für den Direktverkauf von Wagen an private Kunden - ausbauen. Die Fahrzeuge werden im Internet bestellt und dann von Auto 1 geliefert, aus Marketinggründen in gläsernen Transportern. Der Schwerpunkt war bislang ein anderer, nämlich der Kauf von Autos von Privatkunden und der Weiterverkauf an Händler. Im vergangenen Jahr litt das Geschäft deutlich unter der Corona-Krise: Der Umsatz brach um ein Fünftel auf 2,8 Milliarden Euro ein. Auto 1 ist mit mehr als 60 000 Partnern in über 30 Ländern tätig. Analyst Konstantin Oldenburger von CMC Markets wunderte sich nicht über das starke Börsendebüt von Auto1. Die Digitalisierung sei nun auch in dieses Geschäft eingezogen: "Vorbei sind die Zeiten, in denen man ein Auto erst einmal vor Ort persönlich in Augenschein nehmen musste." Auto1 habe eine Nische gefunden.

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