Auto-Krise eskaliert:Die Dämme brechen

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Die Fehler der Konzernmutter General Motors holen die deutsche Tochter Opel jetzt ein. Dabei hatte das Unternehmen mit Stammsitz Rüsselsheim in den letzten Jahren vieles richtig gemacht.

Michael Kuntz

Opel ist in Deutschland nicht unbedingt führend. Die Marke hat bei vielen Menschen keinen besonders guten Ruf. So war es, so ist es und so wird es wohl vorerst auch bleiben. Denn die deutsche Tochter des US-Konzerns General Motors ging nun in Führung, allerdings nicht bei den Verkaufszahlen, sondern im Wettlauf um staatliche Hilfen.

Opel in der Krise: Geht es mit General Motors in den USA weiter bergab, dann könnte auch die deutsche Tochter in Mitleidenschaft gezogen werden. (Foto: Foto: ddp)

Opel-Chef Hans Demant schlüpfte in die undankbare Rolle des ersten, der sich traute, was bislang undenkbar schien. Er bat die Bundesregierung und die vier Landesregierungen, in denen es Werke gibt, um Bürgschaften. Ford Deutschland als die Tochter eines weiteren amerikanischen Autokonzerns dürfte bald folgen.

Die Dämme brechen. Denn unter Hinweis auf die vom designierten amerikanischen Präsidenten Barack Obama geplanten Milliarden-Hilfen für die "Big Three" aus Detroit GM, Ford und Chrysler haben auch schon Topmanager von Audi und BMW von gravierenden Wettbewerbsnachteilen gesprochen, die gerade den Herstellern luxuriöser Automobilen drohen. Sie befinden sich nicht nur in Nordamerika im unmittelbaren Wettbewerb in der global aufgestellten Autoindustrie.

Nun dürfte es also nur noch eine Frage der Zeit sein, wann auch die anderen von der Finanzkrise erwischten Autohersteller in Berlin, Brüssel und überall sonst vorsprechen werden, wo sich Staatsgelder oder -garantien abgreifen lassen. Eher als Tarnmanöver ist es da wohl werten, wenn nicht Autohersteller Hilfe für sich selbst beantragen, sondern verschämt ihre Banktöchter unter den staatlichen Schirm schieben. Der Unterschied zwischen Liquiditätshilfen, also Bargeld, und Bürgschaften als Rettungsschirm für den Notfall, erscheint dabei dem Publikum eher marginal. Entscheidend für Wähler und Steuerzahler ist die unangenehme Botschaft, dass offenbar ohne den Staat in der wichtigsten Schlüsselindustrie nichts mehr läuft.

Zurück zu Opel: GM-Europachef Carl-Peter Forster, Opel-Boss Demant und ihr Team haben in den vergangenen Jahren einen guten Job gemacht. Die europäischen Werke arbeiten heute stromlinienförmig, sie wurden bereits vor Jahren verschlankt, wenigstens die Russen kauften viele Opel. Nun wird die europäische GM-Division von den Problemen der zu lange auf Amerika fixierten Zentrale eingeholt. Das ist bitter für die 25.700 Mitarbeiter in Deutschland. Die waren auf einem guten Weg. Denn selbst in den Augen von Wettbewerbern sind die Autos von heute deutlich besser als der Ruf der Marke Opel.

© SZ vom 15.11.2008/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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